II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 766

24. Das weite Land
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seiner Gattin. Frau Wahl ist in großer Besorg=garnichts zu tun haben, ganz erheblich gestört wird.
nis über den Verbleib Ernas, die die Gebirgs= Die Aufführung dieser frivolen Tragikomödie ist
tour mitmachte. Nach längerer Zeit kommen die Touri= weniger empfehlenswert, weil sich unter den Be¬
sten an, die herzlich begrüßt wurden. Erna verliebt suchern junge Mädchen und Knaben befinden, auf
sich in Hofreiter und will von ihm nicht lassen. Im 4. die der Inhalt des Stückes einen nur nachteiligen
Akt trifft Otto mit Genia zusammen und will Eindruck macht; es paßt für Theater die dem
Genias Gatten zur Rede stellen. Hofreiter ertappt Wiener „Jutimen Theater“ gleichstehen. — Die
sie und stellt Otto zur Rede; er war angeblich Darstellung des Stückes war tadellos. Trim¬
verreist gewesen und lauerte die Nacht hindurchsbacher gab den Friedrich Hofreiter sehr gut;
vor seiner Villa; gegen 2 Uhr nachts sah er Otto sein gutes Spiel, seine reine Aussprache und gute
von einem Fenster des Schlafzimmers der Genia Mimik kamen prächtig zur Geltung; in Olga
hinabsteigen; dies hielt er Genia vor. Vorher[Grünwald (Genia) fand er eine gleichwertige
hatte dies Ereignis Friedrich seinem Freunde Partnerin. Beide Künstler ernteten für ihre Lei¬
Mauer erzählt, der Genia davon sofort in stungen reichen Beifall und wiederholten Her¬
Kenntnis setzte. Friedrich erschien bei Genia vorruf. Hans Gotz, (Otto) und Kurt Labatt
und hielt ihr wegen des neuerlichen Ehebruches (Dr. Mauer) entledigten sich ihrer Rollen treff¬
Vorwürfe. Im Verlaufe des Streites zwischenlich; nur war letzterer zu wenig temperamentvoll
Hofreiter und Otto kam es zur Herausforderung und machte nicht den Eindruck eines 35 jährigen,
der beiden zum Duell. Die Austragung wird mit sondern den eines guten Vierzigers. Minna
Spannung erwartet; Genia ist niedergeschlagen, Maree war als Erna brav, nur war sie kleiner
gleichfalls Erna, die mit Genia über den Fall wie ihre Mutter. Albert Paulmann (Dr. von
spricht. Frau Hofreiter wirft ihr das Verhältnis
Aigner) spielte mit viel Geschick; seine etwas zu
zu ihrem Manne vor; eine Botin bringt einen
ernste Miene wäre zu bemängeln. Franz Alberty
Brief, in dem die Ankunft des jungen Söhnchens (Anna Meinhold Aigner) erwies sich als ruti¬
der Hofreiter Percy soeben angezeigt wird. Gleich nierte Künstlerin.
Nicht ansprechend war
nach dieser Mitteilung erscheint Frau Meinhold, in dieser Rolle Maja Liebwald als Frau
die vom Duelle ihres Sohnes mit Hofreiter nichts Wahl. Sie näselte nicht und sprach statt eines
ahnte. Die beiden Frauen sprechen miteinander, nicht ganz echt aristokratisch Wienerischen, einen
worauf Genia weinte: Frau Meinhold tröstete
ganz derben „Lichtentaler“ Jargon, der geradezu!
sie. Plötzlich erscheint Friedrich Hofreiter schwarz=l störend wirkte. Auch nahm sich die Dame heraus,
gekleidet in hoher Aufregung; er ist totenbleich, im 4. Akte mehr zu sprechen, als der Autor vor=
er reicht der Frau Meinhold verabschiedend die
geschrieben! Wie schon erwähnt, war die Auf¬1
Hand, ohne vom Vorfalle etwas zu erwähnen.
führung als solche für die hiesigen Verhältnisse
Genia fragte ihm nach dem Verlauf des Duells.
gut und verdient auch die umsichtige Regie des
Kalt und gelassen gab er ihr die Antwort, daß Herrn Albert Paulmann ungeteilte Aner¬
er Otto erschossen. Eine fürchterliche Szene spielt
kennung.
sich ab; Friedrich will von der Welt nichts mehr
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wissen und will sich dem Gerichte stellen; Genia
verläßt ihn im Zimmer; wie er von Gewissens¬
bissen geplagt, zu sich selbst spricht, erschallt eine
Kinderstimme, die ruft: „Mutter! Vater!“ Es
war Percy. Friedrich wimmert, das Herz krampft
sich ihm zusammen und er eilt seinem innigstgeliebten
Kinde entgegen. Das Stück ist, wie ja schon der
Name des Autors, jenes Autors, der den „Reigen“
schrieb, nichts weniger als frivol. Schnitzler ist
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auch Erotiker und hat in diesem Stücke
manche Dialoge, die im „Reigen“ ähnliches auf¬
weisen. Der Inhalt der Tragikomödie ist weniger
zu loben, weil er auf die Moral vergiftend wirkt;
man darf doch nicht alle Frauen in eine
gleich schlechte Linie ziehen, wie es in diesem
Stücke zutage tritt. Schnitzler hat eben vor den
Frauen, wie er's in diesem Stücke zeigt, wenig
Hochachtung; er versteht in dasselbe Effekt zu
bringen und auf das Publikum spannend zu
wirken, wenn auch die Spannung durch das Auf¬
treten einiger Personen, die mit der Handlung oft
geht er mit betrübter Miene. Er schaut nicht auf.
Was tun? Er sieht Liese nicht. Diese faßt sich
ihr Herz und tritt ihm in den Weg. Fast er¬
schrocken sieht er auf. „Was willst du Kind? —
Es ist Zeit, geh’ doch hinein in die Klasse.“ Da
„k. 07. hie Mase herna- „„ hält de ihm hin