II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 337

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24. Das 11e Land

merssticheleien und dem kon¬
Ich habe mich ohne Zandern für Schnitzler entschie= Und doch darf man sich des Erfolges freuen, wenn man
kkukusheim“ noch nicht voll¬
den, und habe es nicht bereut, wenn auch die seelischen
bedenkt, daß das Stück wenigstens zwei Akte lang mit
das einzelne Leute dazu ver¬
Feinheiten, die ja bei Schnitzler nie ganz ausbleiben kön¬
Menschen aus Fleisch und Blut operiert, die erst im dritten
den Münchener pocta laurca¬
nen, diesmal nur wie verkrochene Glühwürmchen durch
Akte zu Hampelmännern werden. Denkt man dabei an
es wohl nach diesem Schmied¬
das Dickicht von mühselig konstruierten Wendungen und
Blumenthals Sentimentalitäten oder Gustav Kadelburgs
lhafte Gewalten — weiß Gott,
stark sadenscheiniger Theatralik hindnrchglitzerten. Ettlingers
hahnebüchene Philisterlustigkeiten, so erscheint der voraus¬
kauerten, für das ihnen die
„Hydra“ entfesselte auch bei der dritten Aufführung noch
sichtliche Siegeszug der „Hydra“ durch Großdeutschland
end der Arbeit abhanden ge¬
dieselben Lachstürme, die man, zumeist ohne sich was zu
beinahe wie eine Kulturtat.
vergeben, mit stillem Schmunzeln mitfeiern durfte. Die
Allein: warum soll man an die Herren Blumenthal
ch papiernes Primanerdeutsch
„Hydra“, das ist das Publikum, das zu, besiegen, mit
und Kadelburg denken?...
viel Pathos so wenig gesagt
Schiller und Ibsen zu besiegen, der unverbesserliche
Unterdrücker eines Volkes nur
Idealist Hans Lindt, Mitdirektor des Gocthetheaters, sich
und die Unterdrückten aus¬
in den Kopf gesetzt hat. Vergebens bettelt sein Sozius und
Noch etwas ereignete sich während dieses sonnigen
So wenig die abgelegten
Geldgeber um nur ein einziges zotiges Schwänkchen zu¬
Herbstmonats in der von allen ausländischen Währungen
her verzückt in die feindlichen
gunsten seiner Börse; „nur über meine Leiche“, erklärt
verlassenen Stadt München.
zu Tode gehetzte Soldaten sich
der Idealist. Da schlägt sich seine Freundin, die es satt
„Ein Kind ward hier geboren!“ singt feierlicherweise
kit dem Herdeklamieren einer
ist, immer nur intellektuelle Heldinnen zu spielen und auch
Haus Sachs in den „Meistersingern“.
ben, ehe sie als melodrama¬
ihre körperlichen Vorzüge gewürdigt wissen möchte, zur
Ein Kind, das neun Monate lang verzweifelt um
in Mütterchens Arme sinken.
gegnerischen Partei; und siehe da: im dritten Akt werden
sein Tasein gerungen und von allen Sachverständigen
nach dem Rotstift des Gym¬
im Goethetheater nur mehr Possen gespielt; die ehemalige
längst aufgegeben worden war. Nun steht es plötzlich da,
r „ungenügend“. Kritik ist an
Ibsendarstellerin erscheint im Trikot bis über die Ohren,
auf sicheren Füßen und beginnt zu wandeln auf einem
ht zu üben.
der Idealist besitzt ein herrliches Auto, eine noch herr¬
Wege, der reich an reizvollen Ausblicken und gar nicht
fäglich — wohl auch die Direk¬
lichere Villa, hält die Kunst nicht mehr für eine Göttin,
mehr problematisch erscheint.
nd beeilte sich, die Scharte so
der man dienen muß bis zum letzten Atemzuge (so dachte
Ich meine das Münchener Lustspielhaus, das unser
wetzen. Kaum vierzehn Tage
er im ersten Akt), sondern für eine „Melkkuh“, und als
Landsmann Dr. Eugen Robert ulliger Weise vor genau
der eine Uraufführung: Karl
man ihm von Schiller spricht, da sagt er wieder: „Nur
nenn Monaten übernommen und bis vor kurzem unter
eutschen Witzblätter unter dem
über meine Leiche!“
bitteren, schier aussichtslosen Kämpfen über Wasser ge¬
hlbekannt, versuchte sich zum
Man sieht: die Rechnung geht glatt auf. So glatt,
halten hat.
Ich konnte den starken Er¬
daß der nüchterne Kapitalist der ersten Akte zum Schluß
Man bedenke: er kam aus Berlin, wo ihm finanzielle
Lustspiel in drei Akten ohne
der Einzige sein muß, der sich seines Glückes schämt und
Schwierigkeiten das Steuer des von ihm gegründeten
omik“ nennt es Herr Ett¬
nun nach Schillern schreit. Das Publikum hatte viel Freude
Hebbel=Theaters aus der Hand gerungen hatten. Kam
kre fand, erst anläßlich einer
an dem gut funktionierenden Rechenexempel, noch mehr
mit dem Kainszeichen, auch „Pleite“ genannt, in eine
#tieren. Denn an jenem Abend
an den eingestreuten Kulissen= und Literatenscherzen, die
fremde Stadt und eröffnete — nicht etwa ein neues
drei Premieren auf einmal:
der Verfasser wohl als Ersatz für Ehebruch und Si¬
Theater, denn ein neues Haus steht von vornherein im
Schnitzlers „Das weite Land“
tuationskomik zum besten gab.
Mittelpunkte des allgemeinen Interesses und muß sich
Beer=Walbrunns Oper „Don
Im ganzen: auch ein Stück, das die gefürchtete
erst durch allzu gediegene oder allzu minderwertige
ofbühne. (Nebenbei: eine ganz
Hydra in eine Melkkuh verwandeln wird und das der
Leistungen die Gunst des Publikums verscherzen, wenn
für das „München ohne
Held Ettlingers, Direktor Lindt, in den ersten zwei Akten
es zugrunde gehen soll, sondern ein jahrelang von
iser waren ausverkauft!)
seiner Direktionstätigkeit gewiß nicht augenommen hätte, Hand zu Hand gewandertes, übelbeleumundetes Rauch¬