II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 510

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24. Das weie—
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dritten Alt, zu breit und üppig wuchert, die Liniender
Haupthandlung fast verschwinden läßt.
„Ein weites Feld“, sagt der alte Briest — in einem
Roman. Das „weite Land“ der Lebensmöglichkeiten, in
dem die Vieleinigkeit der Seele, das Chaos menschlicher
Widersprüche wohnt, kann wohl überhaupt nicht im engen
Raum der Bühne liegen. Das Drama fordert nun einmal
klare Gruppierung der Motive, nicht vieldeutige Auflösung.
Eine stimmungsvolle und geistreiche Novelle aber wird dadurch
noch nicht ein Drama, daß man einfach Kapitel in ihr über¬
springt.
Die Aufführung, welche die Tragikomödie gestern, etwa
einen Monat nach ihrer deutschen Simultanpremière, auch in
Frankfurt bekanntgemacht hat, war nicht derart, daß sie über
die Mängel des Werkes hinwegtäuschen konnte, ja sie erschöpfte
es wohl nicht einmal ganz. Soweit es Konversationsstück ist,
kam es zu seinem Recht — solche Sachen kann das Schauspiel
ja sehr rund herausbringen —,
seine glasklare Geistigkeit
und seine tieferen Töne erfuhren manche Trübung. Vor
allem in der männlichen Hauptrolle des Hofreiter, die Herr
Bauer (als Ersatz für den leider schon allzu langs tranken
Herrn Lengbach) mit sicherer Routine und gegen das
ernste Ende hin mit starken Akzenten, aber im allgemeinen
nicht mit dem hier nötigen künftlerischen Feinschliff durch¬
führte; in Redetempo und Gefühlston kam eine bei diesem
nervös unsteten Augenblicksmenschen unangebrachte Gemüt¬
tlichkeit, die durch den übermäßig beionten Donaudialekt noch
verstärkt wurde. So erhielt die mit reifer Kunst und warmer
Znnerlichkeit dargestellte Genia des Frl. Wulf ein gewisses
Uebergewicht, das den Bruch in ihr nur um so offenbarer
machte. Von den Vertreterinnen der übrigen Frauenrollen,
den Damen Klinkhammer, König und Irmen, wirkte
die erstere reichlich matt, während die beiden letzteren ihre dank¬
baren Aufgaben resolut anpackten und bewältigten. Die wichtige
Partie des in all der schwülen Atmosphäre wohltuend gesunden
Dr. Maurer, aus dessen Mund wohl Schnitzler selber die übri¬
gen Gestalten des Dramas kritisiert, wurde von Herrn Meyer
nur äußerlich (in einer, wie es schien, an die Erscheinung des
Dichters anklingenden Maske) verkörpert. Mt Anerkennung
sind dagegen die Herren Pfeil, Bayrhammer und
kanzenei zu erwähnen. Sonst waren noch Frl. Hart¬
mann und die Herren Krauß, Jansfen, Andresen,
Schwarz, Faber, Auerbach, Vollmar usw. be¬
schäftigt. Die Regie des Herrn Dr. Heinc hatte für sehr
schöne und geschmackvolle Szenenbilder gesorgt und brachte so¬
wohl die intimen Stimmungen wie das bunte Treiben in
dem Alpenhotel zu guter Wirkung. Das gebildete Plaudar¬
deutsch, in dem Schnitzlers Menschen mit ungeniertester Ge¬
schwätzigkeit ihre feelische Vivisektion betreiben, kam mit dem
wünschenswerten österreichischen Dalektanflug zu Gebör. Das
Drama fand in dem sehr gut besuchten Hause freundlichen
Beifall, der aber nicht ganz ohne Widerspruch blieb.
sb.—
= [Frankfurter Komödienhaus.] Die Zeilbühne ver¬
suchte gestern mit dem Schwank „So'n Windhund“ von
C. Kraatz und Artur Hoffmann ihr Glück und brachte
ihn zu lautem und ehrlichem Erfolg. Die neue Schnurre will
genossen, nicht beurteilt sein. Man prüft das Beste und behält
Alles. Das Beste sind eine Handvoll guter Witze, einige hübsche
Situationen und vor allem der Windhund selber, ein flotter
Herr, der aus Amerika zurückkommt und die kühnsten Sachen
dreht: er stellt eine kleine Residenz auf den Kopf, macht eine
Wahl, arrangiert Verlobungen, kurz, er siegt nach Belieben mit
ungezählten Windhundlängen. Sind auch etwelche der Leut¬
chen, die er durcheinander wirbelt und überraft, gute alte Be¬
kannte und andere gänzlich überflüssig (die Autoren sollten
Frl. Lindenblüth und ihren Partner aus dem Schwank heraus¬
openieren) und fehlt es dem Ganzen auch sehr an Politur und
Präzisionsmechanik, so antschädigt dafür der originelle. Vorwuri
und die frische Durchführung, deren Unbefangenhest diesmal
niemanden ärgert, weil sich eben die Verfasser an diejenigen
wenden, die sehen und doch glauben. Die beschwingte Auffüh¬
rung, die ein rechtes Windhundtempo nahm, unterstützte diese
Absicht. Nicht alle Darsteller hatten Rollen, die ihnen ange¬
gossen waren, aber die meisten bewegten sich doch mit Behagen
darin und schienen zu sein, was sie vorstellen sollten. Der
Windhund des Herrn Schönemann ließ die Geschwindig¬
keit nicht vermissen, hat aber die überlegene Sicherheit noch
mehr zu markieren, die dem Weltmann zukommt, Herr Lehn¬
dorff ergötzte wieder durch breite Komik, Frl. Valliere
gab ihrer Partie soviel Sinnfälligkeit, wie sie vertragen kann,
Herr Bechmann legte als linkischer Hilfslehrer (wie oft
haben wir den schon auf der Bühne gesehen!) ein schönes
Charakterisierungstalent an den Tag, Herr Waldmann
war ein eleganter Fürst, das Töchtertrio der Damen Mer¬
tens, Frene. Gräbner brachte sich vorteilhaft zur Gel¬
tung und auch die übrigen Teilnehmer des Schwankes: Frl.
Darnot, Herr Morin die Damen Schmidt=Dietz und
Bergen und weitere Mitglieder des Ensembles ließ man
sich gern gefallen. Die Ausstattung, zumal die des letzter
Aktes, war geschmackvoll und von bester Wirkung. Da im Publ
kum die Damen (die, wie bekannt, den Windhunden hold sirhd)
die Majorität hatten, so war der Beifall stark. — ck.

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lieb Gänserich erklärt
wenn er von der Lat
küfen wäre.
Nun wies ihn 1