—
S 1-
eschnitt aus:
K. 3 2
Sone
„
Shakespeare disait: & Läme d’autrui, vois¬
stu, c’est unc forêt obscure... Pour M. Ar¬
sthurShmtzlerT'auteur dramatique vien¬
noisCfdonlg ön se rappelle Souper dadien),
Päme des hommes est un #vaste pavs 9.
Sous ce titre, il vient de donner au théä¬
tre de la Cour, à Vienne, avec un succès
retentissant, une tragi-comédie qui fera le.
tour de l’Europe. La psychologie des caracs
tères, l’observation qui s’y remarque, délis
cate et profonde, de la conscience humaine,
assureront à cette piéce, qui est unc cuvre,
une place à part dans l’estime de tous les
connaisseurs. Le röle princival, un type de
grand industriel, était destine 1 Joseph Hainz,
ie grand comédien dont l’autriche pleure
encore la perte!
Enfin, voilà donc une pièce; unc créa¬
Ition vraiment belle ä tenter! s’écria cc der¬
nier sur son lit de mort, quand on lui lut ie
Vaste pays.
Joseph Hainz ent été superbe dans le Vaste
Pays. H edt mis dans tout leur relief les co¬
tes hautains, doulonreux, amers, passionnés
du personnage. Pour jouer en France ot en
Europe un tel röle, il Tandrait Lucien Gui¬
try; lui seul aurait la puissance de talent
nécessaire à cette création. Pendant les en¬
tr’actes de la piéce, le soir de la première, i!
n’yavait qu'une voix: Voilä un role pour
Lucien Guitry! Comme Guitry serait beau
dans ce personnage #.. Hommage précienx,
hommage significatif rendu au grand artiste
que I’Europe entière nous envie!
HUK U37 O
00
1001
„Das weite Land.“
Die Seele ist ein weites Land. So vieles hat zugleich Raum
in uns! Liebe und Trug, Treue und Treulosigkeit, Anbetung für
eine und Verlangen nach einer anderen. Wir versuchen wohl,
Ordnung in uns zu schaffen, so gut es geht; wir stellen Begriffe
auf, geben Namen: Liebe, Haß, Eifersucht; aber diese Ordnung
ist doch nur etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos.
Auch die Anwendung der Moralbegriffe und der psychologischen
Definitionen hilft uns nicht weiter. Wir vermögen oft nicht zu
sagen, ob einer falsch oder ehrlich war; wir können einen und
denselben Menschen feig oder erhaben nennen; wir sehen die
Gemeinheit und den Zartsinn in dem gleichen Herzen wohnen und
müssen wahrnehmen, wie sie nicht nur ihre Rollen, sondern auch
ihre Masken tauschen. Zynismus und Begeisterung, Gier und
Entsagung, Verrat und Hingebung sind oft kaum zu unterscheiden
und wer ist für diese Widersprüche verantwortlich? Es geht arg,
es geht wunderlich, es geht tragikomisch zu im menschlichen Seelen¬
leben. Mit ein paar Schlagworten ist der Nächste nicht ergründet.
Die Seele ist ein weites Land.
So hätten wir, nach dem Willen ArkyurScnitzlers, den
Titel seiner neuesten „Tragikomödie“ zu verstehen. Aber just mit
dieser Erklärung will der Titel nicht zum Stücke passen. Ein
weites Land ist kein Chaos. Ein weites Land mit seinen mannig¬
fachen Bodenerhebungen, Wasserläufen und Vegetationserscheinungen
zeigt uns eine natürliche Harmonie, in der alles wohlbegründet
ist und eins das andere bedingt und verständlich macht. Wenn wir
nun im Lande „Ordnung schaffen“, um uns der reichen Gaben,
die die Natur entweder allzu üppig oder aber noch unentwickelt
darbietet, vorteilhafter bedienen zu können, so begnügen wir uns
keineswegs damit, Begriffe aufzustellen und Namen zu geben und¬
im übrigen die Natur walten zu lassen, sondern wir trachten die
Naturgesetze selbst zu erforschen und zur Richtschnur unserer ord¬
nenden und zugleich schöpferischen Tätigkeit zu machen, so daß wir
imstande sind, Keime zum Wachstum, Knospen zur Blüte, Früchte
zur Reife zu bringen und schädlicher Überwucherung vorzubeugen.
Ein Faust, der dem Meere Land abgewinnt, „den Wellen ihre
Grenzen setzt, die Erde mit sich selbst versöhnet", tut nichts
Künstliches, nichts, worüber die Natur nicht hinterher selbst eine
Freude hätte; er nützt vielmehr die natürlichen Kräfte und befolgt
die Regeln des natürlichen Geschehens. Er leiht der „blinden“
Natur sein Auge, er lenkt ihre unbedachten Triebe mit dem
menschlichen Verstande. Bei jeder Flußregulierung, jeder Wildbach¬
verbauung wird scheinbar der Natur Gewalt angetan und dennoch
der Wille der Natur erfüllt: wenn die Ufer geschützt sind, das
Bett des Wasserlaufes sich vertieft und die Wellen geradeaus ein¬
strömen, durch keine Felsen gehemmt, in keinem Wirbel auf¬
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Shakespeare disait: & Läme d’autrui, vois¬
stu, c’est unc forêt obscure... Pour M. Ar¬
sthurShmtzlerT'auteur dramatique vien¬
noisCfdonlg ön se rappelle Souper dadien),
Päme des hommes est un #vaste pavs 9.
Sous ce titre, il vient de donner au théä¬
tre de la Cour, à Vienne, avec un succès
retentissant, une tragi-comédie qui fera le.
tour de l’Europe. La psychologie des caracs
tères, l’observation qui s’y remarque, délis
cate et profonde, de la conscience humaine,
assureront à cette piéce, qui est unc cuvre,
une place à part dans l’estime de tous les
connaisseurs. Le röle princival, un type de
grand industriel, était destine 1 Joseph Hainz,
ie grand comédien dont l’autriche pleure
encore la perte!
Enfin, voilà donc une pièce; unc créa¬
Ition vraiment belle ä tenter! s’écria cc der¬
nier sur son lit de mort, quand on lui lut ie
Vaste pays.
Joseph Hainz ent été superbe dans le Vaste
Pays. H edt mis dans tout leur relief les co¬
tes hautains, doulonreux, amers, passionnés
du personnage. Pour jouer en France ot en
Europe un tel röle, il Tandrait Lucien Gui¬
try; lui seul aurait la puissance de talent
nécessaire à cette création. Pendant les en¬
tr’actes de la piéce, le soir de la première, i!
n’yavait qu'une voix: Voilä un role pour
Lucien Guitry! Comme Guitry serait beau
dans ce personnage #.. Hommage précienx,
hommage significatif rendu au grand artiste
que I’Europe entière nous envie!
HUK U37 O
00
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„Das weite Land.“
Die Seele ist ein weites Land. So vieles hat zugleich Raum
in uns! Liebe und Trug, Treue und Treulosigkeit, Anbetung für
eine und Verlangen nach einer anderen. Wir versuchen wohl,
Ordnung in uns zu schaffen, so gut es geht; wir stellen Begriffe
auf, geben Namen: Liebe, Haß, Eifersucht; aber diese Ordnung
ist doch nur etwas Künstliches. Das Natürliche ist das Chaos.
Auch die Anwendung der Moralbegriffe und der psychologischen
Definitionen hilft uns nicht weiter. Wir vermögen oft nicht zu
sagen, ob einer falsch oder ehrlich war; wir können einen und
denselben Menschen feig oder erhaben nennen; wir sehen die
Gemeinheit und den Zartsinn in dem gleichen Herzen wohnen und
müssen wahrnehmen, wie sie nicht nur ihre Rollen, sondern auch
ihre Masken tauschen. Zynismus und Begeisterung, Gier und
Entsagung, Verrat und Hingebung sind oft kaum zu unterscheiden
und wer ist für diese Widersprüche verantwortlich? Es geht arg,
es geht wunderlich, es geht tragikomisch zu im menschlichen Seelen¬
leben. Mit ein paar Schlagworten ist der Nächste nicht ergründet.
Die Seele ist ein weites Land.
So hätten wir, nach dem Willen ArkyurScnitzlers, den
Titel seiner neuesten „Tragikomödie“ zu verstehen. Aber just mit
dieser Erklärung will der Titel nicht zum Stücke passen. Ein
weites Land ist kein Chaos. Ein weites Land mit seinen mannig¬
fachen Bodenerhebungen, Wasserläufen und Vegetationserscheinungen
zeigt uns eine natürliche Harmonie, in der alles wohlbegründet
ist und eins das andere bedingt und verständlich macht. Wenn wir
nun im Lande „Ordnung schaffen“, um uns der reichen Gaben,
die die Natur entweder allzu üppig oder aber noch unentwickelt
darbietet, vorteilhafter bedienen zu können, so begnügen wir uns
keineswegs damit, Begriffe aufzustellen und Namen zu geben und¬
im übrigen die Natur walten zu lassen, sondern wir trachten die
Naturgesetze selbst zu erforschen und zur Richtschnur unserer ord¬
nenden und zugleich schöpferischen Tätigkeit zu machen, so daß wir
imstande sind, Keime zum Wachstum, Knospen zur Blüte, Früchte
zur Reife zu bringen und schädlicher Überwucherung vorzubeugen.
Ein Faust, der dem Meere Land abgewinnt, „den Wellen ihre
Grenzen setzt, die Erde mit sich selbst versöhnet", tut nichts
Künstliches, nichts, worüber die Natur nicht hinterher selbst eine
Freude hätte; er nützt vielmehr die natürlichen Kräfte und befolgt
die Regeln des natürlichen Geschehens. Er leiht der „blinden“
Natur sein Auge, er lenkt ihre unbedachten Triebe mit dem
menschlichen Verstande. Bei jeder Flußregulierung, jeder Wildbach¬
verbauung wird scheinbar der Natur Gewalt angetan und dennoch
der Wille der Natur erfüllt: wenn die Ufer geschützt sind, das
Bett des Wasserlaufes sich vertieft und die Wellen geradeaus ein¬
strömen, durch keine Felsen gehemmt, in keinem Wirbel auf¬