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24. Das Geite-Land
S
Frau Dot und von Herrn v. Scheidt als John aufs wirksamste unter=gegen alle großen Poeten, die aus ihrer Erkenntnis der menschlichen
stützt. Frau Fleischer zeichnete die junge Dot mit dem ganzen Liebreizf Seele heraus behaupten, daß auch in ihr alles voller Ordnung und
ihrer Persönlichkeit und sang mit köstlicher Frische und dem Aufgebot! voller tiefster Zusammenhänge, sei. Das Natürliche sei nicht das Chaos.
sondern es sei vielmehr die höchste, universale Ordnung.
ihrer großen Kunst. Mit sicheren Strichen traf Herr v. Scheidt die
Das Natürliche ist das Chaos in dem weiten Lande der Schnitzlerschen
Figur des John. gab ihr die nötige Herzenswärme und den vollen warmen
Männerseelen. Chastisch, das heißt polygamisch. Eine solche polh¬
Ton in Spiel und Gesang. Den Edward würde Herr Hochheim
gamische Natur ist der Fabrikant Friedrich Hofreiter. Vermählt mit
noch zu weit eindringlicherer Wirkung bringen, könnte er seine stimm¬
nart.
einer schönen und tugendhaften Gattin Genia, begehrt er außer der
liche Darbietung in sichere künstlerische Geleise leiten. Chor und Orchester
Ehe jede liebe Blume für sich. Es ist ein Don nan in moderner)
Ph.
imchen
hielten sich überraschend gut.
Schnitzlerscher Neuausgabe. In seinen Mußestunden, das heißt, wenn
achte
er nicht Frauen liebt, was er als den letzten Zweck und den wahren
irpen
Inhalt seines Lebens ansieht, ist er ein großartiger elektrotechnischer
ihn
Deutsches Schauspielhaus.
Fabrikherr mit sechshundert Arbeitern, ein industriell=kommerzielles
t der
Genie. Seiner Gattin Tugend wird diesem treulosen Professional
Das weite Land. Tragikomödie von Arthur Schnitzter.
uns
aud
einfach unheimlich, als sich ihretwegen ein russischer Planist erschießt,
as Werk besitztf Wanderlust und Forschungstrieb.=Neugier und Wißbegter, Sehnsucht
den Frau Genie nicht erhört, sondern abgewiesen hat. Abgewiesen, ob¬
nach freieren und größeren Horizonten, Verlangen nach fruchbaren
rv, zu geringe
Philosophen und Soziologen
gleich sie für den jungen Künstler,
Getreidebreiten, stolzen Felsen und hohen Himmelsgestirnen werden
auf dem Spiel¬
schwärmte; abgewiesen aus dem einfachen Grunde, weil
rege bei dem reichen und hellen Klange des Titels, den Arthur
kensschen Idylls
Und doch ist sie ihrem
eine treue verheiratete Frau ist.
[Schnitler seiner jüngsten Tragödie zu geben für gut befunden gat.
schickteste Hand
Gatten gegenüber zu nichts verpflichtet, nicht zur Liebe, nicht zu der
Wie ein Strom von Licht und Luft stromt es bei dem Geläute des
ner daraus ver¬
„sogenannten“ Dreue. Erst als ihr Gatte ihr ausdrücklich erklärt, daß
Titels Das weite Land ins Zimmer, sei dieser umschränkte. Raum
des englischen
er wegen dieser unheimlichenTugend es augenblicklich im Hause nicht mehr
nun ein schwül parfümierter Salon, oder eine stille Arbeitsklause, oder
u flacher Senti¬
aushalten könne, — in Wahrheit liegt ihm bereits eine neue Geliebte
eine tote Gefängmszelle, oder ein menschenvolles Theater. Das weite
oldmark, dessen
im Sinn — rächt sich Frau Genia in der aus französischen Ehebruchs¬
ba so großartig] Land! Mag es im funkelnden Kristallschein des Sommersonnenscheins
komödien bekannten Art: sie zieht einen jungen angenehmen Zähnrich
liegen, oder in den grauen Flören des Abends, oder unter der weißen,
lich ohnmächtig
der k. k. Marine in ihre weißen Arme. Und just hier wiederum fordert
endlosen Schneedecke des Winters, es atmet die Kraft und den Frieden,
Heinchen ge¬
der Gatte, der vorher seine Frau zum Ehebruch beinahe ermuntert hat,
den Kampf und die Versöhnung der harmonischen Allmutter Natur. Es
uphe feiert, so
den jungen Mann auf Pistolen und schießt ihn im Duell tot. Obgleich
nährt unsere Träume von Größe und Freiheit; es löst den Dunst und
Fri dieser Musik
ihm der Eehebruch seiner Frau wie eine innere Befreiung ist. Obgleich
Qualm der Städte, die üblen Miasmen der Fäulnis und zugleich den
osigkeit im
ihm ist, als ol seine Frau mit den Ehebruch Sühne getan hätte für den
neues Leben versprechenden Dust der Biumen in sich auf, und es umspannt
firekt verstimmt.
Tod des tugendhaft abgewiesenen Pianisten, „und zwar Sühne in einer
Menschier und Pflanze zugleich mit den wild dahin eilenden Wolten
hhen sich hier ge¬
höchst vernünftigen und schmerzlosen Weise“. Aber der Gatte will
und denuhip ihres Weges ziehenden Flüssen zu einer großen ruhe¬
nicht als „Hopf“ dastehen, deswegen das Duell. Derselbe Mensch, der
n einem Stil in
vollen Einheit. Unkrant und Weizen, ekelhaftes Ungeziefer und
ein Dutzend anderer Ehemänner zu „Hopfen“, in Norddentschland sagt
en und Stim¬
blendende Schönheit. Rosen, Fruchtbäume und Disteln wachsen in desem
man Hahnerei gemacht hat, schießt den Verletzer seiner eigenen
ärfe, ohne jede
weiten Lande friedlich beisammen.
Ehre, die gar nicht vorhanden ist, nieder. Wesch grauenhaft¬
Kunstwerks. Die
Auch des Menschen Seele ist ein weites Land. sagt Schnitzler, der
lächerliche Tragikemödie! Welches Chaos von unvereinbaren, sich wider¬
erle dadurch gar
Tragikomiker, in seiner dramatischen Parabel. „So vieles hat zugleich
sprechenden Empfindungen in dieser Männerseele, die ein Spielball der
r Komponist an
Raum in uns,“ bemerkt der seelenkundige Menschenkenner Aigner in
Instinkte ist! Welche irrsinnige. Inkonsequenz im Handeln! Zum
und Chören in
diesem Stück. „Liebe und Trug .. . Treue und Treulosigkeit ... An¬
Schluß stößt dieser Inkonsequente sogar die soeben eroberte neue Ge¬
bleibt. Augen¬
betung für die eine und Verlangen nach einer anderen oder nach
liebte, ein junges Mädchen, von sich, dieselbe Geliebte, um die er kurz.
Sentiment und
fihrung verfehlte mehreren. Wir versuchen wohl Ordnung in uns zu schaffen, so gut es¬
vorher in rasender Glut alles hat in den Wind schlagen wollen. Warum
Das
*
Selberg legte! gebt. aber diese Ordnung ist doch nur etwas Künstliches
tui er das alles? Weil Liebe und Trug, Treue und Treulosigkeit in dem
jc, das, was der Natürliche ist das Chaos.“ Hier stellt sich Aigner in Gegensatz zu allen
weiten Lande unserer Seele beisammen wohnen. Weil wir Menschen
ch Temperament] poetischen Schöpfungsberichten, die das Chaos als einen überwundenen
komplizierie Subjekte sind. Weil das Natürliche das Chaos ist. Des¬
hs von den Ver=j Naturzustand betrachten und erklären, durch den letzten Schöpfungsalt
wegen muß Hofreiter chaotisch handeln.
ser-Edel als sei eine barmonische Welt zustande gekommen. Und er steht auch
K uedster
4¼0. 11.
Geuel Grsuge
SN
24. Das Geite-Land
S
Frau Dot und von Herrn v. Scheidt als John aufs wirksamste unter=gegen alle großen Poeten, die aus ihrer Erkenntnis der menschlichen
stützt. Frau Fleischer zeichnete die junge Dot mit dem ganzen Liebreizf Seele heraus behaupten, daß auch in ihr alles voller Ordnung und
ihrer Persönlichkeit und sang mit köstlicher Frische und dem Aufgebot! voller tiefster Zusammenhänge, sei. Das Natürliche sei nicht das Chaos.
sondern es sei vielmehr die höchste, universale Ordnung.
ihrer großen Kunst. Mit sicheren Strichen traf Herr v. Scheidt die
Das Natürliche ist das Chaos in dem weiten Lande der Schnitzlerschen
Figur des John. gab ihr die nötige Herzenswärme und den vollen warmen
Männerseelen. Chastisch, das heißt polygamisch. Eine solche polh¬
Ton in Spiel und Gesang. Den Edward würde Herr Hochheim
gamische Natur ist der Fabrikant Friedrich Hofreiter. Vermählt mit
noch zu weit eindringlicherer Wirkung bringen, könnte er seine stimm¬
nart.
einer schönen und tugendhaften Gattin Genia, begehrt er außer der
liche Darbietung in sichere künstlerische Geleise leiten. Chor und Orchester
Ehe jede liebe Blume für sich. Es ist ein Don nan in moderner)
Ph.
imchen
hielten sich überraschend gut.
Schnitzlerscher Neuausgabe. In seinen Mußestunden, das heißt, wenn
achte
er nicht Frauen liebt, was er als den letzten Zweck und den wahren
irpen
Inhalt seines Lebens ansieht, ist er ein großartiger elektrotechnischer
ihn
Deutsches Schauspielhaus.
Fabrikherr mit sechshundert Arbeitern, ein industriell=kommerzielles
t der
Genie. Seiner Gattin Tugend wird diesem treulosen Professional
Das weite Land. Tragikomödie von Arthur Schnitzter.
uns
aud
einfach unheimlich, als sich ihretwegen ein russischer Planist erschießt,
as Werk besitztf Wanderlust und Forschungstrieb.=Neugier und Wißbegter, Sehnsucht
den Frau Genie nicht erhört, sondern abgewiesen hat. Abgewiesen, ob¬
nach freieren und größeren Horizonten, Verlangen nach fruchbaren
rv, zu geringe
Philosophen und Soziologen
gleich sie für den jungen Künstler,
Getreidebreiten, stolzen Felsen und hohen Himmelsgestirnen werden
auf dem Spiel¬
schwärmte; abgewiesen aus dem einfachen Grunde, weil
rege bei dem reichen und hellen Klange des Titels, den Arthur
kensschen Idylls
Und doch ist sie ihrem
eine treue verheiratete Frau ist.
[Schnitler seiner jüngsten Tragödie zu geben für gut befunden gat.
schickteste Hand
Gatten gegenüber zu nichts verpflichtet, nicht zur Liebe, nicht zu der
Wie ein Strom von Licht und Luft stromt es bei dem Geläute des
ner daraus ver¬
„sogenannten“ Dreue. Erst als ihr Gatte ihr ausdrücklich erklärt, daß
Titels Das weite Land ins Zimmer, sei dieser umschränkte. Raum
des englischen
er wegen dieser unheimlichenTugend es augenblicklich im Hause nicht mehr
nun ein schwül parfümierter Salon, oder eine stille Arbeitsklause, oder
u flacher Senti¬
aushalten könne, — in Wahrheit liegt ihm bereits eine neue Geliebte
eine tote Gefängmszelle, oder ein menschenvolles Theater. Das weite
oldmark, dessen
im Sinn — rächt sich Frau Genia in der aus französischen Ehebruchs¬
ba so großartig] Land! Mag es im funkelnden Kristallschein des Sommersonnenscheins
komödien bekannten Art: sie zieht einen jungen angenehmen Zähnrich
liegen, oder in den grauen Flören des Abends, oder unter der weißen,
lich ohnmächtig
der k. k. Marine in ihre weißen Arme. Und just hier wiederum fordert
endlosen Schneedecke des Winters, es atmet die Kraft und den Frieden,
Heinchen ge¬
der Gatte, der vorher seine Frau zum Ehebruch beinahe ermuntert hat,
den Kampf und die Versöhnung der harmonischen Allmutter Natur. Es
uphe feiert, so
den jungen Mann auf Pistolen und schießt ihn im Duell tot. Obgleich
nährt unsere Träume von Größe und Freiheit; es löst den Dunst und
Fri dieser Musik
ihm der Eehebruch seiner Frau wie eine innere Befreiung ist. Obgleich
Qualm der Städte, die üblen Miasmen der Fäulnis und zugleich den
osigkeit im
ihm ist, als ol seine Frau mit den Ehebruch Sühne getan hätte für den
neues Leben versprechenden Dust der Biumen in sich auf, und es umspannt
firekt verstimmt.
Tod des tugendhaft abgewiesenen Pianisten, „und zwar Sühne in einer
Menschier und Pflanze zugleich mit den wild dahin eilenden Wolten
hhen sich hier ge¬
höchst vernünftigen und schmerzlosen Weise“. Aber der Gatte will
und denuhip ihres Weges ziehenden Flüssen zu einer großen ruhe¬
nicht als „Hopf“ dastehen, deswegen das Duell. Derselbe Mensch, der
n einem Stil in
vollen Einheit. Unkrant und Weizen, ekelhaftes Ungeziefer und
ein Dutzend anderer Ehemänner zu „Hopfen“, in Norddentschland sagt
en und Stim¬
blendende Schönheit. Rosen, Fruchtbäume und Disteln wachsen in desem
man Hahnerei gemacht hat, schießt den Verletzer seiner eigenen
ärfe, ohne jede
weiten Lande friedlich beisammen.
Ehre, die gar nicht vorhanden ist, nieder. Wesch grauenhaft¬
Kunstwerks. Die
Auch des Menschen Seele ist ein weites Land. sagt Schnitzler, der
lächerliche Tragikemödie! Welches Chaos von unvereinbaren, sich wider¬
erle dadurch gar
Tragikomiker, in seiner dramatischen Parabel. „So vieles hat zugleich
sprechenden Empfindungen in dieser Männerseele, die ein Spielball der
r Komponist an
Raum in uns,“ bemerkt der seelenkundige Menschenkenner Aigner in
Instinkte ist! Welche irrsinnige. Inkonsequenz im Handeln! Zum
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diesem Stück. „Liebe und Trug .. . Treue und Treulosigkeit ... An¬
Schluß stößt dieser Inkonsequente sogar die soeben eroberte neue Ge¬
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betung für die eine und Verlangen nach einer anderen oder nach
liebte, ein junges Mädchen, von sich, dieselbe Geliebte, um die er kurz.
Sentiment und
fihrung verfehlte mehreren. Wir versuchen wohl Ordnung in uns zu schaffen, so gut es¬
vorher in rasender Glut alles hat in den Wind schlagen wollen. Warum
Das
*
Selberg legte! gebt. aber diese Ordnung ist doch nur etwas Künstliches
tui er das alles? Weil Liebe und Trug, Treue und Treulosigkeit in dem
jc, das, was der Natürliche ist das Chaos.“ Hier stellt sich Aigner in Gegensatz zu allen
weiten Lande unserer Seele beisammen wohnen. Weil wir Menschen
ch Temperament] poetischen Schöpfungsberichten, die das Chaos als einen überwundenen
komplizierie Subjekte sind. Weil das Natürliche das Chaos ist. Des¬
hs von den Ver=j Naturzustand betrachten und erklären, durch den letzten Schöpfungsalt
wegen muß Hofreiter chaotisch handeln.
ser-Edel als sei eine barmonische Welt zustande gekommen. Und er steht auch
K uedster
4¼0. 11.
Geuel Grsuge
SN