II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 136

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24. uneite Land
#huer Mran durf ruhig annehmen, daß die Regierung sehr Augenblick mit allem Nachdruch



schwärmerischen Jüngling. Sie hat sich ihm gewährt,
seine Figuren just immer in der Sekunde auftreten zu tötet, auch wenn kein Blut ver
weil er morgen schon auf das weite Weltmeer hinaus¬
Schauer des Grabes, die uns
lassen, in welcher er sie braucht. Dieses Kind und sein
fahren, weil er ihr dann nicht mehr vor ihr Angesicht
am Schluß nicht wieder umwe
Rufen ist außerdem sorgfältig vorbereitet. Fünf Akte lang
treten, weil er dann nicht mehr zwischen ihr und ihrem
mehr schwebende, mehr echte,
ist von diesem Kind die Rede. Fünf Akte lang ist es
Manne stehen wird. Denn auch dies hat sie nur in ihrer
Und wir könnten freier atmen
unterwegs von England nach Baden bei Wien. Dennoch:
Liebe zu ihrem Manne getan. Sie ist von ihm ver¬
Wir würden nicht erst w
dieser Ausweg, daß ein im Irrgarten der Liebe ver¬
schmäht worden, weil sie treu gewesen. Vielleicht wird er
laufener Mann, eine ebendaselbst verlorene Frau von einer
auch gar nicht recht dahinter ge
sie nicht mehr verschmähen, wenn sie zu ihm herab¬
eigentlich ein nichtiger, wertloser
Kinderstimme zurückgerufen, an den höheren Sinn dieses
gestiegen, wenn nun auch sie untreu geworden ist. Sie
loser Mensch ist. Seines Dasei
Lebens erinnert und gerettet wird ... in wie vielen
wird ihm sagen können — wenn der andere schon weit
Angst: ob noch ein Mädchen
Volksstücken, in wie vielen Rührstücken, in wie vielen
fort ist —: Du hast mich nicht wollen, weil ich rein
Gesellschaftskomödien haben wir's schon erlebt, haben wir
Und was für Weiber. Was f
war, vielleicht willst Du mich jetzt, da ich befleckt bin
verflossene Geliebte; eine lä
den Ruf schon vernommen: Vater... Mutter ..
gleich Dir? Allein sie gelangt gar nicht erst dazu, ihr
Salondame. Wir sehen seinej
und den schluchzenden Aufschrei, der ihm unweigerlich
Geständnis abzulegen. Hofreiter hat, des Nachts heimlich
wird einst solch ein Püppchen
folgt: „Mein Kind!!“ Wie oft . : wie sehr oft! Es ist
zurückgekehrt, den Liebhaber seiner Frau aus dem Fen¬
Blütenstaub von ihr abgestreift
eine Banalität. Eine rührende, an die einfachen und ewig
ster steigen sehen. Er hat bei diesem Anblick nur gedacht,
Ehemann, der aber ein brutale
wahren Instinkte greifende, eine wirksame Banalität.
daß nun alles gut sei. Nun habe ich mein Recht und
Mut des Herrn Hofreiter, wei
Aber doch eine Banalität. Und das wesentliche an ihrer
meine Frau hat ihr Recht. Aber was helfen Programme?
Anwendung in eben dieser Komödie ist es, daß sie gar
Den Jüngling jedoch, der sich
Irgendein Mann, dem Hofreiter die Frau verführt hat,
schießt er nieder. Täte er's do
nicht überzeugend hieher gehört. Daß es zweifelhaft bleibt,
gibt ihms zu schmecken, daß er jetzt auch nichts anderes
Bühne hat sein eigenes Gesetz
ob Hofreiter das Einfache und ewig Wahre in der nächsten
mehr ist als die übrigen. Kein unantastbarer Verführer
Sekunde noch als einfach und als ewig wahr gelten läßt.
Wir müssen glauben, daß
und Eroberer, sondern ein Hahnrei, wie andere, gewöhn¬
Er hat uns fünf Akte lang gezeigt, wie sehr seine Skepsis
nicht versucht sein, an ihn zu
liche Männer. Nun tut Hofreiter, was er nicht tun
immer darauf aus ist, die Dinge zu wenden und um ihre
nicht notwendig. Und nur de
wollte. Er fordert den schönen, jungen Liebsten seiner
Kehrseite zu befragen. Wir haben ihn die Treue, die
reiter, kommen nur deshalb z
Frau. Dann tut er wieder, was er nicht tun wollte. Er
Wahrheit, die Güte, die Hingabe, alles, alles entlarven
sei zu gering für so große
schießt den armen Jüngling tot. Weil seine „freche
und bezweifeln hören. Sollen wir glauben, daß er, der
einen anderen Ausgang, wir
Jugend“ ihn verhöhnte. Und jetzt ist der Zusammenbruch
soeben einer Mutter einzigen Sohn getötet, der eine ge¬
Wir würden es hinnehmen, m
da. Seine Frau wendet sich von ihm ab. Die verführte
Schnitzlers reife Meisterkunst u
hässige Feindseligkeit gegen aufblühende Jugend begangen
Erna schickt er fort. „Niemandem gehöre ich . . .“ Da ruft
der das Ende seiner Jugend
hat, der bis zu dieser Stunde Weiber betört, Mädchen
von draußen die Stimme seines Söhnchens: „Vater!“
verführt und verdorben, Freunde verraten und belogen,
Es hätte genügt.
Und dieser Stimme folgt er. Der kleine Junge ist gerade
und die eigene Frau zerstört hat, von nun ab ein braver
Diese fünf Akte, die vol
in diesem Augenblick aus England zurückgekehrt. Er ruft
Kindesvater wird, weil ein kleiner Bub im Garten
belebt sind, den Schnitzler
vom Garten her: „Vater ...!“ Und bringt den letzten
draußen ruft?
Burgtheater vortrefflich gespiel
Aktschluß.
Die ganze Persönlichkeit des Herrn Hofreiter, so mei¬
den Hofreiter, von Fräulein
sterhaft sie der Dichter auch gezeichnet hat, wird fragwürdig.
Genia, und von Fräulein H o
Da sind Dinge, die den schönen, kunstvollen Bau
Nicht in ihrem Wert als Gestalt eines Künstlers, nicht in
Erna gibt. Für den Hofreiter
dieses Werkes erschüttern, wenn man sie ein wenig nur
ihrer Existenz auf der Bühne. Aber in ihrer Existenz als
Persönlichkeit gebraucht. Nur
überdenkt. Was für einen letzten Ausgang hätte das
Träger einer vom Tod besiegelten Tragikomödie. Ein
keiten am Burgtheater abgesto
Stück, wenn das Kind des Hofreiters nicht mit solch fahr¬
Mann, der das Ende seiner Jugend erlebt, widerstrebend,
es noch immer, wie: kaum
planmäßiger Promptheit geradewegs aus England zum
verzweifelnd, schmerzdurchzuckt, der es ganz genau so er¬
Aktschluß käme? Was für ein letztes Wort bliebe dann
Thimig, Devrient... die müs
der Komödie? Oder wenn der Kleine früher eingetroffen! lebt, wie es von Hofreiter erlebt wird, wäre einer Tragi¬
wieder eine große Persönlichkeit
——
wäre? Ach, ganz gewiß hat der Theaterdichter das Recht, komödie Mittelpunkt und Held, auch wenn er niemanden!