II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 547

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24. Das weite Land
Badlsche Lamdesreitung. Kaschh,
3/2. 12,
S


ensamchen


Großh. Hoftheater Karlsruhe.
Kopf geht. Daß er seiner Frau dabei aber nichts von seinen; stalt eines
Zum erstenmal: „Das weite Land“,
Schleichwegen abseits vom Pfade der ehelichen Tugend erzählt,
des Geschlech
ist leicht verständlich, und gibt ihm weder etwas Großes noch gar
Trogikomödie in fünf Akten von Arthur Schnitzler.
tieftragische
„Dämonisches“, Scmitzler will in diesem Fabrikanten wohl eine
Tragikemöd
Der Dichter des „Anatol“ weiß sehr genau, daß die eigentliche
Arl Vertreter des rucksichtslos sich durchsetzenden und gewinnen¬
Stärke seines dramatischen Könnens im Dialog liegt, in der
spielerische
den Niebeschen Uebermenschentums auf die Bühne bringen, aber
Bühnendicht
Kunst der anmutigen Planderei der geistvoll=eleganten psycho¬
Friedrich Hofreiter beweist seine Ueberlegenheit im Stück eigent¬
nur hin un
logischen Auseinandersetzungen über die schwierigsten und gewag¬
lich nur dadurch, daß er im Tennis siegt, daß er Erfolg mit seinem
testen Problemie des modernen Gesellschaftslebens. Darim hat er
mung erkling
neuen Glühbirnenpatent hat und daß er einen blutjungen Fähn¬
sich in seinem neuesten Bühnenwerk gar nicht erst bemüht, eine
mischt ist,
rich mit kaltblütigex Sicherheit über den Haufen schießt, weil ihn
leidenschaftl
innerlich und äußerlich dramatisch wirksame Fabel zu erfinden,
der junge freche Blick seines Duellanten ärgerte und reizte.
er hat sich lediglich damit begnügt, eine Handlung zusammen¬
Die Tra
zukonstruieren, in der möglichst viele Probleme des modernen
Seit Jahren hat Friedrich Hofreiter schon seine gute, vor¬
Fritz Herz
Ebe=, Gefühls= und Sinnenlebens angetippt werden und bei der
nehme und kluge Frau Genia betrogen. Sie weiß es, aber sie
Baumbac
er so recht seine bewundernswerte Fertigkoit in der seinen inner¬
liebt ihn dennoch und läßt darum einen Verehrer in den Tod
das Aeußeren
lich belebten Dialogführung, der plandernden, scheinbar fürchtbar
gehen. Und nun — das ist eines der feinsten Probleme, die
wandtes, un
tiefsinnigen Lebensweisheit spielen und leuchten lassen kann.
Schnitzler aufgreift — steht dieser Tote zwischen beiden. Hof¬
Spiel über
„Die Seele ist ein weites Land“, das ist das Motto, unter dem
reiter, der ausgemachte Genußmensch, für der alles und alle nur
Gestalten de
Schnitzler die Lebenswege und Seelenschick ale einer ganzen Reihe
ausgemachte Instrumente für eine naive Selbstsucht sind, begreift
Schatten steh
von Menschen in seinem „Drama“, das einen Ausschnitt aus dem
nicht, warum seine Frau ihm treu blieb und jenen in den
„Helden“ in
moderen österreichischen Gesellschaftsleben gibt, vereinigt. Es
Tod zwang. Es wäre ihm eine Erleichterung gewesen, sie schul¬
der Frau
ist das Thema von dem „weiten Land der Seele“ in dem sich die
dig zu wissen, schon zur Beruhigung seines bösen Gewissens; ist
zufeine Leist
in allen Leidenschaften, in Haß und Liebe, Treue und Verrat
er doch gerade dabei, eine für ihn besonders reizvolle Blüte zu
die Darstellen
schwankend und irre gewordenen Menschen nicht mehr zurecht
brechen, ein junges, frühreifes Mädchen, das er schon als Kind
Etwas wenige
finden und das nun der Dichter in schier endlosen Pariationen
auf den Knien schankelte, und das sein bester Freund als Gattin
Genia ein ei
abwandelt und beleuchtet.
ersehnt. Während nun droben im Gebirg die junge und wilde Erna
der schwere u
Die Psychologie, der Kult, der „Süßen Mädels“, war bis
Wahl sich ihm hingibt, nimmt unten seine Gattin — wars Rache
bieten ja kein
jetzt Schnitzlers ureigenstes Gebiet. Seit neuerer Zeit hat er an¬
oder nur vage Sehnsucht und trostsuchendes Einsamkeitsgefühl?
natürliches
gefangen, den Mann in den Vordergrund seiner philosophisch¬
die so oft freigestellte „Revanche“ mit einem blutjungen
und gewagte
dramatischen Betrachtungen zu stellen und im „weiten Land“
Marinejähnrich. Und nun wird plötzlich — und das ist der Clon
reich ist, wen
hat ihm dozu der Glühlichtfabrikant Friedrich Hofreiter gedient,
der Schnitzlerschen Tragikomödie — aus dem Ungetreuen aus
dann noch der
in deisen ebenso weitem wie flachem Seelenland er jetzt nach
Protession der beleidigte und racheschnaubende Ehemann, der den
fähnrich des
allerband tiefen Problemen und psychologisch=interessanten
Nebenbuhler brutal provoziert und im Duell über den Haufen
ferner noch a
Leidenschaften schürft und gräbt. Ob es wirklich der Mühe wert
schießt. Warum? Aus einem Rückfall in die alte Konvention,
Kienscher
war? Trotz der ebenso unmotivierten wie uunatürlichen, aber
von der er sich doch so ziemlich ganz losgesagt hat, aus plötzlich
als Bankier
intereisont sein sollenden Pose im Schlußakt, wo der redselige
wiedererwachter Liebe zu seiner Frau, aus Eitelkeit, um nicht
Frau v. Aign
Hofreiter auf einmal erklärt: „in mich sieht keiner hinein, keiner!“
„der Tumme“ zu sein, aus einer Lonne, die das primitivste Elc.
stattung war
ist der Held und Glühlichtfabrikant in seiner Art ein ganz offener
ment dee Ewig=Männlichen geweckt hal? Von alledem wird ein
Akt von gute
naiver Genußmensch, der alles nimmt, was sich seiner Selbst¬
bisschen angedentet, aber die Frage selbst wird offen gelassen. Und
war flott und
das gibt der Gestalt eben das schillernd Zwiespaltige. das an ihr
in das Stück
sucht tietet und der alles herausschwätzt, was ihm durch Herz und j haftet und das dem aanen Stücke anbänat. Gewiß ist die Ge¬