II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 250

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23. Der Schleier der Pierrette

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(6, J0 1912
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Theater und Musik.
Theater.
Der Schleier der Pierette. — Komtesse Mizzi.
Grauenhaften. Seine Spiele von Liebe und Tod,
(Neues(deutsches Theater.) In Arthur Schnitzlers.
Hofoper.
in den Dramen und Novellen oft zu höchster
Prosaschriften findet sich manches feine Wort über
Der Schleier der Pierrette.
wie im „Tapferen
Anmut verklärt, oft —
die Musik. Daß jauch in seinen Dramen ein gus
— zum
Cassian“ und im „Großen Wurstel“
Wenige Werke der letzteren Zeit, denen man
Teil=Musik ist, beweist die Tatsache, daß die Kom
tiefsinnig Grotesken gewendet, verirren sich
mit so froher und herzlicher Erwartung ent¬
ponisken sich immner mehr mit diesen Stoffen zu
dann manchmal ins bloß Spielerische mit dem
gegensah wie dieser Pantomime, zu der sich
befassen beginnen. Aus der „Liebelei“ wurde freis
Gräßlichen, ins Willkürliche, ja ins Brutale;
Arthur Schnitzler und Ernst von Doh¬
lich keine recht problematische Oper. Aber daran ist
aber nicht ins Brutale der überschäumenden
nangt Kürstterischvereinigt hatten. Schniteler,
wie in den
weniger der Dichter als sein Vertoner schuld, de
Kraft, des Urmenschentums —
der zärtliche, versonnene, anmutsvoll melancho¬
sich die Sache denn doch zu einfach machte. Al¬
Greueln des „König Cear“ — sondern in das
lische Dichter aller Kostbarkeiten der Wiener
der Angst und Schwäche. Tirgends schlimmer als
weit raffinierterer Artist ist Ernst v. Dohnany¬
Seele, ihrer lässigen Eleganz, ihrer leichtsinnigen,
in diesem von Schalk etwas „beiläufig“ diri¬
an die Arbeit gegangen, als er es sich vornahn
ein wenig schwermütigen Verliebtheit, unter
gierten, von Wymétal recht konventionell
die Pantomime „Der Schleier der Pierette“ z
deren schmeichelnder Sorglosigkeit immer eine
inszenierten, von Godleiski, Erich und
seltsame Unterströmung zu fühlen ist, ein
komponieren. Man kennt das effekivolle Stück vo¬
Tamrich glänzend gespielten
Fräulein
kosendes und mahnendes Flüstern von Liebes¬
seinen früheren erfolgreichen Aufführungen her
„Schleier der Pierrette“, der etwas grinsend
und Todesstimmen, Klänge heiterer Tanzmusik,
und man erinnert sich daran, daß die Musik de¬
Skeletthaftes an sich hat — und auch ein Skelett
die doch von der Fiedel Freund Heins zu tönen
begabten Ungarn wohl nicht aus der ersten Hand
ist: das der übervollen, in dichterischem Reich¬
scheint — und Dohnanyi, der rhpthmisch be¬
aber ungemein dramatisch empfunden ist und ein
tum überfließenden und nur durch diesen Reich¬
wegte, mit feiner Sorgfalt gestaltende, niemals
nicht gewöhnliches Können zeigt. Der textliche Vor
tum an voller Theaterwirkung gehinderten
autrührerische und seelisch beschenkende, immer
Renaissancettagödie Schnitzlers vom „Schleier
wurf ist bekanntlich ein Exzerpt aus dem „Schleier
aber geistreich und wählerisch fesselnde Musiker:
der Beatrice“. Unbegreiflich, daß er imstande
der Beatrix“, der leider im Repertoire des Schnitzler¬
ein Bündnis, von dem man — und gar in der
war, geliebte Gestalten, wie die wundervolle
Zyklus fehlt. Der gestrige Abend gewann wesent¬
edlen, viel zu wenig gepflegten und noch zu
des Dichters Filippo Loschi und die herrlich
tausend Möglichkeiten bereiten Abart der Pan¬
lich an Interesse durch die Mitwirkung von Elsa
königliche, stolz geistige des Herzogs Benti¬
tomime — einen entzückenden Reigen erwarten
[Galafres, die in der Pierette ihre Glanzrolle
voglio zu den dürftigen, nichtssagenden und
durfte: Altwiener Stimmung, lächelnde, schöne
gesunden hat, in der sie trotz des Verzichts auf
gleichgiltigen dieses Pierrot und dieses Arlechino
Frauen, galante lünglinge, eine bestrickende
das Wort alle Facetten ihrer klugen und über¬
einschrumpfen zu lassen; daß er nicht fühlte,
Atmosphäre von Sinnlichkeit und nonchalanter
legenen Kunst leuchten lassen kann. Auch in bezug
wie diese Vorgänge an sich, der sondersamen,
Sentimentalität, ein freudvolles, leidvolles und
auf die prägnante Uebereinstimmung von Spiel
eigenwilligen und bestrickend subtilen Psy¬
gedankenvolles Spiel, unter dessen Oberfläche
chologie beraubt, nur kraß, fremdartig und greil
und Gebärde mit dem Rhythmus der Musik hat di
doch träumerische Zusammenhänge mit dem
wirken müssen und daß sie bestenfalls den Ein¬
Darbietung der Wiener Künstlerin keinen Wunsch
Sinn des Daseinszu spüren sind. — und das alles
druck eines schauerlichen, phantastischen Schatten¬
offen gelassen. Mit unverhohlener Sympathie hat
von anschmiegsamen, deutungsreichen, zu be¬
spiels machen können; daß es seinem empfind¬
ziehungsvollen Maskenzügen gefügten Tönen
man am Pult Ernst von Dohnanyi als über¬
lichen Gefühl entgehen konnte, wie widerwärtig
geschaukelt.
raschend gewiegten Dirigenten seines Werkes wirken
dieser Schlußakt wirkt, in dem eine Leiche herum¬
Es ist leider anders gekommen. Zwar: Alt¬
gesehen. Elsa Galafrés und der Komponist wurden!
geserrt und als stiller Zuseher zu Gelage und
wiener Stimmung ist da, aber die eines grellen
sehr gefeiert. Im Besitze der von ihnen ausge¬
Tanz mißbraucht wird — wie unmöglich eine
Altiiener Totentanzes. Man kennt diese oft
zeichnet gegebenen Rollen sind die Herren Wasch¬
reine Wirkung solcher Szenen ist, deren innere
absonderlichen Stunden bei Schnitzler, in denen
Totwendigkeit nirgends fühlbar ist, zu denen
Imann und Winkelmann geblieben. Vor dem
sein beschaulicher Geist plötzlich ins Rätselhafte,
Keiner innerliche Beziehung finden kann und
„Schleier der Pierette“ wurde der hier auch schon
Schauerliche, ja Blutrünstige flüchtet, in denen
deren Gewolltes auch die Möglichkeit des künst¬
loft gespielte aparte Einakter Schnitzlers „Kom¬
er sich in „Dämmerseelen“ versenkt, in die
lerischen Symbolisierens verwehrt. Dieser dritte
stesse Mizzi“ gegeben. Auch darin fesselte Elsa
dunklen, blutigen Tiefen von geheimnisvollen
Akt ist eine Verirrung, die durch den Musiker
Galafres durch eine interessante Leistung Die
Taten, von Mord und Schändung taucht, mit
noch deutlicher offenbar worden ist. Tirgends
einer fast gespenstigen Lust am unerklärlich
übrige Besetzung war die von früher. Alles in
F. A.
—.——
allem ein sehr anregender Abend.
Fubiläum des
# Sutiches Theater, Zum ## iu Praa