II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 422

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I.
24. Das #.tenand

Schluß fehlte. Auch die Aigners lieben sich sehr. Trotzdem
währten Darstellers abgeklärte Kunst gerecht. Es war in allem!
nippte der Doktor v. Aigner an jedem Blümlein, das ihm Liebes¬
und Musik.
eine lebensvolle Leistung, der nichts Komödienhaftes anhaftete.
lust bot. Frau Anna freilich verstand nicht zu resignieren. Sie
Frl. Elsinger gab die sehr schwierige Partie der etwas stark
schied sich vom Gatten, schaffte sich ihren Beruf und erzog ihren
ans Problemhafte erinnernden Frau Genia mit ihren starken
Schauspielhaus.
Buben. Freilich um den Buben, just als sie am stolzesten auf ihn
und doch feinen Mitteln sehr überzeugend. Für die schwächste
Land. Wer weiß was in ihr wohnt?
war und sein konnte, den Fährnissen der Erotik, die in den
Figur des Stückes, die geschiedene Frau von Aigner, trat Frau
nihrer Erscheinungen? Friedrich
weiten Herzen dieser Gesellschaftstypen neben dem Tennis die
Ellmenreich mit ihrer ganzen großen Kunst ein, so daß man
und verständig Frau Genia. Und
Hauptrolle spielt, erliegen zu sehen. Er ist der unglückliche
die schwache Position der Figur im dramatischen Getriebe des
die Liebe ist, sie konzentriert sich
Glückliche, der Frau Genias Leib und Liebe gewann und vom in
Stückes gar nicht merkte. Heinrich Lang gab dem Dokior
ofreiter liebt in der Runde wie der
seiner Liebe beleidigten Gatten, just als der aus den Armen einer
von Aigner, der vom Dichter nicht viel besser behandelt als die
der Blüten nippt, deren leuchtende
Demivierge wieder der Gattin zutaumelte, niedergeknallt wird.
Frau, symphatische Züge und eine sehr eindringliche Charakteristik.
rau findet sich damit ab. Die Zu¬
Wie in einem Spiegel läßt Schnitzler das Schicksal der Hofreiters
Gebhardt setzte für den jungen Otto von Aigner seine ganze
d mählich zu mütterlicher Sorge.
auftreten im Schicksal der Aigners. Auch Frau Genia scheidet sich
symphatische Jugendlichkeit ein. Eine feine Charaktertype schuf
immer, ob ihres Mannes Liebes¬
nun von ihrem Manne, der ihr jetzt Grauen einflößt. Und auch
Frau Otto=Körner aus der Frau Wahl, einer echten Dame
n.
Bisweilen spielt sie mit dem
die Hofreiters haben einen Buben. Jetzt ist er 13 Jahre alt
der mondainen modernen Gesellschaft. Eine frühreife und früh¬
n. Ehe sie sich über die Seiten¬
und faßt die Summe seiner Empfindungen, als er nach längerer
verdorbene Tochter der Dame gewann durch Paula Silten
dachte sie gar daran, freiwillig aus
Abwesenheit ins Elternhaus heimkehrt, in die beiden Worte zu¬
vortrefflichst Gestalt. Andere Gesellschäftstypen wurden durch
sie hat einen Buben, den sie lieb hat.
sammen: „Mutter, Vater!“ Aber es wird schon die Zeit kommen,
Toni Heydorn, Hans Andresen, Paul Ellmar,
hen Gemeinschaft hat sie aufgegeben,
wo seine Empfindungen und Stimmungen in dem weiten Land
Emil Stettner, ein sehr braver Hausfreund von Carl
Erzen noch an ihrem Manne hängt.
seiner Seele gerade ebenso irregehen, wie die seiner Eltern,
Wagner, ein ewiger Tennisspieler von Hans Pichler
n der Ausführung des Revanche¬
denn er entstammt ihrem Milieu und wird wahrscheinlich in ihm
ausgezeichnet wiedergegeben. Besonders hervorgehoben zu werden
er hat sie erfolglos umworben, und
leben und sich in ihm und nach ihm entwickeln.
verdient Brahms komischer, aber fein gesehener Hotelportier.
groß, daß er sich erschoß, als er die
Fabel und Personen der Tragikomödie „Das weite
Ueberhaupt standen Spiel und Zusammenspiel an diesem Abend
eerkannte. Die Seele dieser Frau
Land“ sind interessant, aber beide machen doch nicht recht warm.
auf besonderer Höhe. Das half der Wirkung des Stückes sehr
kennt sich in ihr aus. Nicht einmal
Bei dem vielen Dichterischen des Stückes, das vor allem im
nach und stärkte die Teilnahme des Publikums dermaßen, daß
krliegt sie doch dem Aerger über die
Nebenwerk steckt, fehlt es den Hauptpersonen und ihrem Schicksal
man am Schluß neben den Darstellern auch Herrn Dr. Hage¬
ein netter junger Fant gewinnt in
an der Weihe durch den Dichter, die uns Menschenschicksale mit
mann immer wieder vor die Rampe rief.
ihre Liebe und ihren Leib. Ein
innerster Anteilnahme wieder miterleben läßt. Dabei ist alles
gut motiviert. Nie hat man das Gefühl: Ja, weshalb geschieht
ist die Erotik des Herrn Friedrich
Hamburger Stadttheater.
das? oder, weshalb geschieht es gerade so? Das stimmt alles.
gt, seine Frau. Doch allen schwülen
Die Rechnung klappt. Aber es ist nur eine Rechnung, die in
Goldmark: Das Heimchen am Herd.
uf Anhieb. Angefressene Bankiers¬
verschlungenen Ansätzen sich entwickelt bis zur richtigen Lösung.
Das Stadttheater hat die Heimchen=Oper von Goldmark
hreife Mädel, und hat doch eine so
Nur fehlt das Hinreißende, das Aufwühlende, das Ergreifende
nach langen Jahren der Ruhe wieder zum Leben erweckt. Sie ist ge¬
zu seiner Frau, daß er ihren Lieb¬
des Kunstwerks dabei. Freilich war es wohl kaum möglich, aus
schrieben, bald nachdem Humperdinck mit seinem „Hänsel und Gretel“
gekränktem Ehrgefühl oder einer
diesem zwischen Tennis und Flirt, zwischen Geldmachen und
die Märchenstoffe bühnenfähig gemacht hatte. Da suchte der schlaue
flichtung — aus tief empfundener
erotischem Tosen taumelnden Milien solch ein Kunstwerk er¬
Goldmark die Lage auszunutzen und fand einen leider herzlich unge¬
stehen zu lassen.
wandten Schreiber, der ihm die wundervolle Dickenssche Er¬
Und doch wird es erklärt aus dem
Herr Dr. Hagemann hatte bei der Inszenierung der
zählung zu einem Opernstoff herrichtete. „Frei nach Dickens“ steht
Arthur Schnitzler eignenden
der
fünf Akte meines Grachtens eine sehr glückliche Hand in
auf dem Titelblatt des Buches; „frei von Sickens“ wäre richtiger
r Beobachtung und Detailgestaltung
Widerspiegelung des Hautgout dieser Gesellschaft mit dem
gewesen. Denn von dem Geiste und der Kunst dieses Meisters, von
Das immer geschäftige, schlaffe, stark
speziellen Wiener Einschlag durch die Bühnenbilder. Sie
all den Eigenschaften, die gerade diese Dichtung so wertvoll machen,
der modernen Gesellschaft, die sich
atmeten ganz und gar den Geist des Milieus des Stückes. Ueppig
ist nichts, aber auch rein nichts übrig geblieben. Man möchte weinen,
m Milien sind Friedrich und Genia
parfümierter Prunk mit den nötigen Spritzern Benzin. Und
wenn man sieht, was man dem armen Dickens da angetan hat.
En, sondern Typen, wie man ihnen
die Darsteller fügten sich allesamt samos in
diesen Kreis.
Der Stoff, ben des Dichters große Kunst mit solcher Behaglichkeit
der Tragikomödie „Das weite
Glänzend in seiner flatternden Lebemännlichkeit und erotischen
und Liebe gestaltet hat, daß seine Einfachheit und die stellenweise be¬
Pendants. Alles, das Genia und
Begehrlichkeit war der Hofreiter Nhils. Auch dem gemüts¬
merkbare Unwahrscheinlichkeit gar nicht zum Bewußtsein kommt ist zu
Ehe erleben, erlebten vorher schon
losen, grausamen Zug, der dem Manne anhaftet, und der am
einem elenden Operngerüst geworden, das in der Kahlheit und Nüchtern= 1
Frau Anna. Nur der katastrophale! Ende doch Frau Genia sich von ihm scheiden läßt, wurde des be¬ heit, wie sie das Textbuch erkennen läßt, widerlich gemacht und häßlich 1 1.
Kauetr
eh 4½. 40.