II, Theaterstücke 25, Professor Bernhardi. Komödie in fünf Akten (Ärztestück, Junggesellenstück), Seite 934

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25. BrofeeBernhandi
Der Stoff ist sicherlich dramatisch geladen: der
tor Ignaz
ener Arzt, Erneuerer im Kampfe gegen die Beharrenden, ob dieser
ehrsamkeit, Erneuerer nun Marconi oder Robert Koch heißt, der
ldem Laien die Tuberkelbazillen entdeckte, ob es „Seine Exzellenz
der Narr“ Zeppelin war oder Ronald Roß, der die
klaren,
denen man Malariaerreger, Jenner, der die Schutzpockenimpfung
fand, oder Karl Ludwig Schleich, der Erfinder der
so —,
Semmel= Lokalanästhesie — immer dasselbe Einzelschicksal, das
Vorkämpfer gegen gelehrte Zunft steht, sich nur in zähem, oft in
den Ver=desparatem Kampfe durchsetzt oder, wie Semmelweis,
irres Aka= an ihr zerbricht.
Die Akte scheinen sich von selber aufzubauen.
nem Tode,
Sterbensnot der Kranken, ringende Erkenntnis des
aliger An¬
irische Ur= jungen Arztes, neue Idee und Starrheit, die auf¬
n daß es einanderprallen, Krach im Assistentenzimmer. — Der
unbequeme Erneuerer wird beseitigt. Nur wenige An¬
bände und
zu Bett hänger stehen zu ihm, darunter Skoda, der berühmte
Begründer der physikalischen Diagnostik, und Roki¬
setzt mit tansky, der große pathologische Anatom. Es kommt zur
kt vor dem Gesinnungsschlacht am grünen Tisch — diesmal ist es
dem um die Gesellschaft der Aerzte —, die man nicht nur aus
Ein armer Schnitzlers „Professor Bernhardi“ kennt. Sie ist bei
sen Weibes. Rehfisch strategisch geschickt geführt und humoristisch
daß ein durchsprenkelt. Gemeinheit, Vorsicht, Gleichgültigkeit,
n aus der die Aufrechten in Minderzahl. Semmelweis führt
ins Leben seine Sache aggressiv, hitzig und unbeherrscht, ein
inistranten= schlechter Fechter. Er wird zur Strecke gebracht. Und
gange folgt, noch eines: er scheint — darin teilt er das Schicksal des
sind schuld, von Rehfisch früher dramatisierten Dreyfus — nicht
awohl, die gerade sympathisch gewesen zu sein, jebenfalls borstig,
rfaßt: als unzugänglich und kompromißlos. Der Ketzer wird also
amals noch verbrannt und landesverwiesen. Jungbauer spielt ihn
porträtgetreu; in einer Art Kossuth=Maske, innerlich
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gepeitscht, und es gelingt ihm, mit Hinweglassung jeg= sich damit. Er wil
lichen heroischen Moments, jenes Schwierige, Nicht= grunde geht, wie
ansprechende zu geben, das Semmelweis gehabt haben gehen mußten, we
mag und das seiner Sache, die ein Werk reinen, großen kommenden Aerzte
Doktor Ignaz Se
Menschentums war, wohl nicht zuletzt im Wege ge¬
des Schicksals, in
standen sein dürfte. Den Monolog nach der vertanen
allerdings nicht ab
Schlacht, da selbst die Freunde sich von ihm trennen
deren Bekämpfung
müssen, eine starke Arie seelischer Not, spricht Jung¬
Wenn sein
bauer mit reicher Innerlichkeit.
Doktor Semmelweis muß zurück nach Budapest. Es regt und ergreift,
findet sich die rettende Frauenhand. Und hier setzt ein wohl nicht nur an
zweites, eigentlich Ibsensches Motiv ein: die Frau, die Materie, sondern
aus Liebe versucht, den Mann seiner Sendung abtrünnig glüht in ihm, dem
zu machen. Das rächt sich folgerichtig, denn jenen, die zündet nicht. Ganz
im Sinne Ciceros nicht Mitgänger, sondern Führer Dreyfus“ war. Ei
sind, ist ihr Weg unerbittlich vorgezeichnet. Die in mann, der einzelne
Semmelweis gestauten Energien überladen seinen Or= letzten gelang esn
ganismus und durchbrechen schließlich nach einer Zeit nicht anspringt.
der Apathie jene schmalen Wände, die Genie vom Wahn= Dichter, wenn „D¬
sinn trennen. Eine unheimlich schleichende Szene, wenn Litowsk“, „Razzia
in Form von Alkoholismus und pervertiertem Sucher= Arbeiten von Rel
tum der Irrsinn nach dem Müßiggewordenen langt. Und Bühne, fast imme
dann das Letzte: der schon halb umnachtete Semmel= am Theater mit
weis läßt Anschlagzettel vor die Hörsäle kleben, die, da müde wird. Man
Aerzte und Studenten versagt haben, nun das Volk immer wieder Ve
fahren, denen da
lehren sollen: Wascht Eure Hände mit Chlorkalk (das
gesetzt bleibt und
damals bekannte Desinfektionsmittel), ehe Ihr Wunden
genossen drohen.
näht! Das Volk liest und lacht. Sie haben Christus auch
Da ist Skoda, durc
dort immer wieder verspottet, wo sein Helferwillen in
sicher in Figur un
andern leuchtete.
Semmelweis entreißt zum Schluß einem aus der tansky, der Weltn
Anatomie kommenden Studenten das Skalpell und ritzt ironisch timbriert