II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 122

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Der Schlefender Pierrette
Telephon 12.801.
„OBSERVER‘
1. österr. Fehördl. konz. Unternehmen für Zeitunge-Ausschaltte
Wien, I., Conoordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christlania,
Genf, Kopenhagen, London. Madrid, Mailand, Minneapolls,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petess¬
burg, Toronto.
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Schnitzler-Dohnányi ist im Punkte der Ausstattungwill. erscheint Pierrette, verstört, angewande
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sehr anspruchslos, daher leicht zugänglich; umso
krankhafter Heiterkeit. Sie verlangt nach Speis
höher stellt es aber durch die Akzentuierung der in¬
Trunk, welche ihr, als sie danach langen wil
Das Nationaltheater hat die Pantomimes neren Vorgänge den Anspruch auf das Ausdrucksver¬
einem Phantom, dem toten Pierrot, gereicht w
„Der Schleier der Pierrette“ von Arthur
mögen der Miene und Bewegung; von der Darstelle¬
Im ausbrechenden Wahnsinne spiegelt ihr die
mit Musik von Ernst v. Dohná¬

rin der Pierrette verlangt es in dieser Beziehung direkt
Hallutination vor, daß den Schleier, nach de
hon ob des guten Klanges der Na¬
eine virtuose Leistung. Pierrot und Pierrette sind hier
Bräutigam frägt, der tote Geliebte in der Han
Wen der Künstler, die sich da zum Werke zusammen¬
der Typus eines unglücklichen, bürgerlichen Liebes¬
Den Gatten an der Hand und nach dem Schlei
getan haben, Aufmerksamkeit erregt hat, erworben
paares, (die Handlung spielt in Wien zu Anfang des
schend, jagt Pierrette dem Gaukelbild nach un
und am 27. d. M. zum erstenmale zur Aufführung ge¬
vorigen Jahrhunderts), und das Stück eine Liebestra¬
langt mit Arlechino in die Stube Pierrots. Da lie
bracht. Die Pantomime als ungesprochenes Drama
gödie mit grausiger Ausmalung des Konfliktes und
Boden der gesuchte Schleier — und die Leiche
mit einer den Ausdruck der Miene und des Gestus
des Hereinbruches der Katastrophe. Pierrette nimmt
rots. Arlechino errät, was geschehen war, höh
unterstützenden charakteristischen Musik ist eine
den ungeliebten Arlechino zum Gemahl und flüchtet
Toten, treibt seinen rohen Spaß mit ihm (ech
natürliche Reaktion gegen „die überhandnehmende
am Hochzeitstage im Brautkleide vom Feste weg in
dern, rüttelt mit Wollust an den Nerven) und
Plattheit des modernen Balletts, das zwar auch Hand¬
die Arme des verzweifelnden Pierrot, doch nur in der
neue grausame Rache: er läßt die Geistesgestör
lung mitführt, aber nur als Nchenprodukt minderer
Absicht, mit ihm gemeinsam in den Tod zu gehen. Sie
der Leiche allein und sperrt das Zimmer ab
Qualität, das Hauptgewicht auf Tanzensemble und
hat nicht den Mut, mit dem ungelichten Manne zu
Qual Pierrettens steigert sich entsetztlich, b
Ausstattungseffekt legend. Bei uns hat die Pantomime
lehen, aber sie besitzt im kritischen Moment auch
aber auch die Erlösung — die Wahnsinnige tan
„Der faule Hans“ von Heida-Nedbal mit Erfolg einen
nicht die Entschlossenheit, ihren Teil des mitgebrach¬
zu Tode und bricht an der Leiche des Geliebte
Trumpf ausgespielt und den weiteren Erwerbungen
ten Giftes zu nehmen. Pierrot stirht, sie beugt sich
sammen. — Offenkundig hat der Dichter hie
in diesem Genre günstig präludiert. Das Werk von
über seine Leiche und verläßt gramerfüilt das unsclige jauf eine Karte gesetzt, die nicht leicht abzuheb
Haus. Myrthenkranz und Brautschleier zurücklassend. Die Darstellung scelischer Qual, die zur #e
*) Ein gut spielbarer und klangsatter Klavieraus- Inzwischen hat man sic beim Hochzeitstanz schon
Umachtung führt und nach grausamen Steige
zug des Werkes ist bei L. Doblingenn Leipzig imvermißt. Der Bräutigam argwöhnt Verrat und in dem der Pein zur Katastrophe, ist. in dramatisches
Druck erschienen.
Momente, wo er wutschnaubend das Fest verlassen I ziel, das von der Pantomime und von der sie
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