II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 525

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24. Das eite Land
Nerdbayerische Zeitung, Fürtl
4412 111
no¬
. 11.
Stadtthoater: Nach den Wiederholungen von
„Don Carlos“, „Zauberflöte“ und „Bibliothekar“
welche Mittwoch, Samstag und Sonntag nach¬
mittag gebracht hatten, folgte am Sonntag abend
die hiesige Erstaufführung von Arthur Schnitzlers
Tragikomödie „Dasweite
rat Balder glänzend, wahrhaft mustergültig
inszeniert. Von unseren fast vollzählig beschäf¬
tigten Schauspielkräften vorzüglich dargestellt.
Ob dieser Darstellung und aus Respekt vor
Schnitzlers geistreichen Diktion beklatscht. Seines
Sumpfinhaltes halber aber wohl von der weit¬
aus überwiegenden Zahl der Zuhörer mit Ent¬
schiedenheit abgelehnt. Schnitzler kommt aus sei¬
nem Anatol=Milieu nicht heraus; Dirnen und
Dirnengenossen, „anständige Frauen“ mit dem
für die wechselnden Liebhaber offenen Schlafzim¬
merfenster, sind die Heldinnen und Helden. Feige
Verlogenheit, Phrasentum und ewige Lüsternheit
ist die Gedankenwelt, von der sie erfüllt sind. Mit
einem rätselhaften Selbstmord eines Lebenskünst¬
lers Schnitzlerischer Art hebt das Stück an, mit
dem tödlichen Ausgang eines Duells klingt es
aus. Die Mitte ist der Einblick in eine frivole,
deroute, korrupte „Gesellschaft“, die Schnitzler
offenbar als den Typus seiner Zeit ansieht, der
Nachwelt „herrliche“ Bilder derselben aufbewah¬
rend. — „Anatol“; „Unterwegs"; „Graf von
Gleichen“; „Das weite Land“ — ein reizender
Zyklus von Pessimistbeetblüten der Auffassung mo¬
derner deutscher Autoren von der gegenseitigen
Stellung der Geschlechter! Glauben die Drama¬
turgen unserer Bühne denn wirklich, daß diese
Produkte das literarisch werwvollste der modernen
Bühnenliteratur darstellten??! Ein Protest gegen
die Häufung solcher Kost pflegt natürlich gern
als unverständige Prüderie „bemitleidet“ zu wer¬
den; er hat aber mit Prüderie nicht das mindeste
zu tun; er wird erhoben im Namen des Aesthes
tischen und des guten Geschmacks! .
box 29/2
Fränkischer Courier, Nürnberg
84 12 1979
— sengen Breaondugctr
*5
elegante und schöne Frau, die ihr
rum einen Verehrer in den Tod ge
Felitleion.
steht der Tote zwischen ihnen.
warum seine Frau ihm treu geb
jener deshalb sterben mußte. „I
Das weite Land.
können. Weiß Gott warum. Ich
können!“ ruft sie nach einer
Tragikomödie in 5 Akten von Artur Schnitzler
Szene am Schluß des 1. Aufzugs
y Nürnberg, 4. Dez. „Die Seele des Men¬
ausgezeichneten Auftakt zur ganzen
schen ist ein weites Land“. Unter diesem Motto
det. Im 2. Akt glauben wir eil
vereinigt Schnitzler in seinem Drama „Das
Frage zu erhalten, wie das Erlebn
wei####m Samstag im Stadt¬
treue auf den kalten Sinnenmen
theater aufgeführt wurde, die Schicksale einer
wird. Nach seiner Veranlagung
Reihe von Menschen aus der modernen österreichi¬
wohl bwußt, daß diese Frauentre
schen Gesellschaft. Im engeren Sinne ist die Seele
allzuviel Eindruck hervorrufen wi
des Mannes gemeint in seiner Beziehung zum
er diese Treue einfach nicht begre
Weibe. „So vieles hat zugleich Raum in uns!
lieber gesehen hätte, daß seine Fra
Liebe und Trug, Treue und Treulosigkeit, Anbe¬
erhört hätte, wenn er in derselben
tung für eine und Verlangen nach einer andern
einer Reise entschließt, um neuen L
oder nach mehreren. Wir versuchen wohl Ordnung
nachzujagen, dann liegt darin ein
in uns zu schaffen, so gut es geht, aber diese Ord¬
heit, daß wir kaum noch Interesse
nung ist doch nur etwas Künstliches. Das Un¬
winnen vermögen. Unser ganzes
natürliche ist das Chaos.“
det sich der Frau zu, wie sie sich z
Auf diesen Sätzen, die eine Parallelfigur des lität stellen wird. Er reist weiter
Haupthelden spricht, baut sich die Handlung auf. Land“. Wir treffen ihn im 3. Al
Das ganze Milieu ist erfüllt von einer schwülen
in dem Hoteldirektor einen Gesi
Atmosphäre, ein Hautgout lagert über der mora¬
von ihm. Allerlei Nebenhandlun
lisch minderwertigen Gesellschaft, die der Mei¬
unnötig die Handlung. Dieser A
nung ist, daß man alles tun darf, wenn nur das
haupt nur da zu sein, um aufs n
Dekorum gewahrt bleibt. Das Problem des
sichtslosigkeit zu kennzeichnen.
Herrenmenschen wollte Schnitzler uns vorführen,
frühreifes Mädel, das sein bester
es war sein Ziel bis zu jenem Unergründlichen,
Gattin ersehnt.
Triebhaft=Dämonischen der männlichen Seele vor¬
Wie erträgt seine Frau das a
zudringen.
starken Natur, nach ihrer strengen
Er hat sie betrogen, seit Jahren, seine kluge, ehelichen Treue muß win anne