II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 351

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24 Das veite Land
de. Kouz
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sie die Vernunft der Lüge bezichtigt, kann sie uns, den Menschen
des zwanzigsten Jahrhunderts, die wir endlich einmal die Taten der
sich vertrauenden Vernunft sehen wollen, nicht helfen. Da sie aber
auch wieder mit einem von Nietzsche angeregten, durch Kant geschwäch¬
ten Angurenlächeln die verlogen entstandene Verstandeswelt bestätigt,
kann sie uns auch nicht einmal als Gift und Waffe des Widersachers
wertvoll, (das heißt negativ wertvoll) sein. Dazu fehlt auch Vai¬
hinger alles Revolutionäre und Radikale. Wenn man sein kleines
Nietzschebüchlein liest, das, wie alle Schriften dieses vornehmen
Geistes, in einem faßlichen, klaren, unabgründigen Deutsch geschrieben
ist, wird einem klar, daß es das tragische Verhängnis dieses Mannes
ist, den dämonischsten Geist der neuen Zeit so durch logische und theo¬
retische Fundierung verdünnt zu haben, daß wir uns zwar nicht mehr
an seiner Diabolie vergiften, aber auch an seiner Flamme nicht mehr
entzünden können.
Ans Licht
Ae zarter und wärmer man liebt, desto mehr entdeckt man an sich
statt der Reize nur Mängel, weil man des geliebten Gegenstandes
nie würdig genug zu sein glaubt. Ebenso werden uns unsere kleinern
Flecken erst auf den höhern Stufen der Religion bekannt, und das Gewissen
fordert immer strenger, je mehr man es befriedigt. Liebe und Religion
gleichen hier der Sonne; bei bloßem Tag= und Kerzenlicht findet ihr die
ganze Zimmerluft rein und ungekrübt von fremden Körpern; aber ein ein¬
ziger Sonnenstrich zeigt, wie viele Stäubchen in ihr schweben.
(Jean Paul, Erntefestpredigt.)
Theater
von Arthur Eloesser
Das weite Land. Tragikomödie von Arthur Schnitzler. (Residenz¬
theater, 18. November.) Hahnenkampf von Heinrich Lautensack.
(Lustspielhaus, 22. November.)
—in hübsches Intermezzo aus dem an Einzelfällen überhaupt
(“ reichen Reigenprozeß, das sich gerade in dem Augenblick ab¬
spielte, als Käthe Dorsch, auch durch ihr Monokel nicht un¬
kenntlich gemacht, den großen Schwurgerichtssaal betrat. — Also in
diesem Augenblick sagte der Staatsanwalt: Daß der Angeklagte Sladek
nur materielle, aber keine künstlerischen Interessen verfolgt, wird schon
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