II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 303

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24 . Da S
eine seelenvolle Weiblichk it Wandel schafft, indem sie
(seelenvoll) einen zu sich ins Schlafzimmer holt.
Daß ihr doch gar nichts andres einfällt als diese übung.
Bei einer Leichtsinnigen: schön. Bei einer Wütenden:
schön. Doch bei einer Seelenvollen, .. ich finde das
zum Klettern komisch.
Weiß der Leser Bescheid? fühlt er Bescheid?
Schnitzler findet es ja auch nicht gut; aber so weit
Komöde wird er nicht, um diese kaum gewollte Komik
einer edlen Person zu gestalten ...
Er nennt sein Stück zwar Tragikomödie. Doch es
wird, für mein Empfinden, vieles zu ernst besprochen;
manches zu schwer genommen. Von der Aufhebung
des geschlechtlichen Alleinbesitzes, die heut in großen
Städten so gut wie vollzogen ist, unweigerlich tägliche
Fortschritte macht (so daß in großen besonnten Schich¬
ten, wie tief unten, ein strenges Innehalten der Mono¬
gamie unter die Naturspiele zu rechnen begonnen hat;
denn es soll hier nichts vertuscht und abgelogen: sondern
die Wahrheit geäußert werden)
— von der Aufhebung
des menschlichen Alleinbesitzes geschieht im Stück sehr
viel Wesens.
Hernach, im Kernpunkt, ist es nicht mehr der Fall.
Aber der Glühlichtfabrikant spricht beispielshalber so:
„Ich will dich anders fragen. Ich meine: wenn du ihn
von den Toten wieder aufwecken könntest, — dadurch
daß du dich bereit erklärtest ... seine Geliebte zu
werden. Oder: „Und jetzt zweifelst du daran, daß du
seine Geliebte würdest, selbst wenn du ihn damit wieder
von den Toten“... So der Fabrikant.
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Aber die Menschen bei Schnitzler sind einander nicht
böse, die einander betrogen haben. Das ist hübsch.
Genia nicht auf Adele Natter, die Bankiersfrau. Der
Bankier nicht auf den Geliebten seiner Frau. Dieser
Geliebte nicht bös auf den Geliebten der seinigen. Jeder
fischt aus den Kästen seiner nahesten Freunde.
Der Held hat seinem Bankier die Frau weggenommen.
Hernach nimmt er seinem Arzte die Braut weg. Diese
(ihrerseits) nimmt einer Freundin den Mann weg. Die
beraubte Freundin, was nun sie betrifft, nimmt einer
befreundeten Mutter ihren Sohn weg. . .. Und so. Der
Schnitzler ist nicht feig.
Mag er schon seine Menschen bei Wien leben lassen;
o daß ich von der eindringlichen Vorstellung ihres
Gehabes in zwei Minuten seekrank bin. Das Ethos
dieses tragikomischen (nicht genügend komitragischen)
Stücks kündet Folgendes. Jemand kann eine Frau
grenzenlos lieben — und ihr doch untreu sein. Das
wußten wir. Zweitens. Jemandem kann seine Frau
untreu gewesen sein — und er liebt sie doch sehr, wie
der Bankmensch Natter.... Die Gattin des Helden
gewahrt spät, daß in der Liebe alles wie ein Spiel
ist. (Am schlmmsten ist der Fähnrich dran. Er wird
von
einer Frau beglückt, obschon sie ihn nicht
liebt.
Von einem Mann erschossen, obschon er ihn
nicht haßt.) Etliche Zivilisierung, von einem
Dichter .. freilich mehr geplant als gestaltet, aber
doch von einem Pionier, der mit greulich wienerischen
Mitteln (Brechmitteln) der Weltliteratur einen oder
zwei neue Feststellungspunkte zufügt. Ecco.
Schreckliches vollzieht sich.
Nicht etwa Peterl. Percy;
Eine tiefe Abneigung meldet
irgendwo solle Schnitzler zeigen
Doch; er zeigt sie. Durch einen
Dieser einzig anständige Mensch
Was geht nun vor? Moral
tadelt er diese Menschen? Ode
ist ein Pionier?
Vielleicht erst das Eine, dann
Eine Absage wäre mir erwi
hat er zu viel impassibilité (oder
nein, zu viel impassibilité) um
Man wünschte doch Bestätigun
Mollusken, Widerlingen, Karikc
gar nichts gemein hat. ...
Ich wünschte dann, daß er
Finger angewöhnt — wie ein
Herausheben des Wesentlichen,
hier breit. Er gibt Langes. Tote
ist, merkt man erst nach dem Buc
halber, in das Gewirr und Gelc
praktischermaßen die Lebensaspekt
Mannes verlegt; vielleicht den
spiels. Unklug!)
IV.
In der Aufführung ist Herr H
gewachsen. Er beginnt, entscheid
Augen zu machen; nein, in den 2