II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 8

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23. Der Schiefer der pierrette
HUSTERMANN
RICHTEN-BUREAU
UNGE-STRASSE 25/27.
dener Anzeiger
den
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lhat Dohnänvi nicht jeden Schritt gezeichnet, aber überall.Preuy bei uns importiert wurden, Konkurrenz machen
und Wisnschaft
wo es galt, Gefühlsmäßiges zu untermalen, Seelisches zu wollen. Was erleben wir? Ein Mädchen läuft am Hoch¬
Oppknhaus. Uraufführung: Der
offenbaren, erreicht seine Musik den gewollten Effekt. Imszeitsabend dem Bräutigam davon. Wir treffen sie in der
prette. Pantomime in drei Bildern
großen und ganzen stützt er sich auf den Wagner des Nibe= Wohnung des Geliebten, dem sie Gift bringt, damit sie beide
Musik von Ernst v. Dohnänni.
lungenringes und des Tristan. Doch ist die Abhängigkeit sterben können. Doch nur er trinkt den Todestrank, sie
hlen hat uns die Aufführung dieses
nicht sklavisch, sondern mehr eine feste Grundlage zu eigenem schandert noch im letzten Augenblick zurück. Der Geliebte
Freude, ein musikalisch werlvolles
Bau. Selbständig gibt er sich in einigen Tänzen, die als fällt tot hin, sie läuft wieder zur Hochzeit, läßt aber den
, gesellte sich die Abneigung vor den
Umrahmung der schauerlichen Handlung anzusehen sind.
Schleier bei dem Toten zurück. Bei der Hochzeit erscheint
zu. Die Frage, was überwiegt, wird
Der Zwischenakts=Walzer vor dem zweiten Bild ist ein
ihr der Tote. Um den Schleier wieder zu haben, muß sie
Stückes entscheiden können. Es muf
Stück voll außergewöhnlicher Lebenslust und weist präch¬
ihm folgen. Der Bräutigam heftet sich an ihre Fersen. Sie
fik so viel Kraft hat, um die Herrschaft
tige Erfindung und vorzügliche Arbeit auf. Er hat alle
kommen in die Wohnung des Toten. Dort schleppt der
ringen. Wir haben ja an der Opern¬
Anwartschaft darauf, in populären Konzerten eine Rolle
Bräutigam den Leichnam in die Sofaecke, zwingt die Braut,
für unser Gefühl schrecklichen Vor=szu spielen. Weniger erfindungsreich ist ein Menuett im
dem Toten gegenüberzusitzen und ihm zuzutrinken und
Wir sahen die Qualen einer Frau, die zweiten Bild. Am meisten von aller Musik fallen die Töne
schließt sie mit der Leiche zusammen im Zimmer ein. Das
lebenden Mannes zu graben ge¬
zu den grausigen Vorgängen auf. Die schauerliche Höllen¬
arme Weib wird darob wahnsinnig und in schrecklichem
Eten Geständnisse von einer Frau da¬
musik Isie ist als Schnellpolka bezeichnet) im zweiten Bild,
Tanze bricht sie vor der Leiche zusammen. Die Vorgänge
an sie die Schmerzensschreie ihres ge¬
die scheinbar die Musiker auf der Bühne mit ihren zer¬
sind nur auf brutalen Effekt hin aufgebaut. Alles, was zu
krnehmen ließ, wir sahen die Salome
trümmerten Instrumenten spielen und die meisterliche Be¬
begreifen, zu entschuldigen, zu verzeihen wäre, fehlt. Daß
hnes küssen — aber überall hat uns
herrschung neuzeitlicher Chromatik verrät, geht an Wir¬
die Hauptpersonen Harlekinsgewand tragen, macht die
flichen Roheit der Vorgänge abgelenkt
kungsfähigkeit weit über alle Höllen= und Gespenstertöne,
Sache schlimmer, statt sie zu mildern. Denn nun heben sie
hder Kunst spüren lassen. Beethoven,
die nach Berlioz geschrieben wurden. Und was an¬
sich von den anderen, die im Alt=Wiener Kostüm kommen,
sind nun größere Talente als
zuerkennen ist: nicht der Instrumentator, sondern der
als besondere Typen ab und alles, was sie tun, wirkt ver¬
ohne Kunst, das heißt ganz ohne jede
Musiker hat die Farbe dazu geliefert. Wenn bei diesem
größert, vergröbernd. Ein Fehler in der Anlage der
rauenhaften Stoff sind wir auch dies¬
Tanz der Geist des Pierrot erscheint und zu der wirren
Pantomime ist, daß, wer das Textbuch nicht vorher gelesen
rden. Das spricht für Dohnänyi. —
Hast des Zweiviertel=Rhythmus das schwer dröhnende, einst
hat. am Anfang nicht weiß, um was es sich handelt, weil die
mimen der Jetztzeit bekannt wurde,
wehmutsvolle, jetzt wuchtige Motiv des toten Liebhabers
Hauptperson nicht auf der Bühne ist. — Die Darstellung
In Dresden haben wir als Kom¬
kontrapunktiert ist, so werden wir im Tiefsten erschüttert.
dieser Hauptperson (Pierrette) zeigte die große mimische
nur Wormser und Adolf David
Das zweite Bild bedeutet den musitalischen Höhepunkt.
Veranlagung Irma Tervanis von neuem.. Die Eralta¬
den Werken dieser Komponisten
Eine Steigerung weist das dritte Bild nicht auf. Im Gegen¬
tion der Rolle löste ein reiches Gebärdenspiel aus. Vielleicht
r der Pierrette weit ab. Dort haben
teil. Der Tanz der wahnsinnig gewordenen Pierrette vor
zuviel; zumal beim Angenrollen. Jede Weichheit war ver¬
ie Tragik. Dort tändelt die Musik
der Leiche des Geliebten ist zu lang und schwächt die künst¬
schwunden. Sympathie mit dieser Frau zu haben, war un¬
t nur an den Gefühlen, unterstreicht
lerische Empfänglichkeit ab, sodaß das Stoffliche allzu sehr
möglich. Sehr viel Temperament sprach aus der Leistung
ehr stark, ist also im wesentlichen An¬
hervortritt. Und da dies der künstlerischen Durchdringung
und ungeheure Willensanspannung. Neben ihr kommen
erhalten wir eine Art von Musik¬
entbehrt, so bleibt der qualvolle Eindruck des Schlusses.
nur noch zwei Rollen in Betracht, die mit Herrn Soot
nd während uns dort die Worte nicht
Eine Kürzung des Tanzes könnte Milderung schaffen. —
(Pierrot) und Trede (Arlekino) gut besetzt waren. Beide
ie hier. Ich habe im Vorbericht schon
Die Handlung selbst ist aus dem Schauspiel Der Schleier
hielten Maß in der Bewegung, boten aber nichtsdesto¬
ß Der Schleier der Pierrette in erster
der Beatriee gewonnen, jedoch mit Zutaten versehen
weniger tiefe Eindrücke. Schuch brachte mit seinem
zu werten ist. Ich glaube, wir
worden, die das menschlich Begreifliche des ehemaligen
eigenen Temperament auch das der Musik zur vollen Gel¬
als Opernkomponisten Hoffnung
Vorganges völlig aufheben. „Der starb um dich? Und den
tung. Bühne und Kostüme waren auf zarten Farbenklang
dazu mit. Er hat großen musita=verrietest du? Und mich um ihn? Und wied'rum ihn um
gestimmt. Nur ein etwas greller Treppenteppich in der
sseine Töne gut zu formen, beherrscht
mich? Was bist du für ein Wesen, Beatrice?“ heißt es im
Dekoration des zweiten Bildes störte. Engen Thari.
drucksmittel und hat Blick für die
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Schauspiel. Alles Seelische, das diese Worte andeuten, ists
ische Bühnentalent, das so manchem
ausgelöscht. Es scheint beinahe, als hätte Schnitzler, als er
KKomponisten abgeht, tritt in der vor= vor sechs Jahren die Pantomime entwarf, den sensationellen
im allgemeinen glücklich hervor. Zwar Nervenstücken, die vor ungefähr acht Jahren aus Nrauk¬