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nichts mehr holfen, und tun es im stillen doch. Sie kennen ihre
Tragik: zu einander zu gehören, aber einander nicht festhalten zu kön¬
nen. Weil sie die Reinheit dieses Glückes nicht finden, beschmutzen
sie sich; weil man sie ganz nicht haben will, zersplittern sie sich.
So geht es Genia, so geht es den Andern. Durch das Stück dröhnt
nicht pathetisch und wimmert nicht sentimental, sondern spricht bald
gefaßt und mit gütigem Lächeln, bald hinter Scherzen verborgen ein
tiefer Schmerz über die Unsicherheit aller menschlichen und gar aller
erotischen Beziehungen, über die furchtbare Einsamkeit jeder bessern
Seele und über die Aussichtslosigkeit jedes Kampfes gegen diesen trau¬
rigen Zustand. Von vierzehn Menschen sind mindestens elf unglück¬
lich — und diejenigen, die schlecht und recht auf der goldenen Mittel¬
straße und im Dutzend geblieben sind, womöglich noch unglücklicher
als die Libertiner der Phantasie und des Fleisches, die doch ihre
blauen Jugendsehnsüchte oder ihre höchst erdhaften Genüsse gehabt
haben. Drei von den Vierzehn sind glücklich, und das sind Trottel.
Also könnte „Das weite Land“ genau so gut „Der einsame Weg“
heißen. Manches in beiden Dichtungen lautet nicht allein wörtlich,
lautet erst recht nach Stimmung und Umständen überein. Wie die
junge Johanna Wegrath zu dem allernden Sala bedingungslos sagt:
„Ich liebe dich!“, so sagt bedingungslos zu dem alternden Hofreiter
die junge Erna Wahl: „Ich liebe dich!“. Aber der „Einsame Weg“,
der den Vorzug hatte, früher da zu sein, war auch voller, wog auch
schwerer. Sala (im achten „Jahr der Bühne“ historisch eingereiht
und analysiert) hat eine andre Existenz als Herr Friedrich Hofreiter,
dem ich entweder die Glühlichterfabrikation oder seine Differenziert¬
heit glaube. Es handelt sich nicht um die Branche: aber da geht
nicht Alles zusammen. „Hineinschauen in mich kannst du doch nicht
— das kann Keiner“, versichert er seiner Frau. Bis auf den Dichter,
versichern wir Schnitzlern, der es leider unterlassen hat. Wir wollen
lieber ein enges Land ganz als ein weites Land fast gar nicht kennen
lernen. Darum bereichern uns mehr die mäßig komplizierten Men¬
schen, die hier vor uns entfaltet werden. Es konunt nämlich wirklich
nicht darauf an, in wie tiefe Menschen, sondern mit wie scharfen
Blicken ein Dichter in Menschen hineinsicht. An Hofreiter ist viel¬
leicht nur ein Zug — wie er lügt, mit wie feinem Bewußtsein er lügt,
und daß er sich dabei selbst nicht belügt — nur dieser eine Zug ist
vollkommen geglückt. Aber um ihn lebt es. Das Theater hat Arbeit.
Das Residenz-Theater hat sie sich nicht so leicht gemacht wie
bisher. Nach drei Sätzen suchte ich in der Dunkelheit auf dem Zettel
den Regisseur, dessen Name weder Alfred noch Fritz Rotter sein
konnte. Und richtig: es war Arnold Korfl, der genügend Oesterreicher
ist, um dieser — in all ihrer Geistigkeit bodenständigen — Komödie
einen Hauch von wienerisch süßer Stimmung, von lächelnder Senti¬
mentalität, von melancholischer Heiterkeit zuzuwenden. Aber freilich
mußte dieses vollendet intime Haus auch unerbittlich zutage bringen,
daß der bewegliche, fesche, Hlotte Lustspieler Korff für ernste An¬
wandlungen nichts in sich vorfindet, da
und vulgär wird. Seine Umgebung..
dische Altertümer ausgegraben und nich
Stelle gesetzt. Hingegen zeigt die hübsche
in ihrer Jugend schon so wenig Talent f###
Max erst nach seiner Jugend gezeigt hat
Quarteit, das seine Lehrzeit bei Reinhardt
Heinrich Schroth bewährt sich von neuem
ganten Hahnrei, der aus Liebe nötigenfal
würde. Josef Klein blickt mit der Klar
eine einsame Zukunft ohne Erna Wahl, a
Verheißungen ihrer Anfänge in dem Grade
gültigkeit des Publikums gegen schauspie
derte, nach ihrer dreiwortigen Liebeserkl
Scham, Stolz, Ueberschwang, Leichtsinn
anderwirbelten, daraufloszuapplaudieren.
Triesch. Welche Freude, sie nach so viel
passenden Rolle — wiederzusehen! Ihr Schi
sie nicht redet. Sie ist, als diese gequälte F
sen. In ihren Augen, in ihrem Gang, im
Abwehr der Hände — darin liegt, was
tung hat sagen wollen: daß die Verschme
niemals gelingt, daß wir imer, inuner, in
Nachdem also hiermit bewiesen ist, d.
nicht zu beschimpfen braucht, sobald sie
schränken, den reichen Ertrag ihrer schön
an die Annoncenleser des „Weltspiegels“: d
Stück“ bei ihnen „congenial wiedergegeber
schalter anonym und bescheiden einzustrei
Herrn Saltenburg auch der dritte Mißerfolg
zur Verzweillung. Die Muse Thalia hat
die Gabe gesenkt, für schlechte Operetten s
gen, daß nicht einmal seine Unfähigkeit, sie
ihre Anziehungskraft vermindert, Ihn ab
zu einem Mittelding zwischen Thalia und
gionen. Der Einwand wäre ihm zuzutrauen
ständen dankenswerter ist, Heinrich Lauten
Dioskuren Presber und Stein oder Neal u
Frehsee. Nur ist es nicht wahr. Einen harm
wiederzugeben, ist wenigstens eine geschäft
sündigung dagegen an einem Dichtergrab ###
ist es, zu einem „Hahnenkampf“ zu laden, na
Hähne bis zur Erbarmungslosigkeit versc
ihnen die Sporen abgetrennt, die Federn aus
stochen, die Schnäbel abgestumpft und die
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nichts mehr holfen, und tun es im stillen doch. Sie kennen ihre
Tragik: zu einander zu gehören, aber einander nicht festhalten zu kön¬
nen. Weil sie die Reinheit dieses Glückes nicht finden, beschmutzen
sie sich; weil man sie ganz nicht haben will, zersplittern sie sich.
So geht es Genia, so geht es den Andern. Durch das Stück dröhnt
nicht pathetisch und wimmert nicht sentimental, sondern spricht bald
gefaßt und mit gütigem Lächeln, bald hinter Scherzen verborgen ein
tiefer Schmerz über die Unsicherheit aller menschlichen und gar aller
erotischen Beziehungen, über die furchtbare Einsamkeit jeder bessern
Seele und über die Aussichtslosigkeit jedes Kampfes gegen diesen trau¬
rigen Zustand. Von vierzehn Menschen sind mindestens elf unglück¬
lich — und diejenigen, die schlecht und recht auf der goldenen Mittel¬
straße und im Dutzend geblieben sind, womöglich noch unglücklicher
als die Libertiner der Phantasie und des Fleisches, die doch ihre
blauen Jugendsehnsüchte oder ihre höchst erdhaften Genüsse gehabt
haben. Drei von den Vierzehn sind glücklich, und das sind Trottel.
Also könnte „Das weite Land“ genau so gut „Der einsame Weg“
heißen. Manches in beiden Dichtungen lautet nicht allein wörtlich,
lautet erst recht nach Stimmung und Umständen überein. Wie die
junge Johanna Wegrath zu dem allernden Sala bedingungslos sagt:
„Ich liebe dich!“, so sagt bedingungslos zu dem alternden Hofreiter
die junge Erna Wahl: „Ich liebe dich!“. Aber der „Einsame Weg“,
der den Vorzug hatte, früher da zu sein, war auch voller, wog auch
schwerer. Sala (im achten „Jahr der Bühne“ historisch eingereiht
und analysiert) hat eine andre Existenz als Herr Friedrich Hofreiter,
dem ich entweder die Glühlichterfabrikation oder seine Differenziert¬
heit glaube. Es handelt sich nicht um die Branche: aber da geht
nicht Alles zusammen. „Hineinschauen in mich kannst du doch nicht
— das kann Keiner“, versichert er seiner Frau. Bis auf den Dichter,
versichern wir Schnitzlern, der es leider unterlassen hat. Wir wollen
lieber ein enges Land ganz als ein weites Land fast gar nicht kennen
lernen. Darum bereichern uns mehr die mäßig komplizierten Men¬
schen, die hier vor uns entfaltet werden. Es konunt nämlich wirklich
nicht darauf an, in wie tiefe Menschen, sondern mit wie scharfen
Blicken ein Dichter in Menschen hineinsicht. An Hofreiter ist viel¬
leicht nur ein Zug — wie er lügt, mit wie feinem Bewußtsein er lügt,
und daß er sich dabei selbst nicht belügt — nur dieser eine Zug ist
vollkommen geglückt. Aber um ihn lebt es. Das Theater hat Arbeit.
Das Residenz-Theater hat sie sich nicht so leicht gemacht wie
bisher. Nach drei Sätzen suchte ich in der Dunkelheit auf dem Zettel
den Regisseur, dessen Name weder Alfred noch Fritz Rotter sein
konnte. Und richtig: es war Arnold Korfl, der genügend Oesterreicher
ist, um dieser — in all ihrer Geistigkeit bodenständigen — Komödie
einen Hauch von wienerisch süßer Stimmung, von lächelnder Senti¬
mentalität, von melancholischer Heiterkeit zuzuwenden. Aber freilich
mußte dieses vollendet intime Haus auch unerbittlich zutage bringen,
daß der bewegliche, fesche, Hlotte Lustspieler Korff für ernste An¬
wandlungen nichts in sich vorfindet, da
und vulgär wird. Seine Umgebung..
dische Altertümer ausgegraben und nich
Stelle gesetzt. Hingegen zeigt die hübsche
in ihrer Jugend schon so wenig Talent f###
Max erst nach seiner Jugend gezeigt hat
Quarteit, das seine Lehrzeit bei Reinhardt
Heinrich Schroth bewährt sich von neuem
ganten Hahnrei, der aus Liebe nötigenfal
würde. Josef Klein blickt mit der Klar
eine einsame Zukunft ohne Erna Wahl, a
Verheißungen ihrer Anfänge in dem Grade
gültigkeit des Publikums gegen schauspie
derte, nach ihrer dreiwortigen Liebeserkl
Scham, Stolz, Ueberschwang, Leichtsinn
anderwirbelten, daraufloszuapplaudieren.
Triesch. Welche Freude, sie nach so viel
passenden Rolle — wiederzusehen! Ihr Schi
sie nicht redet. Sie ist, als diese gequälte F
sen. In ihren Augen, in ihrem Gang, im
Abwehr der Hände — darin liegt, was
tung hat sagen wollen: daß die Verschme
niemals gelingt, daß wir imer, inuner, in
Nachdem also hiermit bewiesen ist, d.
nicht zu beschimpfen braucht, sobald sie
schränken, den reichen Ertrag ihrer schön
an die Annoncenleser des „Weltspiegels“: d
Stück“ bei ihnen „congenial wiedergegeber
schalter anonym und bescheiden einzustrei
Herrn Saltenburg auch der dritte Mißerfolg
zur Verzweillung. Die Muse Thalia hat
die Gabe gesenkt, für schlechte Operetten s
gen, daß nicht einmal seine Unfähigkeit, sie
ihre Anziehungskraft vermindert, Ihn ab
zu einem Mittelding zwischen Thalia und
gionen. Der Einwand wäre ihm zuzutrauen
ständen dankenswerter ist, Heinrich Lauten
Dioskuren Presber und Stein oder Neal u
Frehsee. Nur ist es nicht wahr. Einen harm
wiederzugeben, ist wenigstens eine geschäft
sündigung dagegen an einem Dichtergrab ###
ist es, zu einem „Hahnenkampf“ zu laden, na
Hähne bis zur Erbarmungslosigkeit versc
ihnen die Sporen abgetrennt, die Federn aus
stochen, die Schnäbel abgestumpft und die