24. Das veite Land
bestorganisierte Bureau Deutscmen.
Welt am Montag
Zeitung
Berll.
Gft.
Datum: #REERRRREREEERET A A
·ee useeseeaane
2 6.
Der neue Schnitzler.
(„Das weite Land.“)
Es war ein melancholisches Wiedersehen. Die späte Begeg¬
nung mit einer alt gewordenen Geliebten. Von holden Erinne¬
rungen Ihnwittert, in weichen Heröstschimmer getaucht, und beseelt
von dem redlichen Drange, den Glanz und die Schönheit vertiun¬
zenen Glücks noch einmal ins Leben zu retien. Die bittere Er¬
kenntnis von der Begrenztheit des Irdischen spukt hinter dem
allem. Die wehmütige Resignation des Aelter= und Fremder=Wer¬
dens, und das Lewußtsein, Dinge enigleiten und verflattern zu
sehen, denen man sich für ewig verschwistert glaubte. —
Herhst, Herbst, Herbst. Der Wind schüttelt gelbe Blätter und „
fegt mit kalter Grausamkeit über Siraßen und Plätze. Vorbei,
vorbei. Ein Duft voll Schwermut bleibt zurück, und das Gedächt¬
nis hellerer Tage umkleidet sich mählich mit der blassen Schönneit
des Märchens. Der Dichter Arthur Schnitzler, der uns die löst¬
liche Welt des „Anatol“ hinzauberte,, ner uns die Farben des
„Grünen Kakadu“ und die feine Silberlicht=Poesic der „Liebelei“
schenkte, — wie ein Schatten, ungreifbar und wesenlos, schwebt
er vorüber. Seine kultivierte Eleganz und seine weltmännische
Ironie lädt uns noch einmal in jene dämmerige Luxuswelt, wo
Kulturmüdigkeit und verfeinerter Sinn spielerisch um die Fragen
des Lebens kreist. Im Frack und mit weißer Binde schreiten noch
einmal blasse Menschen über schwere, kostbare Teppiche. An tiefe
Zusammenhänge wird noch einmal mit zagem Finger gerührt Auf
unausgesprochene und mit Händen nicht zu greifende Dinge, die,
wie in verborgenen Seelenfalten, zwischen Mann und Weib,
zwischen nachlässigem Sybaritentum und fraulichem Reinlichleits¬
drang, zwischen halbeingestandenen Sehnsüchten und crotischer
Spätkultur stehen, fällt ein leiser, verglimmender Schimmer. Man
wird die Ahnung nicht los, daß hier ein Gegenwartsmensch an
der Arbeit ist, mit dem umzugehen noch immer Gewinn und
Freude bedeutet. Aber die kalten Herbstwinde, die dazwischen
jagen, lassen diese Ahnung nirgends zur Erfüllung reifen. Und
am Anfang und Ende sieht das Gefühl, daß Arthur Schnitzlers
Stimme alles Metall verloren hat und nur noch wie ein letztes,
fernes Echo aus besseren Vergangenheiten herüberklingt. —
Wenn ich hart werden wollte, müßte ich sagen: Diese Tragi¬
komödie ist eine schöne Leiche Aber weil Schnitzlers Sommer einen
letzten, silbernen Glanz auch über die Müdigkeit seines Herbstes
wirft, will ich sie lieber mit einem schlafenden Dornröschen verlgeichen,
das nichts Schreckhaftes an sich hat, dem aber, nach menschlicherje
Voraussicht kein Märchenprinz jemals zum Leben verhelfen wird.
A. W.
(Fortsetzung in der 1. Beilage.)
box 28/4
Eeinzigen Renste Nachrichten
Ueber die Uraufführung von Max Schnitlers Tragikomödie „Das
weite Land“, die am Sonnabend in Berlin erfolgte, tele¬
graphiert uns unser Berliner Theatermitarbeiter: Das Publikum
des Lessingtheaters gewährte Schnitzlers Tragikomödie „Das
weite Land“, obgleich Direktor Brahm zuletzt für den Dichter
danken konnte, nur eine überaus kühle Achtungsbezeugung. Selbst
die Freude an dem unvergleichlichen Zusammenspiel der Brahmschen
Künstler, unter denen Irene Triesch, Ilka Grüning, Hilde Herterich,
Reicher, Forest und Marr, im Gegensatz zu dem in der männlichen
Hauptrolle unglücklichen Monnard, die reichsten Ehren gebühren, ver¬
mochte die Ablehnung des Werkes an st. nur halb zu verschleiern.
Ueber die Wiener Uraufführung berichtet uns ein Telegramm
Schnitzlers Tragikomödie „Das
unseres Wiener Mitarbeiters:
weite Land“ erzielte bei der gestrigen Erstaufführung im Burg¬
theater einen starke Erfolg. Die Darstellung war vortrefflich;
Schnitzler ist so altmodisch, dieses Chaos im weiten Land der
Seele unzweideutig als Dekadenz=Erscheinung einer überkulti¬
vierten Zeit zu signieren. Denn die Art, wie er an der Haupt¬
handlung exemplifiziert, bringt mit unheimlich stiller Wucht die Tat¬
sache wieder und wieder zur Erscheinung: wie alles, was Wert hat
und echt ist, in der Seele niedergetreten, verwüstet, in den Tod ge¬
jagt wird von jenen Dekadenten, deren verführerischster und zu¬
gleich erschreckendster Typ in dem Fabrikanten Hofreiter gezeichnet
Der seine ihn vergötternde Frau systematisch in den Ehebruch“
hineintreibt, dann aus der ohnmächtigen Wut über die Ueberlegen¬
heit eines gleichfalls von ihm betrogenen Ehemanns heraus den
jungen redlichen Ker', der seine Frau liebt, beschimpft und im Duell
und der doch zugleich ein
kaltblütig über den Heusen schießt —
guter Freund und wareaherziger Vater sein kann. Gewiß — die
Seele ist ein weites Land — aber das hindert nicht, daß wir einen
solchen Menschen im Handeln seiner Frau gegenüber als einen
Schurken empfinden. Daß Schnitzler unzweideutig derselben Mei¬
nung ist, hat er an dem Verhalten des Dr. Mauer, des Freundes
Hofreiters, völlig klar gemacht. Auch der letzte Akt kann darüber
nicht irre machen, der das Vatergefühl in dem Dekadenten aufblitzen
läßt. Frau und Freund sprechen das Urteil, indem sie sich von ihm
lösen, er selbst spricht es indem er das weibliche Gegenstück, die
moderne Jungfrau, die seine Geliebte ist, von sich abwehrt. Es ist
Gerechtigkeit in diesem Schluß. Vielleicht zu viel Gerechtigkeit
vom Standpunkte des Lebens aus (Gegner werden es entrüstet
„Sentimentalität“ nennen). Dennoch hat sich der Künstler Schnitz¬
ler, der hier behutsamer als je ist, in der Zeichnung nichts dabei
vergeben. Und der Mensch erst recht nichts!
Das Stück ist kein Publikums=Erzeugnis. Leise, allzu leise, oft
für den Theatererfolg geht es seinen Weg ins Innere der Men¬
schen, breitet die Fülle seiner Erkenntnisse, seiner feinziselierten
Worte in allzu breit hinfließendem Strom aus. Biegt dann für
einen Akt (den dritten) bewußt in ein populäres Fahrwasser, um
hier freilich stark aus der Sphäre Schnitzlers in die grobtörniger
Lustspielfabrikanten zu geraten. Kehrt mit dem 4. Akt in Schnitz¬
lers Heimat zurück und formt dann ein Musterbeispiel stillster und
dabei dramatischster Entladung, von dem man nur wünschen möchte,
daß die Herren Sudermann, Bataille und Konsorten es recht von
Herzen studieren möchten!
mit alledem ein
Zugstück werden kann
ist mehr als zweifelhaft, aber
ein Genuß
für Feinschmecker der Technik und eine
Freude für alle,
denen die seelische Dekadenz unserer
Zeit kein Deklamationsthema ist, wird dies weite Land bedeuten!
Die aristokratisch erlesene Art dieses Dichters, mit den Ingredien¬
zien der Bühne umzugehen, hatte in den Beteiligten am Neuen Theater
ein noblesse oblige=Gefühl geweckt, das wie ein feiner, warmer Strom
durch die Inszenierung, wie durch das Zusammenspiel dahinfloß. Das
Bild der schmucken Villa Hofreiters, die sich in überraschender maleri¬
scher Plastik mit ihrem hohen, roten Spindeldach kokett modern aus dem
verschlungenen Grün der Gartenpfade emporhob, dieser lauschige Gar¬
tenausschnitt selbst, mit seinem zentralen Rosenboskett, den weißleuch¬
tenden Wiener Möbeln, dem Staketenzanne, über den die weiten Wiesen
und die sanft geschwungenen Linien des Wiener Waldes anheimelnd
traulich herübergrüßten, es war ein Geschenk geschmackvoller, stimmungs¬
feiner Bühnenillusion, das man mit wahrhafter Freude genoß. Der
Regie des Herrn Huth ward durch das Bühnenbild vortrefflich in die
Hände gearbeitet; dem Spiel der Menschen rings um das Rosenboskett
wußte er im Zusammenklang wie Einzelton subtilen Schliff zu geben.
Das Gequirl im Hotelvestibül des 3. Aktes klaffte dagegen hier und da
noch etwas auseinander, hier müßten die Fugen und Nähte noch besser
vertuscht werden. Aber was die Hauptsache bleibt: die beklemmende
Stille einer beherrschten Oberfläche, unter der das Weh brennt und die
Stürme toben, das eigentliche Lebenselement dieses Stückes, sie war in
den vier Akten, in deuen Schnitzlers Seele lebt, durchaus lebendig. Nur
würde sie in dem intimeren Raum des Alten Theaters weit besser zur
Wirkung gekommen sein!
Das Beste in den Einzelleistungen bot Herr Walter, der aus
dem äußerlich so verführerischen, feelisch so ungeheuerlich „weit"ver¬
anlagten Hofreiter eine geradezu glänzende Menschenstudie formte.
Frl. Nolewska sekundierte ihn als gefolterte Gattin vollgültig. Für
das moderne Mädel Erna Wahl fand
Linien, das Kostüme des letzten Aktes war unmöglich. Herr Wendt
gab dem Dr. Mauer ernste Würde, Herr Brügmann dem jungen Lieb¬
haber überzeugende notürliche Gradheit. Das Publikum verhielt sich
ziemlich reserviert.
Dr. Egbert Delpy.
bestorganisierte Bureau Deutscmen.
Welt am Montag
Zeitung
Berll.
Gft.
Datum: #REERRRREREEERET A A
·ee useeseeaane
2 6.
Der neue Schnitzler.
(„Das weite Land.“)
Es war ein melancholisches Wiedersehen. Die späte Begeg¬
nung mit einer alt gewordenen Geliebten. Von holden Erinne¬
rungen Ihnwittert, in weichen Heröstschimmer getaucht, und beseelt
von dem redlichen Drange, den Glanz und die Schönheit vertiun¬
zenen Glücks noch einmal ins Leben zu retien. Die bittere Er¬
kenntnis von der Begrenztheit des Irdischen spukt hinter dem
allem. Die wehmütige Resignation des Aelter= und Fremder=Wer¬
dens, und das Lewußtsein, Dinge enigleiten und verflattern zu
sehen, denen man sich für ewig verschwistert glaubte. —
Herhst, Herbst, Herbst. Der Wind schüttelt gelbe Blätter und „
fegt mit kalter Grausamkeit über Siraßen und Plätze. Vorbei,
vorbei. Ein Duft voll Schwermut bleibt zurück, und das Gedächt¬
nis hellerer Tage umkleidet sich mählich mit der blassen Schönneit
des Märchens. Der Dichter Arthur Schnitzler, der uns die löst¬
liche Welt des „Anatol“ hinzauberte,, ner uns die Farben des
„Grünen Kakadu“ und die feine Silberlicht=Poesic der „Liebelei“
schenkte, — wie ein Schatten, ungreifbar und wesenlos, schwebt
er vorüber. Seine kultivierte Eleganz und seine weltmännische
Ironie lädt uns noch einmal in jene dämmerige Luxuswelt, wo
Kulturmüdigkeit und verfeinerter Sinn spielerisch um die Fragen
des Lebens kreist. Im Frack und mit weißer Binde schreiten noch
einmal blasse Menschen über schwere, kostbare Teppiche. An tiefe
Zusammenhänge wird noch einmal mit zagem Finger gerührt Auf
unausgesprochene und mit Händen nicht zu greifende Dinge, die,
wie in verborgenen Seelenfalten, zwischen Mann und Weib,
zwischen nachlässigem Sybaritentum und fraulichem Reinlichleits¬
drang, zwischen halbeingestandenen Sehnsüchten und crotischer
Spätkultur stehen, fällt ein leiser, verglimmender Schimmer. Man
wird die Ahnung nicht los, daß hier ein Gegenwartsmensch an
der Arbeit ist, mit dem umzugehen noch immer Gewinn und
Freude bedeutet. Aber die kalten Herbstwinde, die dazwischen
jagen, lassen diese Ahnung nirgends zur Erfüllung reifen. Und
am Anfang und Ende sieht das Gefühl, daß Arthur Schnitzlers
Stimme alles Metall verloren hat und nur noch wie ein letztes,
fernes Echo aus besseren Vergangenheiten herüberklingt. —
Wenn ich hart werden wollte, müßte ich sagen: Diese Tragi¬
komödie ist eine schöne Leiche Aber weil Schnitzlers Sommer einen
letzten, silbernen Glanz auch über die Müdigkeit seines Herbstes
wirft, will ich sie lieber mit einem schlafenden Dornröschen verlgeichen,
das nichts Schreckhaftes an sich hat, dem aber, nach menschlicherje
Voraussicht kein Märchenprinz jemals zum Leben verhelfen wird.
A. W.
(Fortsetzung in der 1. Beilage.)
box 28/4
Eeinzigen Renste Nachrichten
Ueber die Uraufführung von Max Schnitlers Tragikomödie „Das
weite Land“, die am Sonnabend in Berlin erfolgte, tele¬
graphiert uns unser Berliner Theatermitarbeiter: Das Publikum
des Lessingtheaters gewährte Schnitzlers Tragikomödie „Das
weite Land“, obgleich Direktor Brahm zuletzt für den Dichter
danken konnte, nur eine überaus kühle Achtungsbezeugung. Selbst
die Freude an dem unvergleichlichen Zusammenspiel der Brahmschen
Künstler, unter denen Irene Triesch, Ilka Grüning, Hilde Herterich,
Reicher, Forest und Marr, im Gegensatz zu dem in der männlichen
Hauptrolle unglücklichen Monnard, die reichsten Ehren gebühren, ver¬
mochte die Ablehnung des Werkes an st. nur halb zu verschleiern.
Ueber die Wiener Uraufführung berichtet uns ein Telegramm
Schnitzlers Tragikomödie „Das
unseres Wiener Mitarbeiters:
weite Land“ erzielte bei der gestrigen Erstaufführung im Burg¬
theater einen starke Erfolg. Die Darstellung war vortrefflich;
Schnitzler ist so altmodisch, dieses Chaos im weiten Land der
Seele unzweideutig als Dekadenz=Erscheinung einer überkulti¬
vierten Zeit zu signieren. Denn die Art, wie er an der Haupt¬
handlung exemplifiziert, bringt mit unheimlich stiller Wucht die Tat¬
sache wieder und wieder zur Erscheinung: wie alles, was Wert hat
und echt ist, in der Seele niedergetreten, verwüstet, in den Tod ge¬
jagt wird von jenen Dekadenten, deren verführerischster und zu¬
gleich erschreckendster Typ in dem Fabrikanten Hofreiter gezeichnet
Der seine ihn vergötternde Frau systematisch in den Ehebruch“
hineintreibt, dann aus der ohnmächtigen Wut über die Ueberlegen¬
heit eines gleichfalls von ihm betrogenen Ehemanns heraus den
jungen redlichen Ker', der seine Frau liebt, beschimpft und im Duell
und der doch zugleich ein
kaltblütig über den Heusen schießt —
guter Freund und wareaherziger Vater sein kann. Gewiß — die
Seele ist ein weites Land — aber das hindert nicht, daß wir einen
solchen Menschen im Handeln seiner Frau gegenüber als einen
Schurken empfinden. Daß Schnitzler unzweideutig derselben Mei¬
nung ist, hat er an dem Verhalten des Dr. Mauer, des Freundes
Hofreiters, völlig klar gemacht. Auch der letzte Akt kann darüber
nicht irre machen, der das Vatergefühl in dem Dekadenten aufblitzen
läßt. Frau und Freund sprechen das Urteil, indem sie sich von ihm
lösen, er selbst spricht es indem er das weibliche Gegenstück, die
moderne Jungfrau, die seine Geliebte ist, von sich abwehrt. Es ist
Gerechtigkeit in diesem Schluß. Vielleicht zu viel Gerechtigkeit
vom Standpunkte des Lebens aus (Gegner werden es entrüstet
„Sentimentalität“ nennen). Dennoch hat sich der Künstler Schnitz¬
ler, der hier behutsamer als je ist, in der Zeichnung nichts dabei
vergeben. Und der Mensch erst recht nichts!
Das Stück ist kein Publikums=Erzeugnis. Leise, allzu leise, oft
für den Theatererfolg geht es seinen Weg ins Innere der Men¬
schen, breitet die Fülle seiner Erkenntnisse, seiner feinziselierten
Worte in allzu breit hinfließendem Strom aus. Biegt dann für
einen Akt (den dritten) bewußt in ein populäres Fahrwasser, um
hier freilich stark aus der Sphäre Schnitzlers in die grobtörniger
Lustspielfabrikanten zu geraten. Kehrt mit dem 4. Akt in Schnitz¬
lers Heimat zurück und formt dann ein Musterbeispiel stillster und
dabei dramatischster Entladung, von dem man nur wünschen möchte,
daß die Herren Sudermann, Bataille und Konsorten es recht von
Herzen studieren möchten!
mit alledem ein
Zugstück werden kann
ist mehr als zweifelhaft, aber
ein Genuß
für Feinschmecker der Technik und eine
Freude für alle,
denen die seelische Dekadenz unserer
Zeit kein Deklamationsthema ist, wird dies weite Land bedeuten!
Die aristokratisch erlesene Art dieses Dichters, mit den Ingredien¬
zien der Bühne umzugehen, hatte in den Beteiligten am Neuen Theater
ein noblesse oblige=Gefühl geweckt, das wie ein feiner, warmer Strom
durch die Inszenierung, wie durch das Zusammenspiel dahinfloß. Das
Bild der schmucken Villa Hofreiters, die sich in überraschender maleri¬
scher Plastik mit ihrem hohen, roten Spindeldach kokett modern aus dem
verschlungenen Grün der Gartenpfade emporhob, dieser lauschige Gar¬
tenausschnitt selbst, mit seinem zentralen Rosenboskett, den weißleuch¬
tenden Wiener Möbeln, dem Staketenzanne, über den die weiten Wiesen
und die sanft geschwungenen Linien des Wiener Waldes anheimelnd
traulich herübergrüßten, es war ein Geschenk geschmackvoller, stimmungs¬
feiner Bühnenillusion, das man mit wahrhafter Freude genoß. Der
Regie des Herrn Huth ward durch das Bühnenbild vortrefflich in die
Hände gearbeitet; dem Spiel der Menschen rings um das Rosenboskett
wußte er im Zusammenklang wie Einzelton subtilen Schliff zu geben.
Das Gequirl im Hotelvestibül des 3. Aktes klaffte dagegen hier und da
noch etwas auseinander, hier müßten die Fugen und Nähte noch besser
vertuscht werden. Aber was die Hauptsache bleibt: die beklemmende
Stille einer beherrschten Oberfläche, unter der das Weh brennt und die
Stürme toben, das eigentliche Lebenselement dieses Stückes, sie war in
den vier Akten, in deuen Schnitzlers Seele lebt, durchaus lebendig. Nur
würde sie in dem intimeren Raum des Alten Theaters weit besser zur
Wirkung gekommen sein!
Das Beste in den Einzelleistungen bot Herr Walter, der aus
dem äußerlich so verführerischen, feelisch so ungeheuerlich „weit"ver¬
anlagten Hofreiter eine geradezu glänzende Menschenstudie formte.
Frl. Nolewska sekundierte ihn als gefolterte Gattin vollgültig. Für
das moderne Mädel Erna Wahl fand
Linien, das Kostüme des letzten Aktes war unmöglich. Herr Wendt
gab dem Dr. Mauer ernste Würde, Herr Brügmann dem jungen Lieb¬
haber überzeugende notürliche Gradheit. Das Publikum verhielt sich
ziemlich reserviert.
Dr. Egbert Delpy.