II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 765

24. Das veite Land
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Stadtverordneten Kollegiumsitzung. Die
Sonntag, den 11.: nachmittags halb 3 Uhr:
Tagesordnung zu der heute stattfindenden Sitzung
„Des Meeres und der Liebe Wellen“ 14. volks¬
st folgende: Herr GR. Mayer: Vorlesung des
tümlichr Vorstellung.
Protokolles der Sitzung vom 29. Jänner 1912.
Sonntag, den 11.: abends halb 8 Uhr
Bericht des Gemeinderates über das Ansuchen
„Lumpaci=Vagabundus“.
der Gemeinde Neretein betreffend elektrische Be¬
leuchtung. Herr GR. Mader: Bericht bezüglich
der Unterfertigung einer Urkunde. Bericht des
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Gemeinderates in einer Grundangelegenheit. Statt¬
halterei Entscheidungen in Heimatsrechtsangelegen¬
Tragikomödie in 5 Akten von Arthur Schnitzler.
heiten. Bericht der 3. Sektion über das Ansuchen
Samstag ging bei sehr gut besuchtem Hause
eines städtischen Beamten um Einreichung seiner
Schnitzlers Tragikomödie „Das weite Land“ in
früheren Dienstzeit. Herr GR. Fischel: Bericht Szene. Die Helden des Stückes sind der Fabri¬
der 1. Sektion in einer Grundangelegenheit. Herr kant Friedrich Hofreiter und dessen Gattin Genia.
Stadtverordneter Dr. Theimer: Bericht der Im Hause Hofreiters verkehrte ein russischer
3. Sektion betreffend die Regelung der Bezüge Offizier, Alexei Korsakow, der hinter dem Rücken
des städt. Kanzleihilfspersonales. Bericht der Hofreiters mit dessen Frau ein Liebesverhältnis
3. Sektion über die Eingabe der städt. Beamtenz unterhielt und sich erschoß, weil er mit Genia
um Bewilligung von Teuerungszulagen.
keinen Bund der Ehe schließen konnte. Der Gatte
Selbstmord. Gestern um halb 9 Uhr abends Genias, Friedrich, erhält nach dem Begräbnisse
hat sich der bei seinen Eltern in der Fröbelgasse Korsakows die Nachricht, daß sich Korsakow wegen
Nr. 1 wohnhafte Postpraktikant Jaroslav Genia entleibt habe; er stellt Genia zur Rede,
Schwarzer mittels eines Revolverschusses in die die ihm nach vielem Zögern die Liebe zu Kor¬
rechte Schläfe entleibt. Der sofort herbeigeholte
sakow gestand. Darob entsteht zwischen den beiden
Arzt Dr. Kux sowie die erschienene Rettungs¬
Ehegatten ein heftiger Streit. Hofreiter macht
abteilung unter dem Beisein des Arztes Dr.
Genia entrüstete Vorwürfe wegen der furchtbaren
Hermann konnten nur mehr den eingetretenen Schuld, die sie an dem Selbstmorde der Russen
Tod konstatieren. Der unglückliche Mann ist der trage. Frau Wahl war mit ihrer Tochter Erna
Sohn des hiesigen Telegraphenwerkmeisters Franz bei Genia, welch beide ihr über das Begräbnis
Schwarzer. Vor einigen Tagen erzählte Schwarzer Bericht erstattet hatten. Im Hause war auch der
seinem Freunde, dem Abiturienten Jank, daß er Arzt Dr. Mauer, ein intimer Freund Hofreiters,
sich wegen Ehrenschulden, von denen seine Eltern
täglich Gast, der auch das Vertrauen des Ehe¬
nichts wissen dürften, erschießen werde, was ihn
gatten genoß. In der Gesellschaft des Fabrikanten
Jané aus dem Kopfe zu jagen versuchte. Der
verkehrte auch der Marinefähnrich Otto Meinhold¬
Leichnam des jungen Mannes wurde in die
Aigner und seine Mutter, die Schauspielerin
Potenkammer überführt.
Anna gleichen Namens; nachdem Friedrich und
Vermißt. Wie bereits in der Samstagnummer
Genia im steten Unfrieden leben, begannen beide
Ehegatten die eheliche Treue zu brechen. Friedrich
unterhielt mit der Bankiersgattin Natter, später
mit Erna Wahl ein Liebesverhältnis, Genia mit
Otto u. s. w., von welch letzterem die Mutter
Kenntnis hatte. Friedrich machte seiner Frau
noch immer Vorwürfe wegen Korsakow und gesteht:
ihr, daß er vor ihr ein Grauen habe, was er in
den Worten zum Ausdrucke bringt: „Und ver¬
stehst du, dieser Gedanke, daß deine Tugend einen
Menschen in den Tod getrieben hat, das ist mir
unheimlich. Es wird wohl wieder vergehen,
mit der Zeit — im Gebirg, wenn wir ein paar
Wochen nicht beieinander sind!“ Friedrich verläßt
seine Gattin und begibt sich mit Mauer über
dessen Einladung ins Gebirg. Der 3. Akt spielt
im Gebirgshotel Völser Weiher, in welchem die
Badener Gäste zusammentreffen. In diesem Hotel
fungiert der geschiedene Gatte der Frau Mein¬
hold, Dr. von Aigner, der mit einer schönen
Spanierin ein Liebesverhältnis hatte, als Direk¬
tor; eine humoristische Szene spielt sich im Bureau
des Portiers ab; ein Tourist Serknitz verlangt
vom Portier Rosenstock verschiedene Dinge, die
ihn aber nichts angehen; bei einem Tische sitzt
dr Schriftsteller Rhon, ein nervöser Mann, mit
tet! Wie im Frühling. Diese Farben, diese Schön¬
heit, diese Fülle. Und doch dazwischen ein dump¬