box 28/4
24 Das veiteLand
—640 IIHRRERRNNRTNIRNTHRREANIHIREAEINTEMHMHAHERHH Friedrich Düser: Immmmimimnniiniihmmnmnihmnmihmnnmmminnhme
Wirklich kehrt König Fadlallah, nachdem er durch
wechselnde Gestalten gewandert ist und so tiefere
Einblicke in das Leben gewonnen hat, als ein
würdigerer König, ein zärtlicherer Gatte und ein
wertvollerer Mensch zu Thron und Gemahlin
zurück. Wie sagt doch Antonio in Goethes „Tasso“.
Inwendig lernt kein Mensch sein Innerstes
Erkennen; denn er mißt nach eignem Maß
Sich bald zu klein und leider oft zu groß.
Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, nur
Das Leben lehret jedem, was er sei ..
Ein süßer Kern — doch leider! der Dichter die¬
ser „Komödie der Auferstehungen“ hat ihn hinter
nennmal neun Häuten und Schalen verborgen,
von denen einige recht spaßig und kunsperig zu
knacken sind, andre aber, zäh und geschwollen,
einen etwas faden Geschmack auf der Zunge zurück¬
lassen. Scherz und Ernst, Tiefsinn und Unsinn,
amüsanten Ulk und erzieherische Sittlichkeit in
eins durcheinanderzuwirbeln und aus diesem gro¬
tesken Chaos als Kosmos der Versöhnung den
Humor aufsteigen zu lassen, ist dem Dichter gar
nicht oder doch zu spät gelungen. Erst des
Ennuchen Babelbeck Epilog an die Zuschauer
schwingt sich zu der Überlegenheit und Freiheit
auf, durch die allein solche Harlekinaden und
Bellachinispäße, wie Scholz sie hier in brodeln¬
Phot. Hans Böhm, Berlin.
dem Kessel durcheinanderkocht, sich auf der Bühne
Paul Wegener als Bettler Kalab in der Groteske
der Kammerspiele rechtfertigen ließen — selbst
„Vertauf, e Seelen“ von Wilhelm von Scholz.
dann, wenn alle Mitspieler die souveräne Stil¬
schlägt er, von je ein Freund des Exotischen und
sicherheit bewiesen hätten, die Paul Wegener
Märchenhaften, den weiten orientalisch bunten
als Bettler Kalab in all den ihm zugemuteten
Mantel aus 1001 Nacht. Die uralte Lehre
Metempsychosen an den Tag legte.
von der Metempsychose, die seit der Brahmanen¬
Diese selbstironische Überlegenheit erinnert an
lehre der Inder nicht zur Ruhe gekommen ist
den, der für diesen neuen Ton in der Dramatik
und auch noch unter unsern heutigen Mystikern
sich sozusagen die Epauletts der Klassizität ver¬
und Theosophen ihre Anhänger findet, hat in dient hat, an unsern lieben frechen Bernard
seinen „Vertauschten Seelen“ ihre grotesk= Shaw. Und auf einmal fällt uns ein, daß ja
dramatische Gestalt gewonnen. Ein König, der wohl schon ein paar Monate vergangen, seit wir
sich in unreisem Übermut der Würde seines das letzte Stück von ihm zu kosten bekommen
Amtes wie der Liebe seiner Gemahlin gleich haben. Das ist ja aber unerhört, der Schade
unwürdig erweist, muß seine königliche Seele an muß sofort repariert werden! Nun, das Kleine
einen schmutzigen Bettler hingeben, der sich nun Theater unter den Linden ist aufmerksam genug.
mit diesem Hauch im Leibe der in ihrer trotzigen alsbald dafür zu sorgen, daß die „empfindliche
Verlassenheit leicht zur Untreue geneigten Königin Lücke“ sich schließe. Shaw ist eines neuen Ein¬
zugesellt, während des Königs leiblicher Teil, mit falls genesen, und während andre so unbescheiden
der Seele des Bettlers ausgestattet, in tollem sind, solche Neugeburten in die Windeln eines
tyrannischem Übermut tölpelhaft durch die Stra= Feuilletons zu betten, begnügt er sich damit,
ßen toht und sich auch sonst höchst unköniglich eine dreiaktige Komödie mit Vorspiel und Nach¬
aufführt. Das Unheil ist auf beiden Seiten spiel daraus zu machen. (Deutsch von Siegsr.
nicht groß. Königin Zemronda empfängt ja, Trebitsch bei S. Fischer, Berlin.) Der Einfall
ihrer hellenischen Schwester Alkmene im „Amphi= ist wirklich köstlich. Eine Komtesse erbittet sich
tryon“ ähnlich, in dem von der Straße geholten von ihrem gräflichen Vater als Geburtstags¬
Liebhaber nichts andres als die Seele ihres Ge= geschenk die Privataufführung eines Stückes, das
mahls, betrügt also den König mit dem König sie geschrieben, und zwar mit wirklichen Schau¬
selbst; und Kalab, der Bettler — nun, er bleibt, spielern auf der Bühne und wirklichen Kritikern
nachdem er die Königsseele hat wieder hergeben im Parkett. Dies Stück im Stücke nun, „Fau¬
müssen, ein Bettler wie zuvor. Nur edlen See= nys erstes Stück“, bekommen wir selbst vor¬
len, scheint Scholz sagen zu wollen, gedeiht der gesetzt. Überflüssig, zu bemerken, daß es unter
Seelenaustausch zum Heil und zur Länterung. der Maske des Dilettantismus allerlei Shawische
24 Das veiteLand
—640 IIHRRERRNNRTNIRNTHRREANIHIREAEINTEMHMHAHERHH Friedrich Düser: Immmmimimnniiniihmmnmnihmnmihmnnmmminnhme
Wirklich kehrt König Fadlallah, nachdem er durch
wechselnde Gestalten gewandert ist und so tiefere
Einblicke in das Leben gewonnen hat, als ein
würdigerer König, ein zärtlicherer Gatte und ein
wertvollerer Mensch zu Thron und Gemahlin
zurück. Wie sagt doch Antonio in Goethes „Tasso“.
Inwendig lernt kein Mensch sein Innerstes
Erkennen; denn er mißt nach eignem Maß
Sich bald zu klein und leider oft zu groß.
Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, nur
Das Leben lehret jedem, was er sei ..
Ein süßer Kern — doch leider! der Dichter die¬
ser „Komödie der Auferstehungen“ hat ihn hinter
nennmal neun Häuten und Schalen verborgen,
von denen einige recht spaßig und kunsperig zu
knacken sind, andre aber, zäh und geschwollen,
einen etwas faden Geschmack auf der Zunge zurück¬
lassen. Scherz und Ernst, Tiefsinn und Unsinn,
amüsanten Ulk und erzieherische Sittlichkeit in
eins durcheinanderzuwirbeln und aus diesem gro¬
tesken Chaos als Kosmos der Versöhnung den
Humor aufsteigen zu lassen, ist dem Dichter gar
nicht oder doch zu spät gelungen. Erst des
Ennuchen Babelbeck Epilog an die Zuschauer
schwingt sich zu der Überlegenheit und Freiheit
auf, durch die allein solche Harlekinaden und
Bellachinispäße, wie Scholz sie hier in brodeln¬
Phot. Hans Böhm, Berlin.
dem Kessel durcheinanderkocht, sich auf der Bühne
Paul Wegener als Bettler Kalab in der Groteske
der Kammerspiele rechtfertigen ließen — selbst
„Vertauf, e Seelen“ von Wilhelm von Scholz.
dann, wenn alle Mitspieler die souveräne Stil¬
schlägt er, von je ein Freund des Exotischen und
sicherheit bewiesen hätten, die Paul Wegener
Märchenhaften, den weiten orientalisch bunten
als Bettler Kalab in all den ihm zugemuteten
Mantel aus 1001 Nacht. Die uralte Lehre
Metempsychosen an den Tag legte.
von der Metempsychose, die seit der Brahmanen¬
Diese selbstironische Überlegenheit erinnert an
lehre der Inder nicht zur Ruhe gekommen ist
den, der für diesen neuen Ton in der Dramatik
und auch noch unter unsern heutigen Mystikern
sich sozusagen die Epauletts der Klassizität ver¬
und Theosophen ihre Anhänger findet, hat in dient hat, an unsern lieben frechen Bernard
seinen „Vertauschten Seelen“ ihre grotesk= Shaw. Und auf einmal fällt uns ein, daß ja
dramatische Gestalt gewonnen. Ein König, der wohl schon ein paar Monate vergangen, seit wir
sich in unreisem Übermut der Würde seines das letzte Stück von ihm zu kosten bekommen
Amtes wie der Liebe seiner Gemahlin gleich haben. Das ist ja aber unerhört, der Schade
unwürdig erweist, muß seine königliche Seele an muß sofort repariert werden! Nun, das Kleine
einen schmutzigen Bettler hingeben, der sich nun Theater unter den Linden ist aufmerksam genug.
mit diesem Hauch im Leibe der in ihrer trotzigen alsbald dafür zu sorgen, daß die „empfindliche
Verlassenheit leicht zur Untreue geneigten Königin Lücke“ sich schließe. Shaw ist eines neuen Ein¬
zugesellt, während des Königs leiblicher Teil, mit falls genesen, und während andre so unbescheiden
der Seele des Bettlers ausgestattet, in tollem sind, solche Neugeburten in die Windeln eines
tyrannischem Übermut tölpelhaft durch die Stra= Feuilletons zu betten, begnügt er sich damit,
ßen toht und sich auch sonst höchst unköniglich eine dreiaktige Komödie mit Vorspiel und Nach¬
aufführt. Das Unheil ist auf beiden Seiten spiel daraus zu machen. (Deutsch von Siegsr.
nicht groß. Königin Zemronda empfängt ja, Trebitsch bei S. Fischer, Berlin.) Der Einfall
ihrer hellenischen Schwester Alkmene im „Amphi= ist wirklich köstlich. Eine Komtesse erbittet sich
tryon“ ähnlich, in dem von der Straße geholten von ihrem gräflichen Vater als Geburtstags¬
Liebhaber nichts andres als die Seele ihres Ge= geschenk die Privataufführung eines Stückes, das
mahls, betrügt also den König mit dem König sie geschrieben, und zwar mit wirklichen Schau¬
selbst; und Kalab, der Bettler — nun, er bleibt, spielern auf der Bühne und wirklichen Kritikern
nachdem er die Königsseele hat wieder hergeben im Parkett. Dies Stück im Stücke nun, „Fau¬
müssen, ein Bettler wie zuvor. Nur edlen See= nys erstes Stück“, bekommen wir selbst vor¬
len, scheint Scholz sagen zu wollen, gedeiht der gesetzt. Überflüssig, zu bemerken, daß es unter
Seelenaustausch zum Heil und zur Länterung. der Maske des Dilettantismus allerlei Shawische