II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 419

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24. Das weite-Land
Ausschnitt aus: Hamburger Nachrichter
remi-IG UKIOBER 1511esburt

außerlichen Erfolg.
Schnitzlers Tragikomödie „Das weite Land“ hat am Sonn¬
abentean breizehn Bühnen seine Uraufführung erlebt, über
die Aufnahme in Hamburg und Wien haben wir schon be¬
richtet. Unser hg.=Mitarbeiter meldet uns über die Auf¬
führung in München: Bei der Uraufführung Arthur Schnitzlers
fünfaktiger Tragikomödie „Das weite Land“ verhielt sich die
Zuhörerschaft anfangs sehr zurückyaltend. Vom dritten Akt an hob
sich die Stimmung andauernd und nach dem Schluß konnte Regisseur
Basil im Namen des Verfassers für die freundliche Aufnahme
danken.
Wie uns unser Lir
6 0. 191 Hannoverscher Courier
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1
erienmung.
= Der neue Schnitler in Hamburg. Man schreibt uns
aus Hamburg,: Bei der Hamburger Erst¬
aufführung wurde Schnitzlers oft in trügerische Episoden
zerflatternde, gelegentlich (im vierten Akt) allzutheatralische,
aber in der Dialogführung und in der Grundidee dichterische
Tragikomödie „Das weite Land“ sehr freundlich auf¬
genommen. Die sozusagen im Leben stehenden Hamburger
haben natürlich wenig Beziehungen zum eigentlichen Seelen¬
drama „Das weite Land“. Aber das Stoffliche, Pilante,
Wienerische scheint ihnen sehens= und anhörenswürdig. So
wird, was ursprünglic) inneres Leben war, Aufputz und An¬
nehmlichkeit. Aber immerhin: auf diese Weise gelangt ein
doch primitives, weil von den Hindernissen des Alltags arg,
gehetztes Publikum, zu seinem bißchen Kunst. Unter Hage¬
manns korrekter und manchmal feiner Regie wurde recht
stimmungsvoll gespielt. Nhil war ein kultivierter und
über das stercotyp Wirkungsvolle weit hinausgehender Hof¬
reiter. Gewissermaßen verdünnter Extrakt aus Ibsens
Baumeister Solneß und Strindbergs „Totentanz'=Kapitän.
Dr. A. S.
MTH. DeT
Aus Hamburg meldet uns unser k-Korrespondent:
Im Hamburger Deutschen Schauspielhaus brachte es
am Sonnabend abend Schnitzlers Tragikomödie
„Das weite Land“ ner der sehr sorgfältig
aufs Detail arbeitenden Regie Karl Hagemanns zu
einem freundlichen Erfolg, obwohl einige Stiecken
dieses weitschichtigen Romans in Dialogsorm das
Publikum sichtlich ermüdeten. In den Hauptrollen
glänzten Robert Nhil und Marie Elsinger.
v. Puttkammer Hoftheater=Inten¬
dant in Hahnover. Wie wir, entgegen anders
lautenden Meldungen, bereits Anfang September be¬
richten konnten, ist der bereits damals als Nachfolger
Ludwig Barnays genannte Stuttgarter Intendantur¬
Eleve Frhr. v. Putlkammer nunmehr vom Kaiser mit
der probeweisen Führung der hannoverichen Holtheater¬
Geschäfte betiaut worden. Seinerzeit wurde von
„maßgebender Seite“ die Mitteilung gebracht, daß
v. Putikammer als Nachfolger Barnays nicht in
Frage käme. Wie sich aber nun herausstellt, war
unsere damalige Meldung die richtige. v. Puttkammer
ist 1866 in Stolp i. P. geboren. Er war bis zum
Jahre 1909 Offizier und trat dann in den Verband
ges Stuttgarter Hoftheaters als Intendantur=Elebe cmn.
Hamburger Ech#
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Theater und Musik.
Deutsches Schauspielhaus.
Die Seele ist ein weites Land. Wer weiß was in ihr wohnt?
Wer kennt die Möglichkeiten ihrer Erscheinungen? Friedrich
Hofreiter liebt seine mollige und verständige Frau Genia. Und
sie liebt ihn. Doch so groß die Liebe ist, sie konzentriert sich
nicht zur Treue. Friedrich Hofreiter liebt in der Runde wie der
Schmetterling aus dem Kelch der Blüten nippt, deren leuchtende
der
Farben ihn locken. Seine Frau findet sich damit ab. Die Zu¬
neigung des Weibchens wird mählich zu mütterlicher Sorge.
Und Frau Genia bangt nur immer, ob ihres Mannes Liebes¬
affären gut für ihn ausgehen. Bisweilen spielt sie mit dem
hab
Gedanken, sich zu revanchieren. Ehe sie sich über die Seiten¬
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sprünge Friedrichs beruhigte, dachte sie gar daran, freiwillig aus
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dem Leben zu scheiden. Aber sie hat einen Buben, den sie lieb hat.
Auch die Flucht aus der ehelichen Gemeinschaft hat sie aufgegeben,
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eben weil sie von ganzem Herzen noch an ihrem Manne hängt.
seiner
Seele gerad
Und das hinderte sie auch an der Ausführung des Revanche¬
denn er entstammt
gedankens. Ein junger Musiker hat sie erfolglos umworben, und
leben und sich in ih
seine Leidenschaft war doch so groß, daß er sich erschoß, als er die
Fabel und P
Hoffnungslosigkeit seiner Liebe erkannte. Die Seele dieser Frau
Land“ sind intere
ist wie das weite Land. Wer kennt sich in ihr aus. Nicht einmal
Bei dem vielen 2
sie selbst. Denn schließlich erliegt sie doch dem Aerger über die
Nebenwerk steckt, fel
Nutzlosigkeit ihrer Treue. Und ein netter junger Fant gewinnt in
an der Weihe durch
nächtlichen heißen Stunden ihre Liebe und ihren Leib. Ein
komplizierter Fall.
innerster Anteilnahr#
gut motiviert. Nie
Komplizierter aber noch ist die Erotik des Herrn Friedrich
das? oder, weshall
Hofreiter. Er liebt, wie gesagt, seine Frau. Doch allen schwülen
Die Rechnung klap
Weibchennaturen erliegt er auf Anhieb. Angefressene Bankiers¬
verschlungenen Ansé
gattinnen genießt er und frühreife Mädel, und hat doch eine so
Nur fehlt das Hin
tiefe Leidenschaft im Herzen zu seiner Frau, daß er ihren Lieb¬
des Kunstwerks dabe
haber — nicht aus angeblich gekränktem Ehrgefühl oder einer
diesem zwischen Te
ähnlich wertvollen Salonverpflichtung — aus tief empfundener
Eifersucht niederschießt.
erotischem Tosen ta
stehen zu lassen.
Ein sonderbares Paar. Und doch wird es erklärt aus dem
Herr Dr. Hag
vom Dichter mit all der Arthur Schnitzler eignenden
fünf Akte meines G
Grazie und der Feinheit seiner Beobachtung und Detailgestaltung
Widerspiegelung des
gezeichneten Milieu. Es ist das immer geschäftige, schlaffe, stark
speziellen Wiener
parfümierte Wienertum in der modernen Gesellschaft, die sich
atmeten ganz und ga
nicht langweilt. Und in diesem Milien sind Friedrich und Genia
parfümierter Prunk
Hofreiter keine Einzelmenschen, sondern Typen, wie man ihnen
die Darsteller fügten
vielfach begegnet. Schon in der Tragikomödie „Das weite
Glänzend in seiner
Land“ selbst finden wir Pendants. Alles, das Genia und
Begehrlichkeit war d
Friedrich Hofreiter in ihrer Ehe erleben, erlebten vorher schon losen, grausamen Z
der Herr von Aigner und Frau Anna. Nur der katastrophale! Ende doch Frau Gen