II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 343

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die von der unseren und im lnstigen pointenreichen
UTT.
Allgemeine
Zeitung
Seite 721.
des nicht eben tiefen, aber unterhaltsamen und — wie schon
herzlichen Erfolg gebracht. Das Werk zeigt gegen früher sehr
im Titel angedeutet — sehr anständigen Ettlingerschen
zum Vorteil eine etwas knappere, präzisere Fassung. Wenn es
Stückes, weniger in der Entwicklung der Charaktere und in
trotzdem auch jetzt der Text von Gg. Fuchs nicht zu fließender
der Wahrscheinlichkeit der Lösung. Als nämlich durch eine
dramatischer Gesamtwirkung bringen will, so liegt das im
lustige Intrige hinter dem Rücken des ideal gesinnten Dichter¬
Stoff begründet. Der Roman des Cervantes hat den Schwer¬
Direktors in diesem „Goethe=Theater“ ein grausam blödsinni¬
punkt seiner künstlerischen Bedeutung und Anziehung in der
ger Schwank aufgeführt wird und beim Publikum einschlägt,
detaillierten Charakter= und Milienschilderung. Dafür ist aber
läßt Ettlinger seinen guten Hans Lindt so sehr vom Glanze des
in einer Bühnendichtung kein Raum: darum muß hier trotz
nun eifrig zuströmenden Goldes verblendet werden, daß er
der im ganzen geschickten theatralischen Arbeit vieles farb¬
alle seine bisherigen Ideale über den Haufen wirft und nun
und interesselos bleiben. Das gilt so ziemlich für die ganze
weit ärger als sein nüchterner, praktischer Kompagnon das
Umgebung des Haupthelden; die Versuche aber zu dessen eige¬
französische Schwankrepertoire protegiert. Das Stück schließt
ner intimerer Charakterisierung, die notwendig zu langatmi¬
mit dem fünfjährigen (!) Jubiläum dieses Goethe=Theaters.
gen Monologen, Soloszenen und dergleichen führen müssen,
Hans Lindt ist zu einem ein bißchen unwahrscheinlich eitlen,
sind dem Fortschreiten der Handlung nicht eben förderlich.
auf seine Orden eingebildeten, reichen Tropf geworden, der
Unter diesen Verhältnissen mußte natürlich auch der Kompo¬
im Gelde schwimmt, eine Villa und Automobil besitzt, seine
nist den Dramatiker verschiedenlich hinter den musikalischen
Liebe vom Theater heiratet und sich selber eine lächerliche
Genremaler zurücktreten lassen. Im übrigen offenbart er sich
Jubiläumskomödie vorspielt. Vielleicht kam diese Wandlung
als ein Musiker von abgeklärt reifem Können und Empfinden.
auch deshalb etwas schief und unwahrscheinlich heraus, weil
Den ziemlich konservativen Stil kann man nach dem Spruch
Herr Waldau, der Darsteller Lindts, zum Schluß des Guten
„Wie er mußt, so konnt' er's“ nur gutheißen; Beer will eben
gar zu viel tat. Seinen Gegenspieler gab Herr Peppler, den
nicht durch geistreichelndes Modernistentum nach bewährten
beiden steht an Bedeutung der Rollen zunächst Fräulein Woi¬
Mustern bestehen: — er will nur sich selbst geben, und das ver¬
wode in der Rolle der Schauspielerin und Ludwig Heller als
leiht seiner Musik den so sympathischen Grundton des Wah¬
jüdischer Theateragent und späterer Mitdirektor Julius
ren, Aufrichtigen, unmittelbar Empfundenen. Die Technik
Rosenberg — eine sehr gelungen dem Leben abgelauschte
ist eminent feinädrig — zu feinädrig fast für die Welt der
Figur. Die Leutchen sprechen überhaupt alle sehr natürlich,
Kulissen, die eines gewissen al fresco nie so ganz entbehren
und es gibt keine Längen und Lücken. Ja dadurch, daß man
kann; und doch — an der reich polyphonen und trotzdem
das an sich nicht lange dreiaktige Stück mit nur einer einzigen
dezent abgetönten Orchesterführung und den kontrapunktisch
Pause rasch herunterspielte, vermied man gerade den Fehler,
meisterhaften Ensembles kann jeder Musiker aufrichtige
auf den wir oben nicht zum ersten Male bedauernd aufmerk¬
Freude haben. Die groteske Charakteristik der Tonsprache,
sam machten. Sagt es einem nicht schon die gesunde Vernunft,
die der Stoff nahe legt, hält sich von jeder Uebertreibung
daß selbst einem schwachen Stück durch ein rasches und tem¬
fern; daneben kommt zur rechten Zeit auch ausdrucksvoll edle
peramentvolles Spiel eher über Untiefen hinwegzuhelfen ist,
Lyrik zu Worte, so daß sich ein auch durch Gegensätze an¬
als durch das Gegenteil? Karl Ettlinger könnte bei allem Witz
ziehendes musikalisches Gesamtbild ergibt.
und Geist nicht der erfolgreiche Satiriker sein, der er ist,
Die Aufführung unter Röhrs sorgfältiger musikalischer
wenn ihm nicht auch ein tieferbohrender Pessimismus eigen
Leitung verlief im allgemeinen recht befriedigend. Im Mit¬
wäre. Bei aller Heiterkeit des Sujets und der Handlung liegt
telpunkt des Interesses stand natürlich der stimmlich glän¬
seinem Lustspiel doch eine ebenso ernste wie bekannte Lebens¬
zende, prächtig charakterisierte Don Quijote des Herrn Fein¬
erfahrung zugrunde: Mundus vult Schundus. Wir werden
hals, der in Herrn Sieglitz einen würdigen, köstlich humor¬
das Publikum nicht ändern, aber mitunter ist es gut,
vollen Sancho zur Seite hatte. Frau Tordek und Herr Buys¬
wenn ihm, sei es ernst, sei es scherzhaft, ein bißchen
son als Liebespaar schienen stimmlich nicht sonderlich dispo¬
die Wahrheit gesagt wird. Die Gerechtigkeit erfordert
niert; besser fanden sich Frau Kuhn=Brunner, Frl. Höfer und
übrigens ausdrücklich zu bemerken, daß der Beifall, den
die Herren Bauberger, Gillmann und Lohfing mit den klei¬
Schnitzler drüben im ausverkauften Residenztheater am
neren Füllpartien ab.
Die Chöre lösten ihre schwierige Auf¬
zweiten Abend fand, zwar minder heiter, aber kaum weni¬
gabe ziemlich korrekt.
Wirks lebensvolle Regie wäre im
ger stark war, als herüben im Schauspielhause bei Ettlingers
einzelnen etwas stärkere Betonung des grotesk Satirischen zu
Hydra. Unbegreiflicherweise, aber wer lernt je das Publikum
zu wünschen gewesen.
Für den starken herzlichen Beifall
aus? Ettlinger nennt es eine Hydra, also ein vielköpfiges Un¬
konnte der Komponist persönlich danken.
geheuer. Es müssen also doch bei Schnitzler gerade die rechten
I. V.: Dr. Eugen Schmitz.
Köpfe anwesend gewesen sein.
Der Sekretär der Vereinigten Theater hat wieder seinen
Almanach herausgegeben, in dem neben den herkömmlichen
Porträten und Inseraten — die letzteren sind für den Leser
eine ebenso wenig erwünschte Zugabe wie die höchst mangel¬
hafte drucktechnische Ausstattung — das Resultat der vorigen
Spielzeit gezogen wird. Daraus ist unschwer zu ersehen, daß
im Schauspielhause wie im Gärtnertheater sehr fleißig ge¬
arbeitet worden ist. Freilich des Bleibenden, das wir in die
kommende Saison oder vielleicht gar noch weiter auf unseren
Lebensweg mitnehmen, ist auch diesmal nicht eben viel.
Eigentlich hat das Schauspielhaus nur ein einziges Stück her¬
ausgebracht, das von Dauer sein wird. Es ist das Beste, das
überhaupt die letzten zehn bis zwanzig Jahre gebracht haben:
Korl Schönherrs Glaube und Heimat. Daneben nehmen wir
in weltenfernem Abstand nur Schnitzlers Anatol und — das
kleine Schokoladenmädchen in diesen Jahrgang hinüber. Noch
viel trauriger freilich steht es bei der Operette, wo zwar immer
noch einzelne der im vorigen Jahre zum erstenmal vorgeführ¬
ten Operetten zur Darstellung gelangen, aber wohl nur einzig
deshalb, weil nichts besseres Neues auf den Markt gekom¬
men ist.
Alfred Frhr. v. Mensi.
Im Hoftheater ist am 14. Oktober nach dreijähriger Pause
Beer=Walbrunns „Don=Quijote"=Oper zu neuem
Leben erstanden und hat es abermals zu einem warmen,