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Dasseite Land
gewissen „Kunstzirkeln“ sein widerliches Dasein führt. schaftlichen Milieus geg
Der neueste Schnit
w 40
BWienerisch ist das, was in den vier Akten des Stückes
AU
süßen Zibeben abgeben.
(„Die welle Kand.)
geschieht, gewiß nicht. Der fünfte, der in der Alpen¬
Damit sind alle
Es muß den lebhaften Protest des Wiener Bürgers
landschaft spielt, enthält mehr Wiener Luft. Aber der
neuesten Schnitzlers gek
gehört eigentlich nur lose zum Stück.
hervorrufen, wenn ein jüdischer Schriftsteller eine der¬
falteter Dialog, amusant
artige Philippika für den Ehebruch durch ein gut erfun¬
Den Tiefsinn des Titels habe ich bereits charak=Tiefsinn halb ausgespro
denes Milieu in den Wiener Boden verpflanzen will,
terisiert und ich erlebe die Genugtuung, daß in Wien jeder ergänzen kann, wie
als wurzle eine derartige Moral in diesem Boden.
und Berlin ganz dieselben Urteile darüber gesprochen vier Akte lang gedauert h
werden. „Das weite Land“ soll die Menschenseele sein.fragt sich, was denn eig
* Schnitzler bewegt sich jahraus, jahrein in einer Um= Ebensogut ist die Seele die bekannte „Kettenbruck“ ...Ifolg“ machte. Dann tri
gebung, die gewiß nichts weniger als „wienerisch“ ist. Und auch das könnte ein Hoteldirektor gesagt haben. ganze Blase der Familie
Dort mag er die Figuren für sein neuestes Stück ge= Wo bleibt der Schnitzlersche Tiefsinn, der sich immer die heutzutage eben jed
funden haben. Warum aber begeht er das Unrecht, repräsentiert, wie des Dichters Stirnlocke
aus dem Theater mit
dieses internationale Plaidoyer für den Ehebruch zu schmachtend, aus Abgrundtiefen tauchend und rätsel= den Direktor, der mangels
einem Wiener Stück umstempeln zu wollen? Ist
haft wie ein unlösbarer Rebus..
dieser Herr Hofreiter mit seiner zerfressenen Schweinigl¬
nimmt, was ihm volle
moral ein Wiener, weil er Hofreiter heißt und in Baden
Kurz gesagt, ist die Geschichte die: Ein widerlich sind die unverholenen E
seine Villa hat? Ich glaube, weit eher paßt diese Moral
geiler Mensch, der keine anderen Sorgen hat, als die pikant; es wird sich je
auf den literarischen Snob, der Theaterstücke schreibt,
Weiber, wird als Held in den Mittelpunkt der Hand=wollen, das an diesem
die Weibchen austauscht wie ein Kaninchen und mit achtung¬
lung gestellt. Seine Brunst kennt keine Eheschranken und wurde.
gebietender Unverschämtheit dieses Chaos für das Natür¬
kein Nächstenrecht, und auch das Mädel, das ihm in
liche ausgibt.
Allmählich wächst j
den Weg läuft, schnappt er damit weg. Das alles aber Truppe für solche Stücke
soll Seelentiefe oder =untiefe sein, Menschenschicksal. Zul keinen Wallenstein mehr
Der Wiener ist leichtlebig, unbesonnen und genuß=meiner Zeit hieß man den Mann kurzweg einen Hamlet und keinen Fiesko,
süchtig. Aber ihm liegt nichts ferner, als seine treiben= Schweinkerl ... Er verbittert seiner Frau das Dasein, ausgezeichneten Hofreiter
den Kräfte und Säfte klügelnd zu analysieren, aus derser kennt weder Freundschaftsrespekt, noch das Recht der
mit einem stadtbekannten
Unzucht gewaltsam eine Inzucht machen zu wollen. Wie jugendlichen Unverdorbenheit; er schießt auch den Lieb=somit für halbe Jungfraue
dieser Herr Hofreiter und dieser Bankier Natter und haber seiner Frau nieder, angeblich, weil der seine Burgtheater wird immer
diese klug daherschnatternde Jungfrau, die wiederum in Jugend zeigte. Wie diese unkomplizierte Wüstlingsnatur Retter gerufen, wird das
dem Milieu wurzelt, welches dem „verwöhnten" Lieb=der Held einer Tragikomödie sein soll, bleibt unerfindlich,
Tode retten.
ling der Damenwelt stetig vorschwebt. Ein Wiener noch unerfindlicher, wie der Mann eine Wiener Type
Soweit wären wir j
Mädel ist leichtsinnig und wirft sich vielleicht auch ge=darbieten soll. Nebenbei wird noch geschmackloserweisetheater wirklich echte Port
legentlich weg. Aber diese klügelnden Halbjungfrauen, ein alpenländischer Kraftmensch als interessante Spe=daß man mit derartigen
die sind das Produkt jenes Literaturfnob, der gewalt=zialität hingestellt. Die anderen handelnden Personen muß. Und daß die kleine R
sam eine eigene Richtung schuf, seine angefaulte Moral sind nur da, dem Helden das Piedestal abzugeben. Ueber wie eine alte Burgtheaterst
in die Mode zu bringen, der in Theatercouloirs und indas Ganze ist die pikante Sauce eines bekannten land=Sprechweise hat, die sich
*Die heutige Aummer umfaßt 1e Heiten. —
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gewissen „Kunstzirkeln“ sein widerliches Dasein führt. schaftlichen Milieus geg
Der neueste Schnit
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BWienerisch ist das, was in den vier Akten des Stückes
AU
süßen Zibeben abgeben.
(„Die welle Kand.)
geschieht, gewiß nicht. Der fünfte, der in der Alpen¬
Damit sind alle
Es muß den lebhaften Protest des Wiener Bürgers
landschaft spielt, enthält mehr Wiener Luft. Aber der
neuesten Schnitzlers gek
gehört eigentlich nur lose zum Stück.
hervorrufen, wenn ein jüdischer Schriftsteller eine der¬
falteter Dialog, amusant
artige Philippika für den Ehebruch durch ein gut erfun¬
Den Tiefsinn des Titels habe ich bereits charak=Tiefsinn halb ausgespro
denes Milieu in den Wiener Boden verpflanzen will,
terisiert und ich erlebe die Genugtuung, daß in Wien jeder ergänzen kann, wie
als wurzle eine derartige Moral in diesem Boden.
und Berlin ganz dieselben Urteile darüber gesprochen vier Akte lang gedauert h
werden. „Das weite Land“ soll die Menschenseele sein.fragt sich, was denn eig
* Schnitzler bewegt sich jahraus, jahrein in einer Um= Ebensogut ist die Seele die bekannte „Kettenbruck“ ...Ifolg“ machte. Dann tri
gebung, die gewiß nichts weniger als „wienerisch“ ist. Und auch das könnte ein Hoteldirektor gesagt haben. ganze Blase der Familie
Dort mag er die Figuren für sein neuestes Stück ge= Wo bleibt der Schnitzlersche Tiefsinn, der sich immer die heutzutage eben jed
funden haben. Warum aber begeht er das Unrecht, repräsentiert, wie des Dichters Stirnlocke
aus dem Theater mit
dieses internationale Plaidoyer für den Ehebruch zu schmachtend, aus Abgrundtiefen tauchend und rätsel= den Direktor, der mangels
einem Wiener Stück umstempeln zu wollen? Ist
haft wie ein unlösbarer Rebus..
dieser Herr Hofreiter mit seiner zerfressenen Schweinigl¬
nimmt, was ihm volle
moral ein Wiener, weil er Hofreiter heißt und in Baden
Kurz gesagt, ist die Geschichte die: Ein widerlich sind die unverholenen E
seine Villa hat? Ich glaube, weit eher paßt diese Moral
geiler Mensch, der keine anderen Sorgen hat, als die pikant; es wird sich je
auf den literarischen Snob, der Theaterstücke schreibt,
Weiber, wird als Held in den Mittelpunkt der Hand=wollen, das an diesem
die Weibchen austauscht wie ein Kaninchen und mit achtung¬
lung gestellt. Seine Brunst kennt keine Eheschranken und wurde.
gebietender Unverschämtheit dieses Chaos für das Natür¬
kein Nächstenrecht, und auch das Mädel, das ihm in
liche ausgibt.
Allmählich wächst j
den Weg läuft, schnappt er damit weg. Das alles aber Truppe für solche Stücke
soll Seelentiefe oder =untiefe sein, Menschenschicksal. Zul keinen Wallenstein mehr
Der Wiener ist leichtlebig, unbesonnen und genuß=meiner Zeit hieß man den Mann kurzweg einen Hamlet und keinen Fiesko,
süchtig. Aber ihm liegt nichts ferner, als seine treiben= Schweinkerl ... Er verbittert seiner Frau das Dasein, ausgezeichneten Hofreiter
den Kräfte und Säfte klügelnd zu analysieren, aus derser kennt weder Freundschaftsrespekt, noch das Recht der
mit einem stadtbekannten
Unzucht gewaltsam eine Inzucht machen zu wollen. Wie jugendlichen Unverdorbenheit; er schießt auch den Lieb=somit für halbe Jungfraue
dieser Herr Hofreiter und dieser Bankier Natter und haber seiner Frau nieder, angeblich, weil der seine Burgtheater wird immer
diese klug daherschnatternde Jungfrau, die wiederum in Jugend zeigte. Wie diese unkomplizierte Wüstlingsnatur Retter gerufen, wird das
dem Milieu wurzelt, welches dem „verwöhnten" Lieb=der Held einer Tragikomödie sein soll, bleibt unerfindlich,
Tode retten.
ling der Damenwelt stetig vorschwebt. Ein Wiener noch unerfindlicher, wie der Mann eine Wiener Type
Soweit wären wir j
Mädel ist leichtsinnig und wirft sich vielleicht auch ge=darbieten soll. Nebenbei wird noch geschmackloserweisetheater wirklich echte Port
legentlich weg. Aber diese klügelnden Halbjungfrauen, ein alpenländischer Kraftmensch als interessante Spe=daß man mit derartigen
die sind das Produkt jenes Literaturfnob, der gewalt=zialität hingestellt. Die anderen handelnden Personen muß. Und daß die kleine R
sam eine eigene Richtung schuf, seine angefaulte Moral sind nur da, dem Helden das Piedestal abzugeben. Ueber wie eine alte Burgtheaterst
in die Mode zu bringen, der in Theatercouloirs und indas Ganze ist die pikante Sauce eines bekannten land=Sprechweise hat, die sich
*Die heutige Aummer umfaßt 1e Heiten. —