24. Das Geite-Land
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der Komodte, songee erscheint ner episödisch ale ein moderner,
Cpikurder, um „Mitien zu verbreiten“ und nnechte Perlen von
Philosophie“ zum besten zu geben. Die eigentliche Handlung des
Stückes bestreiten vier andere: Der Fabrikant Hofreiter, seine Frau.
deren Geliebter, ein Marinefähnrich (der Sohn Alaners) und eine
Demi=Vierge. Fräulein Erna Wahl, die im „Höhenrausch“ des
Gebirges sich dem Fabrikanten an den Hals wirft und seine Ge¬
liebte wird. Aber bevor diese beiden Paare „sich finden“, führt!
Schnitzler eines seiner bekannten Probleme vor, das sich nicht lösen
läßt und darum zuguterletzt mit einem Pistolenschuß verpufft, dem
der junge Fähnrich zur See zum Opfer fällt. Frau Hofreiter hat
nämlich, so wird uns zu Anfung des ersten Aktes erzählt, einen
jungen Pianisten, den sie angeblich nicht erhören wollte in den Tod
getrieben. Herrn Hofreiter, der wiederum ein altes Verhältnis mit
Fran Ratter, der Gattin seines Freundes, unterhal, ist diese Zurück¬
haltung seiner Frau insofern etwas peinlich, als etoffenbar allzu
gern sühe, daß auch sie ihr Techtelmechtel und infolgedessen nichts
vor ihm voraus habe. Denn darauf kommt die ganze Sache schlie߬
lich hinaus. Als Hofreiter dann später erfährt, daß seine Frau
den jungen Fähnrich Nachts in ihr Fenster steigen laßt, almet er
sin „sittlicher" Erleichterung auf und meint in unübertrefflich selbst¬
gerechter Weise: „Es ist mir wie eine — innere Befreiung. Es ist
gewissermaßen, als hätte sie Sühne getan für den Tod Korsakows
i. der Pianist) und zwar in einer höchst vernünftigen und
schmerzlosen Weise. Sie fängt an, mir wieder menschlich nahe
zu sein!!" Die unverblümte Erotik treibt also auch in diesem
Schnitzlerschen Stücke wieder ihr Wesen nur gegen früher mit dem
Unterschiede, daß sie nicht mit der graziösen Leichtfertigkeit auftritt,
sondern ihre Figuren wie Marionetten aufziehen läßt. Erna Wahl
sowohl wie der Fähnrich, die beide im Leben des Ehepaares Hof¬
reiter eine Rolle spielen, sind ganz anders angelegt, als sie später
sich entwickeln und treten beide unvermittelter auf den Plan als es
ein logisch aufgebauter Bühnenvorgang vertragen kann. Daß der
Ehemann Hosteiter schließlich in einer fast launigen Anwandlung
auf den seinem Charakter so garnicht entsprechenden Einfall kommt,
den Fähnrich wegen des „Einsteigens“ auf Pistolen zu fordern und
ihn aus Versehen niederzuschießen, liegt ebensowenig im Plan der
ganzen Tragikomödie, als in den Grundsätzen Hofreiters, einer
innerlich durch und durch haltlosen Natur. Für Breslau hat das
Stück seine besondere Bedeutung, als darin auch, wenigstens in der
Buchausgabe, eine episodische Figur erscheint ein Herr Serknitz aus
Breslau, der im Hotel des Badeortes so oft vergeblich nach seiner
reinen Wäsche fragt. Im Hinblick auf die viele schmutzige, die in
den Akten ausgebreitet wird, wirkt dieser Herr Serknitz aus Breslau
wie ein Apostel der sittlichen Neinheit, und wenn sie sich zunächst
auch nur in seinem Bedürfnis nach sauberen Oberhemden außert. Der
Verfasser hat auch mit diesem Stück die großen Erwartungen, die
man vor 15 Jahren nach dem Erscheinen seiner „Liebelei“ auf ihn
gesetzt hatte, nicht erfüllt. Der Stimmungsgehalt und die scharfe
Porträtierung der Charaktere, die sonst Schnitzlers starke Seite zu
sein pflegten, sind hier bei weitem nicht mit der alten Meisterschaft
gehandhabt, und geblieben ist eigentlich nur die Prägnanz
Dialogs, der zuweilen auch von witzigen und geistreichen Bemerkungen
dnrchsetzt ist. Der stark hervortretende Zug zur Pikanterie, der in
Schnitzlers fein geschliffenen Einaktern ganz an seinem Platze war,
beeinträchtigt hier in diesen fünf Akten, denen vor allem die innere
Einheitlichkeit fehlt, völlig den Zug ins Große und Kraftvolle. Und
was das „weite Land“ der Seele betrifft, so bleiben diese Seelen
schon am Grenzpfahl stehen, aus Furcht, sich darin zu verirren, sind
sie doch schon verirrt genug!
Die Aufführung unter Herrn Bonnos Regie litt unter einem
gewissen Stilmangel, der sich besonders in den ersten Akten sehr
empfindlich bemerkbar machte. Die Regie hatte das Stück aus dem
Wiener Milieu, in dem es recht eigentlich geboren ist, herausgeholt
und es nach irgend einer deutschen Mittelstadt transportiert, so
bürgerlich“ erschienen diese Typen, die doch das Wurmstichige und
Charatterlose dieser Weltstadtschicht zur Erscheinung bringen sollten.
Es fehlte so die kapuensische Luft mit ihrer entnervenden und ent¬
sittlichenden Ueppigkeit, und die Menschen machten zum Teil mehr
den Eindruck von harmlosen Schwerenötern, die auch einmal ihr
Liebesabenteuer haben wollen. So vermochte die Darstellung im
ganzen das Stück nicht zu retten, denn solche Tragikomodien mit dem
starken Einschlag des französischen Sittenstückes müssen ganz anders
gespielt werden, wenn sie irgendwelche Wirkung haben sollen. Der
Ton wurde ollzuhäufig zu solide und ehrbar genommen, und so blieb
auch das Publiium teilnahmslos und stürmte in den Pausen, wie es
im Stück heißt, „tief ergriffen ins Restaurant!“
Im einzeinen soll manches anerkannt werden. Herr Strobl
in der führenden Rolle (Hofreiter) gab dieser saft= und kraftlosen
Figur den chatalteristischen Ausdruck, stand indessen ziemlich einsam
in diesem Milien, denn seine Partnerin, Frau Santen (Genia),
nahm ihre Nolie viel frauenhaft ehrbarer und gründlicher, als dem
ganzen Gesellschaftsbilde und seiner Prägnanz nutzlich war. Fräulein
Lind (Erna) jand sich erst allmählich in ihre Rolle hinein, die wohl
besser Fräulein Kernic zugeteilt worden wäre. Fräulein Linds
Beanlagung dürfte für diese Art großstädtischer Jungfrauen“ nicht
gerade in Betracht kommen. Herr Skoda mußte sich mit einer recht
kümmerlich bedachten Rolle (Fähnrich) begnügen und versuchte, das
Mögliche aus ihr herauszuholen. Herr Elfeld spielte einen „an¬
ständigen" Biedermann (Dr. Mauer) mit wohl abgemessenem Ernst.
Herr Bauer kam mit seinem Aigner, einem Don Juan gefährlichster
Ant. nicht recht heraus. In einer recht überflüssigen Füll=Rolle be¬
mühte sich Herr Iltz. Auch Herr Schmidt (Natter), unser
Charakterspieler, wußte nicht recht, was er für das Stück tun konnte.
Genannt seien ferner die Damen Salta, Eckert (wohl allzu
kleinbürgerlich) und Kernic, die Herren Halpern, Glase:
mann, Koch und Lion in kleineren Rollen, die zur Handlung in
loser oder gar leiner Beziehung standen.
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der Komodte, songee erscheint ner episödisch ale ein moderner,
Cpikurder, um „Mitien zu verbreiten“ und nnechte Perlen von
Philosophie“ zum besten zu geben. Die eigentliche Handlung des
Stückes bestreiten vier andere: Der Fabrikant Hofreiter, seine Frau.
deren Geliebter, ein Marinefähnrich (der Sohn Alaners) und eine
Demi=Vierge. Fräulein Erna Wahl, die im „Höhenrausch“ des
Gebirges sich dem Fabrikanten an den Hals wirft und seine Ge¬
liebte wird. Aber bevor diese beiden Paare „sich finden“, führt!
Schnitzler eines seiner bekannten Probleme vor, das sich nicht lösen
läßt und darum zuguterletzt mit einem Pistolenschuß verpufft, dem
der junge Fähnrich zur See zum Opfer fällt. Frau Hofreiter hat
nämlich, so wird uns zu Anfung des ersten Aktes erzählt, einen
jungen Pianisten, den sie angeblich nicht erhören wollte in den Tod
getrieben. Herrn Hofreiter, der wiederum ein altes Verhältnis mit
Fran Ratter, der Gattin seines Freundes, unterhal, ist diese Zurück¬
haltung seiner Frau insofern etwas peinlich, als etoffenbar allzu
gern sühe, daß auch sie ihr Techtelmechtel und infolgedessen nichts
vor ihm voraus habe. Denn darauf kommt die ganze Sache schlie߬
lich hinaus. Als Hofreiter dann später erfährt, daß seine Frau
den jungen Fähnrich Nachts in ihr Fenster steigen laßt, almet er
sin „sittlicher" Erleichterung auf und meint in unübertrefflich selbst¬
gerechter Weise: „Es ist mir wie eine — innere Befreiung. Es ist
gewissermaßen, als hätte sie Sühne getan für den Tod Korsakows
i. der Pianist) und zwar in einer höchst vernünftigen und
schmerzlosen Weise. Sie fängt an, mir wieder menschlich nahe
zu sein!!" Die unverblümte Erotik treibt also auch in diesem
Schnitzlerschen Stücke wieder ihr Wesen nur gegen früher mit dem
Unterschiede, daß sie nicht mit der graziösen Leichtfertigkeit auftritt,
sondern ihre Figuren wie Marionetten aufziehen läßt. Erna Wahl
sowohl wie der Fähnrich, die beide im Leben des Ehepaares Hof¬
reiter eine Rolle spielen, sind ganz anders angelegt, als sie später
sich entwickeln und treten beide unvermittelter auf den Plan als es
ein logisch aufgebauter Bühnenvorgang vertragen kann. Daß der
Ehemann Hosteiter schließlich in einer fast launigen Anwandlung
auf den seinem Charakter so garnicht entsprechenden Einfall kommt,
den Fähnrich wegen des „Einsteigens“ auf Pistolen zu fordern und
ihn aus Versehen niederzuschießen, liegt ebensowenig im Plan der
ganzen Tragikomödie, als in den Grundsätzen Hofreiters, einer
innerlich durch und durch haltlosen Natur. Für Breslau hat das
Stück seine besondere Bedeutung, als darin auch, wenigstens in der
Buchausgabe, eine episodische Figur erscheint ein Herr Serknitz aus
Breslau, der im Hotel des Badeortes so oft vergeblich nach seiner
reinen Wäsche fragt. Im Hinblick auf die viele schmutzige, die in
den Akten ausgebreitet wird, wirkt dieser Herr Serknitz aus Breslau
wie ein Apostel der sittlichen Neinheit, und wenn sie sich zunächst
auch nur in seinem Bedürfnis nach sauberen Oberhemden außert. Der
Verfasser hat auch mit diesem Stück die großen Erwartungen, die
man vor 15 Jahren nach dem Erscheinen seiner „Liebelei“ auf ihn
gesetzt hatte, nicht erfüllt. Der Stimmungsgehalt und die scharfe
Porträtierung der Charaktere, die sonst Schnitzlers starke Seite zu
sein pflegten, sind hier bei weitem nicht mit der alten Meisterschaft
gehandhabt, und geblieben ist eigentlich nur die Prägnanz
Dialogs, der zuweilen auch von witzigen und geistreichen Bemerkungen
dnrchsetzt ist. Der stark hervortretende Zug zur Pikanterie, der in
Schnitzlers fein geschliffenen Einaktern ganz an seinem Platze war,
beeinträchtigt hier in diesen fünf Akten, denen vor allem die innere
Einheitlichkeit fehlt, völlig den Zug ins Große und Kraftvolle. Und
was das „weite Land“ der Seele betrifft, so bleiben diese Seelen
schon am Grenzpfahl stehen, aus Furcht, sich darin zu verirren, sind
sie doch schon verirrt genug!
Die Aufführung unter Herrn Bonnos Regie litt unter einem
gewissen Stilmangel, der sich besonders in den ersten Akten sehr
empfindlich bemerkbar machte. Die Regie hatte das Stück aus dem
Wiener Milieu, in dem es recht eigentlich geboren ist, herausgeholt
und es nach irgend einer deutschen Mittelstadt transportiert, so
bürgerlich“ erschienen diese Typen, die doch das Wurmstichige und
Charatterlose dieser Weltstadtschicht zur Erscheinung bringen sollten.
Es fehlte so die kapuensische Luft mit ihrer entnervenden und ent¬
sittlichenden Ueppigkeit, und die Menschen machten zum Teil mehr
den Eindruck von harmlosen Schwerenötern, die auch einmal ihr
Liebesabenteuer haben wollen. So vermochte die Darstellung im
ganzen das Stück nicht zu retten, denn solche Tragikomodien mit dem
starken Einschlag des französischen Sittenstückes müssen ganz anders
gespielt werden, wenn sie irgendwelche Wirkung haben sollen. Der
Ton wurde ollzuhäufig zu solide und ehrbar genommen, und so blieb
auch das Publiium teilnahmslos und stürmte in den Pausen, wie es
im Stück heißt, „tief ergriffen ins Restaurant!“
Im einzeinen soll manches anerkannt werden. Herr Strobl
in der führenden Rolle (Hofreiter) gab dieser saft= und kraftlosen
Figur den chatalteristischen Ausdruck, stand indessen ziemlich einsam
in diesem Milien, denn seine Partnerin, Frau Santen (Genia),
nahm ihre Nolie viel frauenhaft ehrbarer und gründlicher, als dem
ganzen Gesellschaftsbilde und seiner Prägnanz nutzlich war. Fräulein
Lind (Erna) jand sich erst allmählich in ihre Rolle hinein, die wohl
besser Fräulein Kernic zugeteilt worden wäre. Fräulein Linds
Beanlagung dürfte für diese Art großstädtischer Jungfrauen“ nicht
gerade in Betracht kommen. Herr Skoda mußte sich mit einer recht
kümmerlich bedachten Rolle (Fähnrich) begnügen und versuchte, das
Mögliche aus ihr herauszuholen. Herr Elfeld spielte einen „an¬
ständigen" Biedermann (Dr. Mauer) mit wohl abgemessenem Ernst.
Herr Bauer kam mit seinem Aigner, einem Don Juan gefährlichster
Ant. nicht recht heraus. In einer recht überflüssigen Füll=Rolle be¬
mühte sich Herr Iltz. Auch Herr Schmidt (Natter), unser
Charakterspieler, wußte nicht recht, was er für das Stück tun konnte.
Genannt seien ferner die Damen Salta, Eckert (wohl allzu
kleinbürgerlich) und Kernic, die Herren Halpern, Glase:
mann, Koch und Lion in kleineren Rollen, die zur Handlung in
loser oder gar leiner Beziehung standen.