II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 122

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24. Das weiteLand
Paris. Kom, San Francisco, Stockholm, on.
(Ouellenangehrtüne Gewähr).
Ausschnitt aus: agd
GTISll. Jer Nertd

a
(Für das „Sonntagsblatt der N. P. Staats=Zeitung“.) desgemäße Gemahlin schon des nächsten rin gleichfalls liebt, Verschworene aufge¬
Thronanwärters. Das kann leicht zu Kon= stellt, um den Hauptmann auf die Seite
Wiener Brief.
flikten führen. Die Herzogin von Hohen= zu schaffen. Der kleine Tambour sieht,
Die Hochzeit in Schwarzau. — Das junge berg ist eine starke, stolze Frau und nun wie Romberg durch das Fenster in die
Paar. — Eine Schnitzler=Dremic## am
soll sie nach dem strengen österreichischen Villa klettert und wahnsinnige Eifersucht
Burgtheater. —„teimliche Liebe.“ — „Die
Hofzeremoniell bei Hoffestlichkeiten hinter erfaßt ihn. Was soll er jetzt thun? —
kleine Freundin.“ — Ein Konzert Destinn.
der jungvermählten Erzherzogin rangi= Ohne eine Ahnung von den Verschworenen
— Die haute Saison. — Direktor Gregor
ren?
zu haben, schlägt er Alarm, das Militär
in Nöthen.
Ich sprach oden von Baden. In der warschirt auf und die Verschworenen flüch¬
ten sich. Der Hauptmann ist gerettet, aber
Wien, 23. Oktober 1911. Villenkolonie dieses reizenden Städtchens,
Hinter Baden, dem bekannten Kurorte
wo die Wiener vornehme Welt den Vor= er ist unglücklich, denn das Abenteuer mit
in der nächsten Nähe Wien's, zu dessen
sommer und die Herbstwochen vor Beginn der schönen Rositta hat ein jähes Ende ge¬
Thermen jährlich Tausende Genesung der haute saison zu verbringen pflegt, funden. Toni aber, der Tambour, wird
vor's Kriegsgericht gestellt. Im tritischen
suchend pilgern, ändert sich plötzlich das spielt das neue Stück Arthur Schnitzler's,
Augenblick klärt sich alles auf, die Tünze¬
Aussehen der Landschaft. Die, in sanf= das zu Beginn der vorigen Woche mit sen¬
rin Rositta, deren Hauptmann Romberg
ten Terrassen ansteigenden Weingärten, sakionellem Erfolg am Burgtheater auf¬
zu beiden Seiten der Bahnstrecke, deren geführt wurde. Es ist das zweite Schnitz¬
längst überdrüssig geworden ist, geht auf
buntfarbiges Kleid der Reife das Bild ler'sche Stück innerhalb dieses Jahres, und
eine Tournée über's große Wasser, der
kleine Tambour giebt sich zu erkennen und
bisher belebte, hören jäh auf und eine nach dem seiner Muse so vollkommen
jetzt kommt auch heraus, daß er seinem
weite graue Ebene voll trauriger Oedig= fremden, bombastischen „Jungen Medar¬
Hauptmann das Leben gerettet hat. Große
keit tritt an ihre Stelle. Kein Baum dus“ ein freudiges Wiederkennen unseres
grüßt uns hier, weit und breit keine alten Freundes. Ja, unser Schnitzler! Versöhnung und Freude; Toni hat ihr
Ziel erreicht. —
Pflugschar, hinter der der Bauer die Selten ist in Wien ein Poet von allen
Ebenso nett gearbeitet wie das Libretto¬
herbstliche Saat ausstreuend schreitet. Kreisen mit so viel Sympathie verhätschelt
ist die Musik. Sie ist ernst und fein ge¬
Schafherden weiden zwischen den manch= worden, wie gerade er. Wenn man bei
macht, hat wenig Gassenhauerhaftes ans
mal zu Felsengröße emporsteigenden Stein= uns seinen Namen ausspricht, greift man
massen und finden an dem spärlichen immer unwillkürlich nach dem Hut. Es
sich, aber spricht um so mehr zum Herzen.)
Der Direktor des Johann Strau߬
Grase, das dazwischen wuchert, an liegt darin ein bedingungsloses Anerken¬
Theaters will ja im nächsten Jahre eine
nen seiner künstlerischen Bedeutung und
Schlehdornen und Disteln, die Sonnen¬
Tournée nach Amerika unternehmen. Mitz
gluth und Herbststurm eschont haben, seines Könnens, aber vielleicht auch nicht
dieser neuen Operette voll Rhythmus und
kümmerliche Nahrung. Man nennt bei zum geringen Theile der Ausdruck der
Aufbau, mit dieser Arbeit wahren künst¬
uns diese Gegend das „Steinfeld" und Dankbarkeit für ihn, der seiner Vaterstadt
lerischen Temperamentes, die man dem
Naturforscher wollen wissen, daß vor treu geblieben ist, während das begabtere
Anfänger der Operette, dem in Bayreuth so
Jung=Wien schon längst in den Tempeln
Jahrtausenden so unabsehbar wie die
Spree=Athens seinen Sitz aufgeschlagen gerne gesehenen Paul Ottenheimer, eigent¬
Ebene sich hier Meeresfläche ausbreitete,
hat und dort neben der Poesie“ seit Neue=lich gar nicht zugemuthet hätte, würde Herr
worauf die Muschelreste und Fischstelette,
stem auch dem vielmächtigen Gotte der Direktor Müller in Amerika gewiß Erfolg.
die man eingekeilt in dem Kalkstein fand,
haben.
Operette Libretto's opfert. Davon al¬
hindeuten sollen. Aber da der Wiener
Die neue Operette von Oskar Strauß,
lerdings hat sich Schnitzler bisher fern ge¬
nun einmal „auf's Gewesene“ nichts gibt,
mit dem Buch von Leo Stein und A. Will¬
halten. Er ist ernst und will nichts thun
blieb diese Ebene ihrem Namen nach
was diesen Ernst beeinträchtigen könnte.
ner, betitelt die „Kleine Freundir“, ist ein
ziemlich unbekannt, und wenn man
in Musik gesetzter französischer Schwank.
Jemanden fragte, wo eigentlich das
Der „Junge Medardus“ war, wie ge¬
— Im Schlosse des Grafen Artois soll
„Steinfeld“ sei, wurde man höchstens
sagt, kein Erfolg. Das Milieu war gut
die Verlobung des Grafen Fernand mit
großmächtig angeschaut. Erst als die
gezeichnet, aber die Art der Handlung lag
der Tochter des Obersten Barbaton,
junge österreichische Aviatik sich diese Schnitzler einfach nicht, und hätte der
Claire, stattfinden. Aber der Bräutigam;
Landschaft zum Schauplatze ihrer Thätig=Autor dieses Dramas zufällig nicht
kommt nicht, was Claire eigentlich ganz¬
keiterkor, und hier angesichts der Menge, Schnitzler, sondern zum Beispiel Her¬
angenehm ist, denn sie liebt nicht Fernand,
die von Wien herauftam, die ersten
mann Sudermann geheißen, und an den
sondern den jungen Doktor Lafleur. Der
Triumphe feierte, und die ersten Todes¬
Ecksitzen im Burgtheaterparkett wären
alte Graf ist wüthend und da er sich ein¬
opfer heischte, wurde das Steinfeld be¬ Berliner Kritiker gesessen, sie hätten an
bildet, sein Sohn hätte ein Verhältnis
kannt. Aber populär ist es erst jetzt ge¬
dem armen Poeten gewiß kein gutes Haar
mit einer Putzmacherin, so zwing er ihn,
worden.
gelassen. Aber der Autor war eben Ar¬
sich in Philine, seine wirkliche kleine
Während zur linken Seite der Bahn¬
thur Schnitzler, das wußten Kritik und
Publikum, und das Burgtheater konnte Freundin zu verlieben und mit ihr auf ein
strecke sich die Ebene weit bis zur ungari¬
damit rechnen. Im „Weiten Land“ so halbes Jahr zu verreisen. Aber diese
schen Grenze hinausdehnt, treten zur Rech¬
betitelt sich die neue fünfaktige Tragiko=Putzmacherin muß vergessen werden. Der
ten mählig kleine Nadelwälder heran. Ein¬
alte Graf will übernehmen, sie zu trösten.
gebettet zwischen solchen kleinen Waldflä¬
mödie Arthur Schnitzler's, finden wir
Er kauft ihr eine Villa und macht ihr so¬
chen liegt St. Aegyden, wohin die from¬
wieder das, was wir von ihm wollen, wir
gar einen Heirathsantrag. Im letzten Akt
men Wienerinnen pilgern, um bei der
finden wieder die Arbeit des Forschers, des
löst sich das ganze Räthsel auf. Er er¬
schmerzensreichen Mutter von St. Aegy¬
Psychologen und dabei des feinfühligen
kennt zunächst, daß seine Freundin schon
den Heilung für ihre Kranken zu erflehen.
Menschenkenners. Da ist's einem als
längst geheirathet hat, daß Philine die
Und kaum eine halbe Wegstunde weiter,
stünde der Dichter hinter der Gardine des
rechte kleine Freundin Fernands war und
erhebt sich massig und schmucklos, umgeben
vornehmen Gesellschaftssalons versteckt
daß Claire zunächst an dem Doktor La¬
von den paar ärmlichen Häusern des Or¬
und nehme mit einem kinematographischen
fleur Interesse hat. Eine dürre Handlung
tes, das Schloß Schwarzau. Hier hat
Apparat getreu die Episoden aus dem
mit verhältnismäßig wenig Witz und Ko¬
sich nun etwas ereignet, was die guten
modernen Wiener Gesellschaftsleben auf.
mik. Auch die Musik zeigt Mängel. Der
Wiener jetzt ganz in Anspruch nimmt, was
Der moderne Mann im modernen Leben
Aufbau ist wohl ganz gelungen und die
sie beinahe ihre Pflichten gegenüber dem
heißt das Problem, das Schnitzler in sei¬
Instrumentation ist tadellos. Aber das
nem neuen Stücke zu lösen versucht. Er
Tratsche des Alltages vergessen läßt, was
Frische, Jugendliche, das Einschlagende
ihnen Stoff zum Plaudern in Hülle und
zeigt uns den modernen Ehemann, den
fehlt in ihr oder erscheint nur spärlich,
Fülle gibt und ihnen das Steinfeld nun
Phlegmatiker, der doch so unersättlich lie¬
vielleicht nur in dem hübschen Schlußlied:
erst ganz populär macht.
beshungrig ist. Sein Heim und seine
„Kehret zurück, alles verziehen.“ Wenn die
Abgeschieden von der Lautheit“ der
Frau werden nach kurzer Ehe nur Form¬
Opereite trotzdem freundlich aufgenommen
Großstadt hat in „Schwarzau“ ein Prinz
sache. Der Flirt wird die Hauptsache, er
wurde, so ist dies mehr eine Achtungs¬
sein Prinzeßlein heimgeführt. Daran
bedeutet alles, aber es wird nicht daran
bezeigung für den Komponisten, der so viel
wäre allerdings noch nichts so Besonde¬
gedacht, was eigentlich geschehen würde,
Schönes geschaffen hat.
res, wenn nicht der Prinz, der nach dem
wenn die Frau das Gleiche thäte. Ehe¬
Im Großen Mufikvereinssaale sang ge¬
bruch? Kleinigkei!! Bis er eines Tages
gegenwärtigen Thronfolger erbberechtigte
stern Emmy Destinn. Dinh Gilly von der
doch so weit kommt und in diesem Mo¬
Anwärter auf den Habsburgerthron wäre,

Metropolitan Opera in New Yort wirkte
Segtn
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