II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 83

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24. Das Land
diegenheit, von jener Liebe im Detail, die ja Thimig immer
gezeigt hat. Der Dialog zeigte eine sorgfältige Behandlung, wie
seit langem nicht, die zahlreichen Proben haben sich gelohnt,
wenn auch im Augenblick noch der unvermeidliche Rückschlag an¬
strengender Probenarbeit nicht überwunden sein kann. Als
Fabrikant Hofreiter hat sich Korff endlich einmal in einer
entscheidenden Rolle ausleben können. Er hat die Figur innerlich
wie äußerlich vollkommen bezwungen und rein schauspielerisch mit
den vornehmsten Mitteln das letzte geleistet. Wünsche, die einem
ttwa noch übriggeblieben sind, sind im doppelten Sinne rein
versönlicher Natur. Man mag ja diesem Hofreiter vielleicht ein
wenig mehr Betonung des Dämonischen, ein bißchen mehr
enalytische Selbstquälerei gewünscht haben. Aber das muß im
Sinne des Dichters nicht einmal richtig sein und sicher lag es so
zemlich außerhalb des für Korff„Erreichbaren. Er hat jedenfalls
gezeigt, daß das Burgtheater einen Nachwuchs hatte, auch als die
Alten noch lebten, daß es Künstler besitzt, die zu den höchsten
Leistungen befähigt find, wenn man sie zu nützen versteht. Frau
Marberg als Genia ist jenseits von Lob und Tadel. Sie war
korrekt, anständig, kühl und fabelhaft uninteressant. Die „Jugend“
spielte Frl. Hofteufel ganz ausgezeichnet bis zum letzten Akt,
in dem sie nicht mehr ganz ausreichte. Auch für die übrigen
Pollen war das beste und vornehmste Burgtheater aufgebozen
orden und selbst in der kleinsten Episode machte ein Küystler
m Dichter seine Verbeugung. Sein Reichtum gab ihney ihre
ebe tausendfach zurück.
H. Leosler.
90X 28
sschnitt aus:
SLhnerg 1911
e Zeitung
„#uf hat auch die Kanzertsaison begonnen, die im Ver¬
fohre nicht weniger als 2000 Konzerte über die armen Wiener
ausgegossen hat. In diesem Jahre werden es eher mehr als
weniger sein. Das ist entschieden zu viel auch für ein so
musikliebendes Publikum wie das Wiener. Die Weisen zer¬
brechen sich schon die Köpfe darüber, wie nan Ordnung in
dieses Chaos bringen könne. Es wird recht schwer halten.
„Nach Golde drängt.
Nun muß ja nicht jeder in jedes
Konzert gehen, aber die meisten Veranstalter rechnen doch
grade auf ein bestimmtes, auf das Wiener Publikum, das
aus ein paar hundert, hoch genommen aus ein paar tausend
Köpfen besteht. Dieses soll urteilen, abstempeln. Ruhm
und Na#en begründen. Die wirkliche Saison hat zweihundert
Abende. Wenn man von den zweitausend Konzerten die Hälfte
als von vornherein belanglos ausschaltet, bleiben noch immer
fünf pro Abend. Der selige Baron Todesko hat gemeint: „Ich
bin doch kein Vogel, daß ich kann sein auf zwei Orten zu¬
gleich. Aber auf fünfen zugleich kann's nicht einmal ein
Todeskoscher Vogel. Die Munikreferenten sitzen ohnehin
schon mehr im Automobil zwischen den Konzerten als auf dem
Stuble im Konzert. Schließlich behelfen sie sich mit der Aus¬
lese der Auslese: Rose, Philharmoniker usw. Denn Hof= und
Volksoper sind ja auch noch da, von den Operettentheatern
ganz abgesehen. Versetzen wir uns aber erst in die Seele
eines Kulturmenschen, der nicht Fachreferent ist, der nur die
Verpflichtung fühlt, von allem, was ein weltstädtisches Kunst¬
zentrum bietet, also auch von Theatern, Vorlesungen usw. dag¬
Beste mitzunehmen, so muß uns gradezu schwindeln. Zuviel,
zuviel! Die Aufnahmefähigkeit geht darüber zu Grunde. Es
ist auch längst eine Abstumpfung eingetreten. Was Gelegenheit
zu Genuß und Erbauung sein sollte, ist zur Plage geworden.
Da ist es fast ein Wunder, wenn einzelne Künstler oder Kunst¬
vereinigungen dies abgehetzte und blassierte Publikum noch für
ein paar Stunden in ihren Bann schlagen können, wie es
beispielsweise Arthur Schnitzler doch mit seiner Tragi¬
komödie „Das ineite L##geigen ist. Ich habe mneinem
Urteil üner das Werk nichts hinzuzufugen. Ich bleibe dabei,
daß es im Stoff unerfreulich und in der Stellungnahmne des
Dichters vergusfen ist, daß es mehr pi#chalaaise
S
als herzhafte vollsaftige Gestaltung bietet, aber trotzdem, wenn,
die Berliner es abgelehnt haben, muß ich sagen: Sucht doch in
deutschen Landen einen zweiten, der mit solcher Kunst halb
oder gar nicht bewußte Vorgänge der Seele andeuten kann,
der eine solche Gesellschaft wie die verwöhnte, spielerische
Wiener Bourgeoisie, die keine Hemmungen kennt, und doch
dabei eine angenehme Form wahrt, auch nur zu zeichnen ver¬
mag. Man vergleiche doch einmal einen Sudermann —
etwa „Das Blumenboot“ oder „Sodoms Ende“.— mit Schnitz¬
ler, und man wird die Wiener schon begreifen, die ihrem
Dichter einen Erfolg bereitet habes, der ihn selbst kaum ver¬
muten ließ, daß erst sehr viele innere Widerstände überwun¬
den werden mußten, bevor der künstlerischen Arbeit die
gerechte Würdigung zuteil wurde. Und was auch das „nie¬
dergehende" Burgtheater noch zu leisten vermag, hat man bei
dieserGelegenheit „it Staunen wahrgenommen. Das ist
doch eine Wirtschaft aus dem Vollen, aus einem Reichtum
hon Talenten, witdem kein anderes deutsches Theater kon¬
kurrieren kan