II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 144

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24. Das we
1eLand
den großen Hinauswurf der Franosen aus dem Burgtheater vollziehen.
Was kam aber? Richtig blieben gerade dem Baion Dingelstedt die
seichtesten Franzosen an den Fingern kleben, wie „Fromont junior" und
ähnliche Sachen.“
Baron Berger sprach noch von den modernen Stücken, die er
bereits besitzt oder die ihm für dieses Spieljahr von bekannten Autoren
versprochen sind, und wie von selbst kam ihm dabei der Name Ernst
Hartmanns auf die Lippen, des Künstlers, dem gerade in diesem
Jahre so subtile Aufgaben im Konversationsstücke vorbehalten waren.
„Ich werde die Rollen, die er zurückgelassen, sukzessive zu verteilen
suchen,“ meinte der Direktor. „Eine solche Erbschaft läßt sich nicht so
rasch liquidieren, denn ich muß die Erben erst — finden! Ich will diese
Suche nicht überstürzen. Ich beobachte schon, wie dieser und jener Schau¬
spieler — ohne es zu wissen — in diese und jene Glanziolle Hartmanns
hineinwächst, so daß er reif wird, sie einst zu besitzen ...
Wir sprachen noch von der nächsten großen Novität des Burg¬
theaters, von Tolstois Drama „Der lebende Leichnam“ und dem Trubel,
den es in Rußland hervorgerufen hat, ein Interesse, das noch immer
anhält. Baron Berger erwähnte auch der ungewöhnlichen Aufgaben, die
dieses Stück unter anderem den Maskenkünstlern stellen wird — da
fiel uns endlich unser Privathistoriler aus dem herbstlichen Prater ein.
„Pardon, verehrter Herr Baron, fielen wir plötzlich ein. „Ist
Ihnen der Name Dr. Alfred Maria Julius Becher bekannt?“
Auf das höchste erschrocken fuhr Baron Berger in diesem Momente
von seinem Sitze auf, holte seinen Schirm vom Gepäcksbehälter herunter
und eilte zur Türe.
„Verzeiben Sie,“ rief uns der Direktor in aller Schnelligkeit zu.
„Station Braunschweiggasse, da muß ich aussteigen!“
Und im nächsten Augenblick schon sahen wir Baron Berger auf
dem Perron weiter eilen. Wir sandten dem Direltor den Abschiedsgruß
nach und nahmen uns vor, ihn das nächstemal zu fragen, ob er seinen“
Taufpaten, den politischen, kennt. Wir müssen ihn ja fragen. Aber
gleich am Anfang, bevor wir um das Burgtheater uns erkundigen, und
— was die Hauptsache ist — lange, lange vor der Braunschweiggasse.
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Die übrigen Kunstnachrichten befinden sich auf Seite 26.
Telegramme.
Die bulgarische Thronrede.
Sofia, 28. Oktober. Die Sobranje wurde heute durch
König Ferdinand eröffnet. Die Thronrede hebt hervor,
daß die durch die Große Nationalversammlung in die Ver¬
fassung in so glücklicher Weise ausgenommenen Aenderungen
eine neue Aera für die friedliche Entwicklung und die
wirtschaftliche und kulturelle Tätigkeit des Landes eröffnen. Bul¬
garien habe im laufenden Jahre die freundschaftlichen-
Beziehungen mit allen Ländern befestigt, indem es
sich insbesondere bemühte, daß die Beziehungen zu den benach¬
barten Ländern, welche kostbare wirtschaftliche und poli¬
tische Bande mit Bulgarien verbinden, die besten seien. Bulgarien
habe wieder bewiesen, daß es verdiene, ein gleichberechtigtes Glied
der Familie der zivilisierten Staaten zu sein.
Die der Sobranje vorgelegten Gesetzentwürfe sind zumeist
wirtschaftlichen Charakters.
Der Abschluß der Marokkoverhandlungen.
Paris, 28. Oktober. (Tel. d. „Fremden=Blatt“.) Ueber
den heutigen Ministerrat ist, soweit es sich um die aus¬
wärtige Politik handelt, offiziell nichts mitgeteilt worden. Es ist
aber selbstverständlich, daß der Ministerrat über den Stand der
deutsch=französischen Verhandlungen beraten hat. Es scheint, daß
betreffs der Grenzregulierung am Kongo noch Differenzen be¬
stehen, die den Abschluß des Einvernehmens verzögern, denn
der Ministerrat hat sich noch nicht entschließen können, die Ein¬
berufung der Kammer endailtia festzusetzen. Man hofft immerhin

Stolypin habe das schlummernde Nationalaefühl geweckt, ihm Sini
gegeben und es beseeit. Mit der Persönlichkeit des meuchlerisch Er¬
mordeten sei ein großer russischer Bürger und ein großer Staatsgeist
dihingegangen und habe ein charakterfester, erfahrener Staatsbaumeister
Rußland verlassen. Nach der Rede fand eine Totenmesse statt, worauf
die Duma zur Beratung einer Reihe heute eingebrachter Inter¬
pellationen schritt.
Russische: Ministerrat.
Petersburg, 28. Oktover. Der Ministerrat beschloß, der
Reichsduma einen Gesetzentwurf betreffend die Einführung der
Semstwos in den Gouverneinents Astrachan, Orenburg
und Stawropol vorzulegen.
Die Mißernte in Ostrußland und Sibirien.
Der Ministerrat erachtet für die von der Mißernte be¬
troffenen 18 Gouvernements Ostrußlands und Sibiriens
eine Summe von 93 Millionen Rubel für erforderlich,
welche teils für öffentliche Arbeiten, teils als Verpflichtungsvorschuß
anzuweisen ist.
En angeblicher Appell an das Iuternationale sozialistische Bureau.
Berlin, 28. Oktober. Zu der Meldung des „Temps“, daß
in offiziellen Kreisen Frankreichs in bezug auf die Behaup¬
tung des holländischen Sozialisten Troelstra, wonach sich zwei
europäische Mächte während der jüngsten Krise zur Beschwö¬
rungder Kriegsgefahr an das Internationale
sozialistische Bureau gewendet hätten, nichts be¬
kannt sei, erklärt die „Nordd. Allg. Ztg.: Selbstverständlich ist
auch von deutscher Seite ein derartiger Schritt weder direkt
noch indirekt erfolgt.
Landung britischer Truppen in Abushir.
Abushir, 28. Oktober. (Reuter=Meldung.) Zwei bri¬
tische Transportschiffe und zwei Kriegsschiffe
mit indischen Truppen sind gestern hier angekommen. Die Aus¬
chiffung begann, ohne daß tätlicher Widerstand geleistet wurde.
Ermordung eines griechischen Abtes.
Saloniki, 28. Oktober. Der Abt des griechischen Klosters Pro¬
dromon in der Umgebng von Serres ist ermordet, auf einem
Baume hängend, aufgesunden worden. Die Täter sind unbekannt.
Großes Schadenfeuer.
Alsokubin, 28. Oltober. In der Ottschaft Trostena kam
heute nachmutags an vier Stelen zugleich Feuer zum
Ausbruch, dem 35 bis 40 Häuser zum Opfer fielen. Man glaubt, daß
das Feuer gelegt worden ist.
Streiks.
Prag, 28. Oktober. Ueber die Streikbewegung wird ge¬
meldet: In der Gemeinde Beneschau im Bezirk Semil mußte
gestern anläßlich einer behördlich nicht bewilligten Versammlung Gen¬
darmerie einschreiten und mehrere Verhaftungen vornehmen.
Zur Unterstützung der Gendarmerie behuts Aufrechterhaltung der Rube
und Ordnung wurde im Laufe des Abends Militärassistenz
nach Semil herangezogen. Im Starkenbacher Bezirk
haben die Textilarbeiter mehierer Betriebe ihre Lohnsorderungen über¬
reicht. Verhandlungen zur Herbeiführung einer friedlichen Lösung sind
bereits im Zuge. In den übrigen Teilen des Streitgebietes ist eine
wesentliche Aenderung nicht zu verzeichnen.
Montceau=les=Mines, 28. Oltober. Die Grubenarbeiter
haben beschlossen, am Montag die Arbeit wieder aufzunehmen.
Paris, 28 Oktober. Der Präsident der Republik hat heute einen
Erlaß unterzeichnet, durch welchen die Anwendung der Tara¬
Ordnung, die ursprünglich am 1. November hätte in Kraft treten
sollen, bis 1. Jänner 1912 verschoben wird.
Amerikanische Schlußkurse.