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Rotationsdruck und Verlag von J. P. Bachem in Köln.
bas weite Land
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schaft selbst, die in vier Gruppen zerfällt: die Künstlergenossen¬
schaft, die Sozession, den Albrecht=Dürer=Verein und die Kunst¬
schau, und an einer geschickten, verständnisvollen, entschieden
durchgesifenden Organisation. So ist z. B. bei der ohnehin wenig
bedentenden internationalen Kunstausstellung zu Rom der
österreichische Pavillon recht armselig in den Hinter¬
grund getreten. Derselbe wies in allen Räumen große weiße
Flächen über einer Reihe meist kleiner Bilder auf „ohne daß
z
B. die sechzehn Alt= und Pettenkofer=Gemälde eine Stelle
sanden, welche doch dem Generalkommissär zur Verfügung
standen.“ Nur ein einziger Alt istausgestellt. Es heißt, man
habe nur wenige Bilder ausgenommen, um das Werk des Archi¬
tekten nicht zu beeinträchtigen, doch dieser ist ein nüchterner Zweck¬
bau, wahrscheinlicher ist, daß man fürchtete, unsere Modernen
könnten einem Alt und Pettenkofer gegenüber doch als sehr
klein erscheinen, trotz Klimt, der die Ausstellung beherrscht, den
man aber in Rom nicht versteht und nicht wurdigt, vielmehr
dunkel und maniriert findet, was wohl stimmen mag. So wenig
man aber die Wiener Kunst der Malerei kennt, um so mehr
kennt man Wien als Kunststadt und nur in Wien selbst kann
man so recht auch die Wiener Maler studieren.
Wie sehr Wien Kunststadt ist, das beweist dieser Wiener Brief,
in dem ich fast nur Kunst=Ereignisse zu behandeln habe. Es ist
zunächst die Wiener Musikkunst. Eine große Hoffnung scheint
in Erfüllung zu gehen: Hans Richter, so lange uns ferne
in Manchester lebend und dort die Klassiker und Wagner zu
immer neuen Triumphen führend wird, nachdem man ihm
Manchester verleidet hat, im nächsten Jahre an der Wiener
Hofoper wieder den Dirigentenstab führen. Direktor Gregor
ist es nicht einmal schwer geworden, ihn uns zurückzugewinnen.
Ich wüßte nichts, was der Wiener Hofoper größeren neuen
Glanz bringen könnte. Leider aber kommt er erst im nächsten
Jahre wieder! Einstweilen muß er noch seine Gesundheit
pflegen.
Der Wiener Musik ist der Musikvereinssaal geweiht,
seit langem, und er bedurfte endlich der Erneuerung. Jetzt
aus Anlaß der im nächsten Jahre stattfindenden Jahrhundert¬
feier der K. K. Gesellschaft der Musikfreunde ist dies Werk
vollendet worden. Bereits hat Beethovens „Neunte“ den neuen.
Saal eingeweiht. Verbessert wurden die Garderoben, die
Treppenanlagen, wodurch die Eingangshalle monumentalere
Wirkung erhalten hat, zumal sie geschmückt ist durch die Reliefs
des Kardinals Erzherzog Rudolf, der 1814—1831 der erste
Protektor der Gesellschaft war, und des jetzigen Protektors Erz¬
herzogs Eugen und durch ein Bronzeportrait des Gründers der
Gesellschaft, Joseph Sonnleithner. Zwei Marmorplatten ver¬
künden die Verdienste des Erbauers, des berühmten Baumeisters
Theophil Hausen, und des jetzigen Ernenerers, Banrats Ludwig
Richter. Im Hintergrund des Vestibüls ist ein kleiner Raum
geschaffen für eine Kolossalstatue des Kaisers, von da führt ein
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Gang zu beiden Haupttreppen, der beiderseits geschmückt ist mit
den Statuen Heydns, Glucks, Mozarts, Webers und den Büsten
Goldschmidt
von Brahms und Wagner. Durch die erneuten Stiegenhäuser
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gelangt man endlich in den großen Saal. Er erstrahlt in frischem
Goldglanz und scheint viel größer zu sein als vordem; denn die
Zeitungsausschnitte
goldnen Karyatiden, welche bisher die Galerie trugen und an den
Logenbrüstungen in aufdringlicher Entblößung dastanden, sind
Berlin N. 24
Telephon III, 3051.
nun an die Wände zurückgerückt. Die Logen sind nun freier,
die Akustik hat gewonnen. Das Parterre ist nun nach rückwärts
Ausschnitt aus
erhöht, so daß auch die hinten Sitzenden besser Ausblick auf das
Podium haben. Von vielen anderen praktischen Verbesserungen
Hölnische Volkszeitung
sei nicht die Rede. Alles in allem hat der neue Musikvereins¬
saal noch an Schönheit, Vornehmheit und praktischer Einrich¬
tung gewonnen.
In diesem Musikvereinssaale wird nicht selten, aber immer
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noch zu selten, auch Liszi gespielt, Liszt, dessen hundertjährigen
Geburtstag die ganze Musikwelt feiert. Gespielt hat Liszt im
Bösendorfer=Saal und in zahlreichen aristokratischen Kreisen.
Gewohnt hat er in Wien alle Jahre fast längere Zeit und zwar
Wiener Brief.
im Schottenhofe, dem großen Zinsgebäude, in welchem das
= Wien, 30.Okt.1911.
Schottenkloster und das Schottengymnasium nur einen Teil
Von Wiener Kunst — namentlich von unseren großen
bildet. Hier weilte er seit 1869 bei seinem Onkel Dr. Eduard Ritter
Malern — weiß mag im Auslande herzlich wenig. In den
von Liszt, der einer der tüchtigsten Juristen und Redner dama¬
ausländischen Gechäldegalerien And Bilderausstellungen trifft
liger Zeit war und später Generalprokurator wurde, und nach
man die Wiener Maler sehr selzei und in ungenügender oder
dessen Töde bei seiner Witwe Henriette von Liszt. Und er weilte
falscher Auswahl.)Seit Makatt.— von wem spricht man denn
gerne in Wien und war glücklich in diesem Familienkreise, wo er
im Auslande vorf allen unseren Wiener Malern von der Mitte
verehrt und geliebt und betreut wurde. Der übrigens jüngere
des verflossenen Fährhunderts? Höchstens von Klimt und
Onkel Eduard war ihm stets sein guter Freund, seine Frau „die
allenfalls Koloman Moser. Daran sind wir Wiener selbst
Generalissima“. Dieser gute Freund verwaltete auch Liszts
wieder schuld, wie überhaupt am Mangel der Berühmtheit
Vermögen aus Freundschaft. Neben Onkel Eduard wollte er
unserer herrlichen Stadt. Wenn es gilt, Ausstellungen zu be¬
in Pötzleinsdorf (Vorort Wiens) begraben sein, denn „ich will
I schicken, so fehlt es bei uns an Geld, an der Einheit der Künstler= I mit Eduard vereint sein,“ sagte er, als Frau Henriette ihm er¬
„Natürlich, es ist ja sonst niemand da, wo er hingehen könnte!
Und was das Geldverleihen anbelangt, so muß ich sagen, daß
er in mancher Hinsicht ja recht töricht ist, allein für so dumm
halte ich ihn denn doch nicht“
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Rotationsdruck und Verlag von J. P. Bachem in Köln.
bas weite Land
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schaft selbst, die in vier Gruppen zerfällt: die Künstlergenossen¬
schaft, die Sozession, den Albrecht=Dürer=Verein und die Kunst¬
schau, und an einer geschickten, verständnisvollen, entschieden
durchgesifenden Organisation. So ist z. B. bei der ohnehin wenig
bedentenden internationalen Kunstausstellung zu Rom der
österreichische Pavillon recht armselig in den Hinter¬
grund getreten. Derselbe wies in allen Räumen große weiße
Flächen über einer Reihe meist kleiner Bilder auf „ohne daß
z
B. die sechzehn Alt= und Pettenkofer=Gemälde eine Stelle
sanden, welche doch dem Generalkommissär zur Verfügung
standen.“ Nur ein einziger Alt istausgestellt. Es heißt, man
habe nur wenige Bilder ausgenommen, um das Werk des Archi¬
tekten nicht zu beeinträchtigen, doch dieser ist ein nüchterner Zweck¬
bau, wahrscheinlicher ist, daß man fürchtete, unsere Modernen
könnten einem Alt und Pettenkofer gegenüber doch als sehr
klein erscheinen, trotz Klimt, der die Ausstellung beherrscht, den
man aber in Rom nicht versteht und nicht wurdigt, vielmehr
dunkel und maniriert findet, was wohl stimmen mag. So wenig
man aber die Wiener Kunst der Malerei kennt, um so mehr
kennt man Wien als Kunststadt und nur in Wien selbst kann
man so recht auch die Wiener Maler studieren.
Wie sehr Wien Kunststadt ist, das beweist dieser Wiener Brief,
in dem ich fast nur Kunst=Ereignisse zu behandeln habe. Es ist
zunächst die Wiener Musikkunst. Eine große Hoffnung scheint
in Erfüllung zu gehen: Hans Richter, so lange uns ferne
in Manchester lebend und dort die Klassiker und Wagner zu
immer neuen Triumphen führend wird, nachdem man ihm
Manchester verleidet hat, im nächsten Jahre an der Wiener
Hofoper wieder den Dirigentenstab führen. Direktor Gregor
ist es nicht einmal schwer geworden, ihn uns zurückzugewinnen.
Ich wüßte nichts, was der Wiener Hofoper größeren neuen
Glanz bringen könnte. Leider aber kommt er erst im nächsten
Jahre wieder! Einstweilen muß er noch seine Gesundheit
pflegen.
Der Wiener Musik ist der Musikvereinssaal geweiht,
seit langem, und er bedurfte endlich der Erneuerung. Jetzt
aus Anlaß der im nächsten Jahre stattfindenden Jahrhundert¬
feier der K. K. Gesellschaft der Musikfreunde ist dies Werk
vollendet worden. Bereits hat Beethovens „Neunte“ den neuen.
Saal eingeweiht. Verbessert wurden die Garderoben, die
Treppenanlagen, wodurch die Eingangshalle monumentalere
Wirkung erhalten hat, zumal sie geschmückt ist durch die Reliefs
des Kardinals Erzherzog Rudolf, der 1814—1831 der erste
Protektor der Gesellschaft war, und des jetzigen Protektors Erz¬
herzogs Eugen und durch ein Bronzeportrait des Gründers der
Gesellschaft, Joseph Sonnleithner. Zwei Marmorplatten ver¬
künden die Verdienste des Erbauers, des berühmten Baumeisters
Theophil Hausen, und des jetzigen Ernenerers, Banrats Ludwig
Richter. Im Hintergrund des Vestibüls ist ein kleiner Raum
geschaffen für eine Kolossalstatue des Kaisers, von da führt ein
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Gang zu beiden Haupttreppen, der beiderseits geschmückt ist mit
den Statuen Heydns, Glucks, Mozarts, Webers und den Büsten
Goldschmidt
von Brahms und Wagner. Durch die erneuten Stiegenhäuser
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gelangt man endlich in den großen Saal. Er erstrahlt in frischem
Goldglanz und scheint viel größer zu sein als vordem; denn die
Zeitungsausschnitte
goldnen Karyatiden, welche bisher die Galerie trugen und an den
Logenbrüstungen in aufdringlicher Entblößung dastanden, sind
Berlin N. 24
Telephon III, 3051.
nun an die Wände zurückgerückt. Die Logen sind nun freier,
die Akustik hat gewonnen. Das Parterre ist nun nach rückwärts
Ausschnitt aus
erhöht, so daß auch die hinten Sitzenden besser Ausblick auf das
Podium haben. Von vielen anderen praktischen Verbesserungen
Hölnische Volkszeitung
sei nicht die Rede. Alles in allem hat der neue Musikvereins¬
saal noch an Schönheit, Vornehmheit und praktischer Einrich¬
tung gewonnen.
In diesem Musikvereinssaale wird nicht selten, aber immer
2 1 p
noch zu selten, auch Liszi gespielt, Liszt, dessen hundertjährigen
Geburtstag die ganze Musikwelt feiert. Gespielt hat Liszt im
Bösendorfer=Saal und in zahlreichen aristokratischen Kreisen.
Gewohnt hat er in Wien alle Jahre fast längere Zeit und zwar
Wiener Brief.
im Schottenhofe, dem großen Zinsgebäude, in welchem das
= Wien, 30.Okt.1911.
Schottenkloster und das Schottengymnasium nur einen Teil
Von Wiener Kunst — namentlich von unseren großen
bildet. Hier weilte er seit 1869 bei seinem Onkel Dr. Eduard Ritter
Malern — weiß mag im Auslande herzlich wenig. In den
von Liszt, der einer der tüchtigsten Juristen und Redner dama¬
ausländischen Gechäldegalerien And Bilderausstellungen trifft
liger Zeit war und später Generalprokurator wurde, und nach
man die Wiener Maler sehr selzei und in ungenügender oder
dessen Töde bei seiner Witwe Henriette von Liszt. Und er weilte
falscher Auswahl.)Seit Makatt.— von wem spricht man denn
gerne in Wien und war glücklich in diesem Familienkreise, wo er
im Auslande vorf allen unseren Wiener Malern von der Mitte
verehrt und geliebt und betreut wurde. Der übrigens jüngere
des verflossenen Fährhunderts? Höchstens von Klimt und
Onkel Eduard war ihm stets sein guter Freund, seine Frau „die
allenfalls Koloman Moser. Daran sind wir Wiener selbst
Generalissima“. Dieser gute Freund verwaltete auch Liszts
wieder schuld, wie überhaupt am Mangel der Berühmtheit
Vermögen aus Freundschaft. Neben Onkel Eduard wollte er
unserer herrlichen Stadt. Wenn es gilt, Ausstellungen zu be¬
in Pötzleinsdorf (Vorort Wiens) begraben sein, denn „ich will
I schicken, so fehlt es bei uns an Geld, an der Einheit der Künstler= I mit Eduard vereint sein,“ sagte er, als Frau Henriette ihm er¬
„Natürlich, es ist ja sonst niemand da, wo er hingehen könnte!
Und was das Geldverleihen anbelangt, so muß ich sagen, daß
er in mancher Hinsicht ja recht töricht ist, allein für so dumm
halte ich ihn denn doch nicht“