II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 375

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24. Das Jeite Land

an die Vorzuge von Schnitziers früheren Dramen, sondern an seinen ses indessen vor, sie zu verabschieden und allein zu neuen Liebes¬
unerquicklichen Roman „Der Weg ins Freie“ (1908) mit dessen endlosen
abenteueen nach Amerika auszuwandern. Der Tod des armen Oltol
Wiederholungen wird man erinnert. Ja ich fürchte, die Leser der
wegen die Liebelei mit einer verheirateten Frau erinnert in etwas
Schlesischen Zeitung werden, wenn sie die Bekanntschaft mit der an¬
an Schnitzlers vielgerühmtes und mit Recht vielgerühmtes Jugenddrama,
faltige „Tragi¬
gefaulten Gesellschaft machen, die durch fünf Akte Ehebruch und Ver¬
Aber welch ein Abstand trennt ästhelisch wie ethisch die beiden ungleich¬
an Artur
führung als Inhalt des Daseins betreibt, an den im Mittwochblatte ge¬
artigen Werke!
74 S. 80) hier zum
schilderten Inhalt von Artur Landsbergers Romanen aus Berlin W. un¬
In der Burleske „Zum großen Wurstel“ hat Schnitzler mit Humor
München u
nd an neun
erfreulichst erinnert. So unendlich hoch der Dichter Schnitzler selbst in
und scharfem Witz seine eigenen und fremde Dramen parodiert. „Das
n Bühnen wollen durch
schwächsten Stunde über derartigen Machwerken selbstverständlich auch steht,
weite Land“ kann in manchem Zuge beinahe als Parohie er¬
en für die
ijungen
so erscheinen die im „weiten Land“ angeführten Personen und Zustände
scheinen. Die Echtheit und Lebenstreue der Gestalten, für deren jebe
gegen¬
Auflage
doch kaumbesser als die „Moral“ von Hilde Simon und ihrem Kreise.
einzelne Schnitzler zumeist ein bestimmtes Vorbild vor Augen stand,
berreiche
matische
Der sehr reiche Fabrikant Friedrich Hofreiter (Herr Strobl)
ist nicht anzuzweiseln. Aber wollte man das Stück mit der Begründung
di des V
ers nicht
erfährt, als er von dem Begräbnis eines ihm befreundeten russischen
verteidigen: so ist das Leben, dann wäre doch die Frage aufzuwerfen, ob
Feig
einer Lob¬
Klavierspielers nach Hause kommt, durch seine Gattin Genia (Frau
es eine dankbare Aufgabe des ernten Dramas — denn als Sectire kann
itzler und
Viener“
Santen), daß jener sich aus unglücklicher Liebe zu Frau Genia erschossen
man die Tragikomödie unmöglich auffassen — sein soll, uns ##in solches
s einen
nteressanten
habe. Trotz der fortgesetzten Untreue des Mannes, dessen Maitressen
Stück Leben in dieser Weise vorzuführen. In der „Liebelei“ gewinnt
ng des v
en Jahr¬
Frau Adele und Fräulein Erna (Fräulein Kernic und Lind) in
jeder Zuschauer einige Teilnahme für die jugendliche Heldin und ihren
eien hier „eing
efangen,
seinem Hause ein= und ausgehen, wird der unwiderstelliche Friedrch
alten Vater. Im „weiten Land“ ist kein einziger Mensch, der unser
ie heute“.
von seiner Frau noch geliebt; er dagegen fühlt sich neuerdings von ihr
Interesse zu erregen vermöchte, nicht einmal Otto, dessen Begabung
erzyklus „Marionetten“
abgestoßen, weil sie seinen Freund durch Verweiserung einer so un¬
ihm eine große Laufbahn versprechen soll. Es ist eine zu orbärmliche
eringem Erfolge, und
bedeutenden Extratour in den Tod getrieben habe. Dennoch gelingt
Gesellschaft, ums einen ganzen Abend uns in Anspruch zu nehmen.
Mizzi“ gegeben worden;
es Frau Genia beinahe, ihren Don Juan zu einem ehelichen „Zwischen¬
Sittenschilderung? die ist das unbestreitbare Recht des Dichters. Aber
kühlen Aufnahme des
spiel“ zurückzugewinnen, als er aufmerksam gemacht wird, das die von
dann sei auch an das neulich vorgeführte Wort Goethes übtt den rück¬
1904 im Lobetheater
seinem Freunde Dr. Mauer (Herr Elfeld), dem einzigen anständigen
sichtslosen Sittenschilderer Molière erinnert: der beherrschte die Sitten
enspiel“ (1908. 4. Auf¬
Menschen im ganzen Stücke, umworbene Demivierge Erna Wahl
seiner Zeit und war nicht von ihnen befangen. Von Schnitzlers
ich etwas anklingen, ist
(Fräulein Lind) sich gar gut zum nächsten Liebesverhältnisse eigne.
Schilderung von Wiener Finanzkreisen, Lebemännern und von der Ge¬
mal vorgeführt worden.
Die sehr emanzipierte junge Dame bleibt zunächst zweifelhaft, ob sie die
sellschaft geduldeten Dirnen dagegen gelten Schillers strafende Tenien,
1910) bekamen wir in
wohlbehütete Ehefrau Mauers werden oder Erregungen vom Leben
was könne „dieser Misère
Gerade die Freunde,
fordern soll. Sie entscheidet sich für die Liebschaft mit Herrn
Großes begegnen, was kann Großes denn durch sie geschehen?
„Beatricens Schleier“
Hofreiter während und nach einer gefährlichen Bergbesteigung,
Unseren Jammer und Not suchen und finden wir hier!“
dem um das deutsche
die zugleich ihrem in der Hütte zurückbleibenden Bruder Gustav
Diese Art von Lebenswahrheit nannte Schiller „die erbärmliche Natur“.
Sicherheit vorauszu¬
(Herr Iltz) erwünschte Gelegenheit gibt die Frau Rohn (Fräulein
Schnitzler will unter dem „weiten Land“ die menschliche Seele ver¬
ter erspart blieb. Mit
(Ferver) über die Abwesenheit ihres im Hotel an einem
standen wissen. Nun, „schöne Seelen“ hat er uns gerade nicht vor¬
iestem Werke entgegen.
Trauerspiel dichtenden Gatten (Herrn Glasemann) gründlichst
geführt, ja diese Leute, die in Herrn Friedrich Hofreiters Villa verkehren
ten, auch wirklich ge¬
zu trösten und den ahnungslosen Ehemann und Pocten über dieses
und in dem Hotel des Herrn von Aigner, dem nachgerühmt wird, daß
eine neue dichterische
„Domiuospiel“ in der Alpenhütte dann zu verhöhnen. Während das
er in jedem Dorse Tirols ein uneheliches Kind habe, bei benen sind
die unsere seit zwei
im eleganten Berghotel Herrn von Aigners (Herr Bauer) am Völser Weiher,
ganz andere Eigenschaften und Triebe ungleich stärker entwickelt, als
hart Hauptmann und
vorgeht, glaubt die auf ihrer Villa in Baden bei Wien zurückgebliebene Genia
lbe in letzter Zeit zu
was man gewöhnlich unter seelischen Regungen versteht. Die Liebe
ihren Mann durch das eigenartioe Mittel zurückzugewinnen, daß sie die
Schnitzlers zu seinem Wien, wie Feigl sie jüngst geschildert hat, ist ein
Bangen unwillkürlich
zärtlichen Liebeswerbungen des blutjungen Marinefähnrichs Otto (Herr
Dichters auf:
schöner Zug an dem so hochbegabten, in vielem vortrefflichen Dichter.
Skoda) das Sohnes, des Hoteldirektors von seiner geschiedenen Frau,
Aber sein Roman und seine letzten Dramen rufen uns die Warnung
einer berühmten Schauspielerin (Fräulein Salta), erhört, um ja nicht
m.
eines anderen Dichters, der sein Wien mit ganzer Seeie umfaßte, ins
einen zweiten Selbstmord eines abgewiesenen Liebhabers zu
Gedächtnis. Grillparzer warnte seine dichtenden Genossen vor dem ge¬
enwerk liefern wollen,
verschulden. Allein merkwürdiger Weise faßt ihr Gatte in einem
liebten Wien:
dem Sinne, daß nur
Anfall übler Laune die Sache diesmal anders auf. Da der Bankier
„Entnervend weht dein Sonnenhauch,
eiten zur Empfehlung
Natter (Herr Schmidt) durch die Mitteilung der Verführung seiner
Du Kapua der Geister.“
se Anatolszenen, seine
Frau nicht zum Duell zu bewegen ist, insultiert Friedrich in brutaler
Man könnte in Schnitzlers Roman und letzten Dramen wie bei
Lebendige Stunden“;
Weise den jungen Fähnrich und schießt ihn im Zweikampf über den
Hofmansthal, so verschiedenartig, ja entgegengesetzt die Richtungen der
der leider völlig un¬
Haufen. Besonderen Spaß macht es Herrn Friedrich Hofreiter, dabei
beiden Wiener Dichter sind, diese üble Einwirkung herausspüren.
ier der Beatrice“, für
als Sekundanten Herrn Natter und Oderleutnant Stanzides,
An die Aufführung stellt Schnitzlers „Tragikomödie“ ziemlich hohe
daß die lang zurück¬
den Gatten und den jetzigen militärischen Geliebten seine abgedankten
Anforderungen. Aber wenn es unseren Darstellern auch nicht gelang
e Auflage erlebte, in
Maitresse Adele, zur Seite zu haben. Diesen Husarenleutnant Stanzides
und nicht gelingen konnte, die schwache Komposition des Dramas als
urger Schauspielhause
hätte Heir Oberregisseur Bonno, dessen übrige recht umfang¬
Ganzen zu verdecken, so haben sie doch die einzelnen Szenen, in denen
en Werte gewürdigt
reiche Striche ich bei dieser Tragikomödie wohl angebracht
Schnitzlers Stärke liegt, zu starker Wirkung gebracht. Die ersten zwei
Dichtungen Schnitzlers
finde, nicht beseitigen sollen. Ist er doch gerade in feiner Unbe¬
Akte waren matt und die Inszenierung des Hotels im dritten ließ sehr
seine neueste „Tragi¬
deutendheit bezeichnend für dieses Milieu. Man braucht in diesen vor¬
viel zu wünschen übrig. Auch hörte man im Publikum vielfach klagen,
er Schnitziers sichere
urteilsfreien Millionärkreisen Offizieren als Liebhaber und Sekundanten
daß durch das an sich berechtigte Streben nach Abtönung viele
Bühnenkenntnis. Ge¬
und gelegentlich auch, um durch ein Duell, zu dem Leute von Herrn
Reden unverständlich blieben. Aber im Ganzen dürfen Herr Bonno
her Wendungen, aber
Natters Schlag nicht zu haben sind, der abgestumpften Blasiertheit
und seine Künstlerschar sich ihre, trefflichen Leistungen freuen.
er allzu deutlich auf neuen Reiz zu verleihen.
ie
Geliebte möchten als Begleiterin
Herr Strobl ist wohl nicht so¬
#nd verführerisch, wie
undramatisch. Nicht 1 des Rächers seiner Ehre die Heimat verlassen, dieser zieht] Schnitzler seinen Liebeshelden denki,
Durchführung der
Rolle
ihr
sonder
eine
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Ganze