II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 64

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24. Das weiterband
ein anderer wat Daton dald.“
haut des Schauenden sich das Wunder des Lebens. Sy“ übrigens vollkommen überflüssig für die Wertung des
Problems ist) nach einer sittlichen Moralanwendung
Erkt nun die Bedeutung seines
fragen, so liegt sie darin, daß zum Schluß alle Menschen,
hat Schnitzler auch primäres Erlebnis, Gesühls¬
smen. Die Ehetrennung der
die Hofreiter niedergestoßen, sich wieder aufrichten, und
reaktion und ihre Reflexe auf die Außenwelt mit der
ng der Natters zeigen das
er allen, der Erliegende ist. Er geht mit einem wehen
sensibelsten Erkenntnis durch, mit, aneinander wirkend
Er hat Gina er¬
rcheinander, das Chaos der
gemacht. Und hat so gleichsam eine künitierische Miturbeit
die neue Welt.
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Geühl
Ines Daseins prägen. Aigner
kannt und verloren, er hat Erna besessen, und
seines Publikums als Forderung aufgestellt. Nur wer für
e Freu, die er unendlich liebte,
ihre Jugend gab ihm das Bewußtsein seines Alterns. Er
das neo=impressionistische Gemälde die richtige Distanz
dann gestanden. „Das war ich
findet, dem wird die optische Wahrheit. Und nur wer
hat seinem besten Freund die Geliebte, die Braut ge¬
il ich sie anhetete, ihr und mir.
nommen; und dieser geht stolz und rein dem Leben nach,
psychologische Selbstanalyse getrieben hat, nur wer die
vorgekommen, wenn ich's ihr
Distanz zu Seelenerlebnissen besitzt, dem kann die Zer¬
vielleicht erkannt, gewürdigt, Gina oder Erna entgegen.
leicht darf man sich die Dinge
teilung, die Zerfaserung der Psyche, die der Dichter
Nur Eine ist zermalmt durch dieses triebhafte, hemmungs¬
lose Waltenlassen einer Weiten=Land=Seele — das ist die
durch tiefste Einfühlung zu projizieren= vermocht:, zu
war ziemlich großartig gedacht,
Mutter, der Hofreiter den Sohn niedergeschossen hat. (Ein
synthetischen Formen sich einen.
eine Art Affeklation war. Oder
Leicht hätte die Idee man könnte sagen die Poinke
notwendig brutaler Tod, weil eben das Hemmungslose
eines Willens in seiner schrecklichen Wirkung auf fremdes
des Themas, in einem Geist, der nicht das instinktiv
quemlichkeit
zugleich, was auch möglich wäre.
Schicksal gezeigt werden soll.) Sonst aber steht der Ver¬
Bildnerische des Dramatikers besitzt, zum Tendenz=, zum
Thesenstück ausarten können. Die Variationen über
nichter als der Vernichtete da.
der glücklich liebt, treu geliebt
Doch ist es dem Dichter augenscheinlich um eine
„Maunigfaltigkeit“ des Seelischen, zur Einförmigkeit einer
hebanden losgerungen. Naiter
Formel erstarrt, zum mathematisch klappenden Beweis,
letzte Antwort auf solche Frage gar nicht zu tun. Er
hene, zum Dreieck Verdammte,
baut hier keine Brücke, gibt keine Lösung. Gleichsam
zur restlos aufgehenden Rechnung, diese Gefahr lag im
ichtlich, wird zum Schuften, wird
Keimgedanken des Werkes eingekapselt. Doch „das Not¬
wissenschaftlich reiht er Fall an Fall. Die Polygamen,
der wichselnden Abenteuer, die
wendige bringen in Form des Zufälligen — das ist das
Hofreiter, Aigner, stehen den Monogamen, Gina, Erna,
er trotz allem der Gatte seiner
ganze Geheimnis“. Dadurch wird hier das Experiment der
Mauer, Natter, in scharfer Kontraststeigerung gegenüber.
eine Existenz ohne Adele als
Seelenkomplexität zu fließendem Leben. Weil die Verkeitung
Die Polygamen sind die Raffinierten; die ihr „Ich“
chiene,“ sagt einmal Natter
Ueberblickenden, die Schmerzhafteren; sind Impulsive und
des Geschehens so absichtsfrei sich ergibt, daß sie den Mechanis¬
n nämlich rettungslos verliebt in
mus der beweisführenden Idee verdeckt. Weil Schnitzler
Reflektierende zugleich. Sie sind rücksichtslose Taten¬
ofreiter. Dagegen hilft nichts.
menschen, die, wie Hofreiter und Aigner, im Erlebnis
nicht mit konstruierten, sondern mit gewachsenen Seelen¬
ich versucht habe, um innerlick
sich ausgeben, sind aber auch Zerpflücker ihrer geheimsten
produkten agiert. Friedrich Hofreiters Gestalt ist aus
Vergeblich. Ich liebe sie trotz
Regungen. Sie leben und sehen sich leben. Die anderen,
Fleisch und Blut, ist aus Instinkt und Nerv gebaut. Ob
die Einmal=Menschen, sind sich ihres weiten Seelen¬
sie kritisch erklärbar, darauf kommt es nicht an, sondern
Umriß kann ich hier das Irr¬
landes nicht bewußt. Es sind die Jnstinktiven, die Gerad¬
darauf, ob sie dem Gefühl nachlebbar ist. Hofreiter ist
aufzeigen, die Komplexität der
der schnellschaffende, straff handelnde, sensualistische Typus
linigen, die Vereinfachten. Die Fühlen und Handeln in
tler bildet; das Schillern ihrer
des modernen Großstadtmenschen. Er ist in seiner engeren
gesetzesmäßigen Einklang zu bringen vermeinen. Das An¬
henbarkeit ihrer Entschlüsse. Wären
einanderprallen solcher Kräfte löst nun die Konflikts¬
Eingrenzung ein Neugieriger der Liebe, ein rücksichtsloser
Kunst übertragbar, so könnte der
Ausbeuter des Augenblicks, ein Erliegender dem Wunsch,
spannung aus. Daß Schnitzler es vermochte, Hand¬
neo = impressionistisch genannt
der Phantasie gegenüber. Diese Eigenschaft ist seine Kraft
lung und Schicksal aus solchen tiefsten Quellen seelischer
hier psychologische Ereignisse, glich
Vorelnge hervorzuleiten, darin liegt der Adel seines
und seine Schwäche. Er hat die Energie, alles um sich
der Malerei, künstlerisch verwenet.
Werkes. Das wissenschaftliche Experiment hat die Grenzen
zu vernichten, um sich den Moment zu erringen. Weil
der Empfindungspalette in ihrer
aber das Bewußtsein des Besitzes schon allein genügt, um
aufgehoben, die bisher zwischen dem physiologischen und dem
. zwar einzeln aufgetragen, werden
den Wunsch in ihm zu töten, so verliert er alles Wert¬
psychologischen Vorgang menschlichen Fühlens bestanden.
bstufungen zerlegt. Werden Strich
Wenn man das „Weite Land“ aller Komödie entkleidet,
volle seines Daseins; verkennt, opfert es, ohne
pergesetzt, unvermengt in scheinbar
so bleibt als reiner Gedanke dieses Erkennen des In¬
deshalb die tiefe Sehnsucht nach solchen Gütern
nd es flimmert dem Beschauer erst
einanderfließens von sinnlicher und geistiger Erreg¬
loszuwerden. Er sucht Gina vielleicht in allen
Ein Wogen von Farben und
Frauen und verliert die Gina, die er besitzt, weil nur
Wunich ihm als Erleben gilt. Die Erfallung aber — schon samleit, von der Vereinigung des physischen und psychischen“
die Lokalfarbe, die Beleichtungs¬
rfarbe von schöpferischen Maler¬
sind, dann bildet in der Netz= wieder als Lüge, als Enttäuschung. Wollte man (was ! Phänomens. In Hofreuer und Erna wird die Mischung 1