II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 47

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24. Das veite Land
dem Gebote der Ehre in ritterlicher Weise genügten vom Nichterständl besmme zu mmmn undem Amruec
artige Auffassung die Sache selber sehr leicht, seiner Kleinigkeit wegen (!) nicht in den Tod treiben. Fried=gewesen wäre, vor seine Waffe gef
Frau und seinem Kinde aber desto schwerer gemacht hat. rich (ihr Mann) wird zufrieden mit mir sein. Morgen, spruch besteht nur zwischen dem F
Die übrigen Verheirateten des Stückes sind weniger wenn mein Geliebter fort ist, werd' ich ihm die ganze Moral und dem Zwang des alten
strupelhaft und bleiben, trotz kundbaren Ehedruches, Geschichte selbst erzählen.“ Aber Friedrich ist schon macht aus der sonst etwas frivole
hübsch beisammen. Der russische Pianist Alexe Kow=fallein auf die Bescherung gekommen, und Genia staunt, vollen und lebenswahren Komödie
sakow erschießt sich schon vor Beginn des ersten Aktes
daß er diese nicht so ruhig hinnimmt, sondern den wie Schnitzler es nennt, eine Tragi
aus Liebe zur Fabrikantensgattin Genia Hofreiter, die
Jüngling totschießt. „Warum?“ fragt sie, „wenn dir
Diese strotzt von realistischer
ihn zwar wieder liebt, aber nicht erhört. Das letztere
an mir noch das geringste läge, wenn es Haß wäre, Wut, hält sich ersichtlich treu an bestimmte
findet ihr lebenslustiger Mann, der eben ein Verhält¬
Eifersucht, Liebe
* „
„Na ja,“ antwortet Friedrich, Wiener Typen nach der Natur gezeich
nis mit einer Bankiersgattin gelöst hat, um ein solches
„von all' dem verspür' ich allerdings verdammt wenig. dem die Sommerfrischler Badens
mit einem jungen Mädchen aus guter Familie anzu¬
Aber man will doch nicht der Hopf sein.“ Also banale des Karersees geläufiger sind, als
knüpfen so unheimlich, daß er auf ein paar Wochen ins
gekränkte Eitelkeit führt zum tragischen Schluß des
fertigten, wird leicht die eine und
Gebirge flieht, wo ihm das wohlerzogene junge Mäd¬
Dramas, das sonst wirklich nur eine bittere Sitten¬
mit ihrem wahren Namen bezeichne
chen nachts ihr Schlafzimmer offen stehen läßt. Da¬
komödie wäre. Denn derselbe Mann, der nur nicht der nicht sonst wüßte, könnte hier sehen
heim geschieht ihm in der Zwischenzeit sein Recht durch
„Hopf“ sein will, sagt zu seiner Frau, nachdem sich ihr demokraten so sehr gegen das Auß
den Marinefähnrich Otto von Aigner, den er dafür im
früherer Liebhaber umgebracht: „Ein Anderer als ichgeoisie aufreizt. Ja, wenn es nur s
Duell totschießt. Das „weite Land“ gestattet ver=würde vielleicht vor dir auf den Knien liegen, dich an= das wäre freilich schlimm! Aber de
schiedene Auffassungen derselben Dinge. Dieser Schuß beten, wie eine Heilige, gerade deswegen! Ich bin halt stimmte, wenig zahlreiche Klasse, di
ist ein Memento der sittlichen Ordnung, die sich nicht
nicht so. Mir bist du gerade dadurch“ — durch die Be=so war; und vor dem Kehraus stehe
dauernd ungestraft verhöhnen läßt. Er zerstört all das
wahrung der ehelichen Treue! — „gleichsam fremder lange nicht, obwohl etwas wie A
Scheinglück und die scheinbare Ruhe dieser lasterhaften
geworden.“ Er autorisiert sie förmlich zum Ehebruch: mung dieser dramatischen Schilderu
Menschen, aber am schwersten trifft er doch die schuldlose
„Ja, wenn du mir gegenüber zu der sogenannten Treuel oder sich aus ihr auf unsere Seele
Mutter des Todesopfers. Das Schicksal ist im Ganzen
verpflichtet gewesen wärst! Aber ich hab' doch wirklich
ältere Mensch bemerkt die schnelle
immer gerecht, im Einzelnen oft ungerecht; aber wir
kein Recht gehabt . .. Und verstehst du, dieser Gedanke, unsere Lebensansichten und die ganze
sind leider nur einzelne Menschen.
daß irgend etwas, das doch in Wirklichkeit gar nicht ist, liegt. Er beginnt die Jugend zu
Die schöne Genia, die den von ihr geliebten, aber ein Schemen ein Phantom, ein Nichts, wenigstens
Fabrikant, der sie vor dem Lauf
nicht erhörten Klaviervirtuosen ruhig sich eine Kugel einem so furchtbaren Ding gegenüber, einem so irrepa¬ aus frechen kalten Augen glänzen und
durch den Kopf jagen ließ, meint nach ihrem Ehebruch rablen wie der Tod, daß deine Tugend einen weiß er erst, was Jugend ist; aber in
mit dem Marineoffizier ziemlich leichthin: „Er — mein Menschen in den Tod getrieben hat, das ist mir einfach jeden jungen Menschen totschießen.
Mann — wird es mir nicht übel nehmen. Vielleicht unheimlich.“ Es ist gar kein Widerspruch zwischen dem er, daß Alles im Flusse ist; aber eben
hätte sich Otto auch umgebracht, wie jener Andere. Und! Denken und dem Handeln dieses Mannes; denn er lange nicht Alles auf, und sein Ende i
man darf doch einen jungen Menschen einer solchen hätte wohl auch den Anderen, wenn dieser glücklicher signation. So war es immer und so wi