II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 532

24. Das weiteLand
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mn schmackvoll eingerichtete Wohnzimmer. Herr Hof¬
ersstädter hat jedenfalls im Vereine mit Herrn Korff):
ganz Außerordentliches geleistet. Es ist nicht leicht, in
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der Provinz mit jungen, draufgeherischen Kräften ein
so feines Zusammenspiel zu erreichen, wie es bei uns
möglich geworden ist. Unser geschätzter Gast Her
Korff imponierte durch seine überlegene Meistersch#
mit welcher er den wechselnden Stimmungen He¬
reiters Ausdruck verlieh. Mit großer Natürlichk
zeichnete er einen Menschen, der mit der Liebe ei
gefährliches Spiel treibt, dem sie einmal Sch#
sal, einmal Episode, einmal Unsinn des Leben
oder Angelegenheit des Herzens, der Sinne, und aus
des — Gehirns ist, einen Menschen dem Treue nichts
Erotik vielleicht alles ist. Eine fein dichterisch ge¬
sehene Figur ist Frau Hofreiter, welche von Frl.##
Simon zu innerlichster Wirkung gelangte. Frauen¬
schicksal! Ihre Treue wird nicht geglaubt, ihre Untreue 4
bringt Tod und Verderben. Frl. Simon gab diese L#
unverstandene Frau mit einer Noblesse und einern
al.
Sanftheit, die äußerst sympathisch berührte. Eine
(Gndllesengabe ohse Gewühs).
Warterin, die vollkommen auf alle Intentionen einginge“
sschnitt aus:
Pltz Hidrde e.
atte Herr Korff in Frl. Karoly (Erna Wahl), die
jieder einen Beweis ihres großen Talents erbrachte

nd ihre Rolle psychologisch, so fein gestaltete wie es

hen nur eine echte Künstlerin mit einem tief empfin¬
enden Herzen und großem schauspielerischem Ausdruck¬
bermögens vermag. Auch alle übrigen Miiwirkenden,
bemühten sich, wie bereits eingangs erwähnt, dem
Theater und Kunst.
Werke zu geben, was des Werkes ist. Herr Gabel
Das weite Land.
(Otto Aigner) war einwandfrei, Frl. Hiller (Frau
Tragikomödie in 5 Akten von urtur Schuitzler—
Wahl) Frau v. Raday (Anna Aigner), Frl. Winter
Arnold Korff als Gast.
(Adele Natter) und Frl. Ottberg hielten sich trefflich,
„Der Mensch ist ungleich, ungleich sind die Stun¬
Herr Hohenau (Dr. Mauer) war etwas zu hölzern,
den“, heißt es im „Faust“, das mag als Motto für
während die Herren Hardtmuth und Hofstädter,
Schnitzkers Dichtung gelten, die Lebensepisoden vor uns
ersterer als Bankier Natter, letzterer als Dr. Aigner
ausbreitet, welche geschaffen sind, seelische Lichter aufleuch¬
nur mit Lob zu nennen sind. In kleineren Rollen
ten zu lassen, die ein anderer Tag verhüllt. Dies be¬
standen die Herren Engel, Eichler, Kaligar,
gegnet uns auch bei Ibsen, nur gesellt sich bei Schnitz¬
Wagner. Steinfeld Hochegger und Mahr
ler eine weiche, leise Art hinzu, die uns wohltuend
am rechten Platze. Das Publikum kam der Novität mit
berührt. Schnitzler ist auch nicht der Mann starker
großer Wärme entgegen und spendete reichlichen Bei¬
Accente. Er unterstreicht nicht, er liebt es eher erraten
fall, der sowohl dem Werke als auch Herrn Korff und
zu lassen, kennt keine wesentlichen Zustände des Menschen,
unseren Darstellern galt. Das Haus war ebenso wie
vielmehr läßt er ihn, ganz in eine Stimmung ein¬
bei der gestrigen zweiten Aufführung ausverkauft.
tauchen, in der die Konturen seines Wesens verschwim¬
Gl.
men. Eine solche irrelichterierende Gestalt ist nicht nur
Marcell Salzer versammelte Freitag abends
der Held, sondern sind mehr oder minder auch die trotz der großen Konkurrenz ein sehr zahlreiches distin¬
anderen handelnden Personen des neuesten Schnitzler' quiertes Publikum im Kaiserhofsaale. Es läßt sich
schen Stückes „Das weite Land“, welches Samstag schwer sagen ob Salzer als Rezitator oder Humorist
abends bei uns erstmalig in Szene ging. Es ist Wiener größer ist. Dies ist auch ganz irrelevant, wenn man
Milieu, mit liebevollen, klugen Augen erschaut, ist ein Publikum derart enthusiasmieren versteht, und
Gesellschaftsdrama der lebendigsten Gegenwart. Nicht derartige Lachsalven erregen kann, wie dieser kleine
das große historische Geschehen ist Problem wie im bewegliche Mann, diese „Spezialität“ unter den Vor¬
„Jungen Medardus“, sondern die innere Revolution tragsmeistern der Jetztzeit. Imponierend groß ist bei
im modernen Menschen, das Auflehnen gegen über= Salzer die Charakterisierungskunst. Man sieht die
lieferte Begriffe. Die Seele ist das weite Land, meint
der Dichter, die jauchzende Fahrt ins Dunkle das beste.
handelnden Personen förmlich vor sich, in Geberde und
Sprache so eindringlich, wie sie eben nur reifste Künstler¬
Mit echt Schnitzlerischem Geiste wird dieses Thema schaft vor das geistige Auge zaubern kann. Salzer
von den Helden des Stückes varüert. So von Frau Genia brachte Dichtungen von Rideamus, Rosseger, Kleist,
Hofreiter (Frl. Simon), um deretwillen sich der junge Schlicht, Ginzkey und Thoma mit gleich großer Voll¬
Korsakow als Opfer eines amerikanischen Duells das endung und erregte mit einem Aufsatze aus dem Schul¬
Leben genommen hat, und die nun das Manko in der hefte des kleinen „Nikerl“ den Gipfelpunkt der Heiter¬
Liebe ihres Gatten bei dem Fähnrich zur See Otto keit. Die Lachlust kannte schon keine Grenzen mehr.
Aigner (Herr Gabel) deckt, insbesondere aber von Herrn Als Salzer Abschied nahm, waren den Besuchern die
F. Hofreiter (Hr. Korff) dem Fabrikanten, der auch die Liebe Stunden viel zu rasch verronnen. Den Künstler gehört
industrialisiert und welcher Frau Natter (Frl. Winter), die zu haben bedeutet für jedermann eine unvergeßliche
über die ersten Lenze bereits hinaus ist, ebenso wie dem
angenehme Erinnerung.
blutjungen Ding Erna (Frl. Karoly) mit Erfolg den
Gl.
Kopf verdreht. Um dieses Problem bemühen sich der
Hoteldirektor Dr. Aigner (Herr Hofstädter), der geschie¬
Einziger Lieder= und Arien=Abend des
dene Gatte, der kühne Hochtourist der als der erste
Hofopernsängers Carl Jörn. Samstag, den
den nach ihm benannten schroffen „Aignerturm“ be¬
9. d. findet der einzige Lieder= und Arien=Abend von
Carl Jörn, erster Heldentenor der Berliner Hofoper,
stiegen hat, und der kluge Dr. Mauer (Herr Hohenau), der Metropoletan=Oper in New=York und der königl.
der vertraute Freund der Hofreiters. Mit blendender Oper in London, im Stadttheater statt. Carl Jörn ist
Lampe leuchtet der Dichter in die geheimnisvollen der deutsche Caruso — in Troppau schrieb die Presse