II, Theaterstücke 24, Das weite Land. Tragikomödie in fünf Akten, Seite 767

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Dr. Max Goldschmidt
S Bureau für 5
Zeitungsausschnitte
Berlin N. 24
Telephon III. 3031.
Ausschnitt aus
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Das weite Land
as weite Land ist die Seele des Menschen. Es gibt kostbarere
Gleichnisse, auch in den Titeln Schnitzlerscher-Dramen. Aber
nehmen wirs hin und fragen wir lieber, was Schnitzler in
ungefähr einem Dutzend weiter Länder gesehen hat. Dann fällt zunächst
das weg, das ein einziger Tennisplatz ist, und ein paar andre, die
an die seriösen Länder angrenzen, wie Operettenstaaten an Gro߬
staaten, und die nur dazu da sind, um die Karte möglichst bunt zu
machen. Schnitzler hat hier ab und zu nachdrücklich ans Theater ge¬
dacht. Er verschmäht nicht Schwankscherze, nicht Schwanksiguren, nicht
Schwanksitnationen. Aber es ist wirklich nicht zu bezweifeln, daß er
sie, und übrigens mit Maß, in seine Tragikomödie hineingesetzt hat,
weil er auch gröbere Elemente als uns, die wir ihm sicher sind, für
die Tragik seiner Komödie gewinnen wollte. Verwunderlicher ist,
welche anfängerhafte Not auf einmal wieder der Verfasser von bühnen¬
runden und schlagkräftigen Werken hat, um die Karre in Gang zu
bringen und in Gang zu erhalten. In den ersten drei Akten ist, ab¬
gesehen von jenen listig eingestreuten Lustigkeiten, je ein Viertel Füllsel
eines merkwürdig unbeholsenen Technikers. Erst die beiden Schlu߬
akte haben die Prägnanz, die das Drama braucht. Es sind durchaus
nicht allein die handgreiflichen Effekte, die diese Akte eindrucksstärker
machen. Schnitzler hat sich einfach heiß geschrieben. Die Sätze werden
leichter, schneller, kürzer und sagen, trotzdem oder deshalb, mehr. Der
Dialog bekommt hier manchmal den Klang von Stichomythien. Der
letzte Akt hat dreizehn, der erste fünfunddreißig Seiten. Das ist be¬
zeichnend. Als Schnitzler fertig war, hätte er im Fieber der Arbeit
von neuem an die erste Hälfte gehen sollen. Aber das, nicht wahr,
ist mir für die Wirkung aufs Publikum wichtig, keineswegs für die
Wirkung auf mich, für den sich ein kultivierter Kenner wie Schnitzler
gar nicht genug Zeit nehmen kann. Auch aus dem gestrecktesten Ge¬
plander eines Dichters will ich heraushören, worum es ihm ernst ist,
wenn es nur ein Dichter, und wenn es ihm nur ernst ist.
Schnitzlern ist es gerade diesmal verteufelt ernst. Leider ist er
in Berlin an eine ausdrucks= und gefühlsnüchterne Bühne geraten,
der sein Ernst wohl zu pathetisch war, und die ihn darum gestrichen hat.
Es darf den Dichter also nicht erstannen, daß selbst ein kluger Kritiker
ihn für frivol gehalten hat. Der Doktor Mauer, der als der an¬
ständigste Mensch durch die Gesellschaft des Stückes spaziert, fällt über sie
das Urteil. Er hätte nichts einzuwenden gegen eine Welt, in der die Liebe