II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 733

24
W G
box 2975
baseLand
einem
werke
e Deutsches Volkstheater.
Volksop
Schnitzlers „weites Land“ wurde im
Es
Volkstheater zu einem Triumph für den Dich¬
die z1.
fer. der sien beharrlich weigerte, persönlich
folg w.
für die inm berefteren Ovationen zu danken.
nen,
Diese Feststellung sei vorausgeschickt. Deshalb,
scheint:
weil dadurch bewiesen wurde, daß Schnitzler

nen
für Wien geblieben ist, was er war, obwohl
am W
Eine bald böswillige, bald überlegen tuende
Erfolg
Clique die Dinge gerne so schildert, als zolle
„Carm
man den Werken dieses Mannes im besten
vergän,
Falle nur noch Pietät, als gehöre er mit
einem
all seinen Schöpfungen einer durch Krieg
mani
und Umsturz gründlich überholten, längst
Ben g#
unwirklich gewordenen Epoche an. Gewiß:
stadt
es fällt uns heute auf, daß Schnitzlers Men¬
der ju
schen viel sprechen, viel philosophieren und
denn,
zwar über Themata, die in unseren Tagen
Intern.
nur selten erörtert werden. Denn die Leute,
rische
die zwischen einer politischen Intrigue, einer
kunft
unsauberen Schiebung und einem neuen Bar¬
oper:
tanze leben, kämen sich lächerlich vor, mü߬
liches
ten sie auf einmal, statt über dies: Ange¬
uns
legenheiten, über Seele, Liebe, Familiensinn,
Wadi
Ein
Wahrheit und Lüge plaudern. Was keineswegs
Stadt
besagt, daß ihre Aera noch lange dauern
solche
muß. Auch die Börsenhausse, der die einen
D.
ir an
und der Gleichheitstaumel, dem die anderen
reform
jungs¬
ihre Entstehung verdanken, sind verstrichen,
gend,
dann
rascher, radikaler, als man je glauben mochte.
beweg
Leben
Höchstens in einer Posse taucht noch eine
Mannie
zähne
Reminiszenz an diese Periode auf. Weshalb
wenig
zagern
sollten die gegenwärtigen Verhältnisse und
n und
Kritiker, denen Schnitzler ein Anachronismus
behö“ fenden
wurde, ewig währen? Man hat die beiden
nur 80 zbieten
Hauptrollen des „weiten Land“ im Volks¬
Steuer zur ge¬
theater mit Korff und Wagner besetzt,
um ist
wodurch ganz gewaltige Wirkungen erzielt
und 07
das
werden konnten. Ueberhaupt waren Tempo,
mreise
Auffassung und Geist des Stückes — Korff
Kinobr
führte auch die Regie meisterlich — so
antwor
überwältigend, daß man manche darstelle¬
wesen.
rische Schwäche völlig übersah. In dem statt¬
zu ein
lichen Ensemble ragten Lessen und die
Die
alve
Förster wieder einmal hervor und bekun¬
Uhr
Laien,
deten, daß es ein hoher Gewinn wäre, ihnen
baldigst große Aufgaben zu eröffnen.
wenige
innere:
wiesen
„Wenn ich wollte“ von Paul Ge¬
raldy und Robert Spitzer ist die typische verkal
Belanglosigkeit, in der ##
bisder
une
stem¬

Theater.
Rückblick — Aussisten.
Ob Zufall oder entschuldigende Gebärde eines takrscheren
Theaterdirektors: das Deutsche Volkstheater eröffnete
die neue Spielzeit mit Artur Schnitzlers „Das weite
Land“. Es bietet also, da ein zeitgemäßes Stück von gleicher
Güte nicht zur Verfügung stand, die beste dramatische Schilde¬
rung der Wiener Vorkriegsgesellschaft.
Wir haben ein bürgerliches Theater und ein Bauern¬
theater, Schauspiele, für Bürger und Bauern geschrieben, von
diesen handelnd. Acht Zehntel, billig berechnet, der Zuschauer
und Zuhörer, Kopf= und Handarbeiter, sitzen den Vorgängen
auf der Bühne mit jener nicht zu stürmischen Teilnahme, auch
Neugier, gegenüber, die man der Mitteilung, dem Einblick in
durchaus fremdartige Schicksale zu widmen pflegt; sie sind, von
allgemein menschlichen Mitgefühlen abgesehen, ziemlich unbe¬
teiligt, da sie selbst nie in die geschilderte besondere, bestenfalls
in eine ähnliche Lage kommen werden. Es besteht für sie kein
Zwang, in das Theater zu gehen. Sie tun es: weil es so üblich
ist Weil sie eine Karte in die Hand gedrückt bekommen. Weil
sie einen Schauspieler, dessen Wesen ihnen zusagt. gefällt, sehen und
hören wollen. Literaten, die mit überspitzten, im ersten Augen¬
blick verblüfsenden Einfällen hausieren gehen, sprechen deshalb
vom sterbenden Theater, vom Untergang des Theaters.
Wir haben auch das soziale Drama gehabt. Es hinkte
#den Fortschritten des Sozialtsmus nach es schuf keine Voll¬
menschen, sondern Vertreter einer Gesellschaftsklasse, es waren
dramatisierte wissenschaftliche Abhandlungen über soziale
Fragen. Gerhart Hauptmann hat aus einem Buch „Blüte und
Verfall des Leinengewerbes in Schlesien“ Anregung und
Unterlagen für „Die Weber“ bezogen. Georg Kaijer ist außer¬
ordentlicher Professor der darstellenden Soziologie. Der große
Erfolg des Hauptmannschen Revolutionsstückes war nur mög¬
lich, weil das Publikum der teuren Plätze seiner Zeit, inner¬
lich zerrissen, von unklaren Zielen, die ganz. Angelegenheit
als eine Modesache betrachtete. „Sollte es ihnen noch nicht
aufgefallen sein, was für komplizierte Subjekte wir Menschen
im Grunde sind?“ sagt der Hoteldirektor Aigner in „Das
weite Land“. Das war einmal. Heute ist man nicht einmal kom¬
pliziert genug, „Die Weber“ anzuhören. Dieses Drama ist vom
Spielsplan der deutschen Bühne verschwunden. Es sitzen zwei
Parteien im Theater.
Das spüren natürlich unsere Dichter seit langem im
linken Ellbogen, sie verstümmeln, wenn's gefährlich wird, die
Sprache, oder flüchten auf geschichtliches Gebiet. Die Aller¬
jüngsten, die Brust, Brecht und Bronnen sind schon auf der
richtigen Fährte, aber auch ihnen, an dem rein bürgerlichen
Theater herangebildet, Theorie in den Adern, fehlt der Mut
zur Deutlichkeit, zur Klarheit. Das neue, das kommende
Drama wird nicht nur die soziale, sondern viel mehr die sexuelle
Not behandeln müssen; und dieses Theater der Zukunft, ver¬
göttert, bespien, aber beachtet, wird ungeheuren Zulauf haben.
*
Indessen nehmen wir noch an literarischen Leichen¬
begängnissen teil, hören teilnahmsvoll mit an was da das
ganz anders geartete Geschlecht der Väter zu leiden und zu
lieben hatte Es war von Dichters und Arnold Korffs
Gnaden eine sehenswerte, eine Gedächinisfeier erster Klasse.
Werden wir es erleben, zu der Geburtsfeier des neuen freien
Adolf Walter.
Dramas geladen zu sein?
Selchne on Safe
IIII., Dr.-Karl-Lueger-Platz Nr. 4
S