II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 449

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24. Das weite Land
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harauf etwas zugute tun, daß sie es innerlich gegen das Alter die gewagtesten Touren verwehrt, mag er loren, entflieht. Seine junge Geliebte, die Herz und so a
Willen genug hat, sein Schicksal zu teilen, weist er keine
ihn ausspielen könnte. Der Gedanke brennt seine auch die leichteren nicht mehr, die für ihn noch ganz
Eitelkeit so schmerzlich, daß er sich von ihm erholen unbedenklich wären. Er verzichtet restlos, wo er nicht
zurück. Ihm ist nun gewiß, daß die Jugend nichts mit noch
muß. Wie in eiliger Flucht vor seiner eigenen Ner= siegen kann: Bewußtsein der Grenzen. Hofreiter
ihm zu schaffen hat. Und in dem Augenblick, da sein ist
heimgekehrter Sohn das Haus betritt, verläßt er tieft
vosität verläßt er sein Haus. Mit seinem aber ist keiner von denen, die sich jemals bescheiden.
selbst es auf immer.
Freund, dem braven und getreuen Arzt (den Mit seinem Freund, dem braven Doktor und mit
verl
Die einzelnen Motive dieser Handlung sind dem
Schnitzler auch schon in früheren Werken vorge¬
der sehr modernen sehr entschiedenen, sehr persön¬
zeichnet hat) geht er in die Alpen. In einem Hotel lichkeitsstolzen Erna Wahl erklimmt er die lebens¬
natürlich durch vielerlei feingesponnene Gedanken, morch
im Tiroler Hochgebirg findet er dann den größten
gefährliche Spitze. Droben, im Rausch der Höhe,
überraschende Spiegelungen und tonreiche Stim= bei
Teil seiner städtischen Gesellschaft wieder. Da ist der
treibt es die beiden starken und stolzen Persönlich¬
mungstiefen mannigfach untereinander verknüpft. Sch#
Bankier, der Mann jener Letzten, und diese selbst;
keiten zueinander; Erna wird die Geliebte Hofreiters. Dieses wuchernde Ausblühen feinster Beziehungen, mied
da ist die wortreiche, klatschhafte Frau Wahl mit
Indessen hat auch seine Frau einen gefunden, die sich nur erfühlen, kaum analysieren und am Ges#
ihrem suobistischen Sohn und ihrer sehr modernen,
den sie nicht wieder, wie jenen unglücklichen ersten, wenigsten aufzählen lassen, beschwert, wie immer bei mit
sehr entschiedenen, sehr persönlichkeitsstolzen Tochter
tödlicher Hoffnungslosigkeit überlassen will. Es ist Schnitzler, den Fortgang der Handlung Sie rollt Weg
Erpa; da ist der junge Mann mit dem vergeblichen
nicht gewaltig ab und schreitet nicht gerade hin, in de
der Sohn des Hoteldirektors, der junge Marine¬
Fanatismus der Tennis=Meisterschaft, da sind die
fähnrich. Hofreiter entdeckt bei seiner Rückkehr dar
sondern wird langsam und vorsichtig, Motiv für mit
Typen, Chargen und Karikaturen, mit denen
Verhältnis. Der Selbstmord jenes Ersten, der sich Motiv, auf Wegen, die unmerklich ineinander= Modl
Schnitzler immer seine Gesellschaft der Gutangezo¬
laufen, dem Ziele zu gelenkt. Daraus ergibt zu s#
aus Liebe zu dieser Frau getötet hatte, war ihm
genen launig zu beleben weiß. Da trifft der Unstete.
damals unbegreiflich und unerträglich. Nun aber,
sich der Einbruck des epischen Nebeneinander, der
der seiner Empfindlichkeit entflohen ist, auch auf
dramatisch umgemodelten Romantechnis, der Schnitz¬
da er den Zweiten glücklicher sieht, treibt ihn seine
einen, der ihm wie ein kaum verändertes Spiegel= Eitelkeit, reizt ihn seine Nervosität, verführt ihn der
lers Dichtung nun einmal in ihrer vorsichtigen und der
bild seiner selbst erscheinen muß. Der Direktor des
Rausch seines eigenen verliebten Taumels zu einer
delikaten Gedanklichkeit zuzuneigen scheint. Und Egel
Hotels ist es; Lebemann, Politiker Unternehmer,
jähen Gebärde der Rache. Er provoziert den jungen
dennoch ist das Grundthema dieser Arbeit so drama= neris#
und in allem ebenso erfolgreich, ebenso unverwüstlich, Menschen zu einem Duell. Es soll eine ganz unbe¬
tisch, wie kaum ein zweites: es ist — genau besehen Szen
ebenso wenig sentimental, wie Hofreiter selbst. Auch
— in einem unauffällig zeitgemäßen Gewande nichts die ##
er allein; seit vielen Jahren ist er, nach dem ersten
zu genügen. Aber der Fähnrich bleibt tot auf dem
anderes als das uralte, vom Genius der Völker in Fahr
Treubruch, den seine Gattin entdeckt hat, von den
Platz. Hofreiter hat ihn mit festem Willen erschossen.
vielerlei Mythen abgewandelte und beglaubigte schar
seinen weg. Sein Sohn, jetzt schon Fähnrich bei der
Thema vom trotzigen Verächter menschlicher Gesetze, vorzi
Nicht aus Haß und nicht aus Eifersucht; sondern
Marine, ist ihm ein Unbekannter. Aber in außer¬
weil er in dem kühlen kühnen Ange des Neben¬
den dab stärkere Gesetz nun doch zerschmettert und best
ordentlich feinem Kontraftspiel hat der Dichter die= buhlers den Blick der Jugend sah, der Jugend, vor
entfühnt. Eine Idee von unzerstörbarem Wert, schön
sem Typ der rücksichtslosen Selbstsicherheit einen der er sich trotz seiner sieghaften Unnahbarkeit nun
jedem Alter neu und jeder Zeit gemäß. Denn die Bege
Zug eingeprägt, der jenem anderen fehlt: das Be¬
Gesetze, unter denen erleuchtete Geister das Geschehen auf
doch verloren weiß.
wußtsein der begrenzten Kraft. Früher einmal war
Und darum muß er diesen einen, den er eben
der Welt ansehen, wechseln von Geschlecht zu Ge= innig
er unter den Allerkühnsten; eine halsgefährliche
vor der Pistole hat, erschießen. Er weiß aber auch,
schlecht; das eine Gesetz aber bleibt: daß auch der konn#
Bergspitze, die er als erster touristisch bezwungen daß dieser Sieg sein letzter und sein fruchtlosester
Unbesiegbarste sein Maß im ewig Menschlichen e
hat, führt seitber seinen Namen. Aber seitdem ihm gewesen ist. Er gibt sein gegenwärtiges Leben ver= finden muß.