II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 254

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23. Der Schleier der Pierrette

einem starken Konsumrückgange voraussichtlich schon
Sinnen käuft sie ihm nach, Arlechino folgt ihr, sieht in
„Tanke Simona“ und „Der Schleier
Pierrots Wohnung, was geschehen ist und übt nun seine
Rache aus: er füllt die Gläser, nötigt Pierrette zum
9 ###—der Pierrette“. T93. 10
Trinken und will sie im Angesicht des Toten zu Zärtlich¬
Erste Aufführungen im Deutschen Opernhaus.
keiten zwingen. Entsetzt stößt sie ihn von sich. Da geht
er davon und schließt sie ein, und nun kommt der Wahn¬
(ante Simona“ ist eine einaktige Oper, „Der Schleier
sinn über sie: sie tanzt, wilder und immer wilder, bis sie
D der Pierrette“ eine Pantomime in drei Bildern,
zu Pierrots Füßen selbst tot zusammenbricht.
und beide hat Ernst v. Dohnänyi komponiert. Die Pan¬
Die Musik Dohnanyis ist ein wahres Prachtstück, mit
tomime erscheint mir als das sehr viel wertvollere Stück;
blühender Phantasie erfunden und meisterhaft in jedem
sie hebt sich so weit über die Oper hinaus, daß man
Zuge gestaltet. Vorwiegend Gebärde natürlich, wie das
kaum auf denselben Komponisten raten würde, wenn
bei der Musik zu einer Pantomime sich von selbst ver¬
der Zettel es nicht ausdrücklich versicherte.
steht, suggeriert sie den Schauspielern fast jede Be¬
Artur Schnitzler hat das Gerippe der ziemlich graus¬
wegung, jeden Ausdruck, jedes Mienenspiel; das feine,
durchsichtige Gewebe der Instrumente gibt sozusagen
lichen Hand asgebaut. Pierrette ist von ihrer
Hochzeit mit Arlechino weg zu ihrem Geliebten Pierrot
den Grundriß, dessen Linien die Darsteller nur zu folgen
brauchen, um verständlich und überzeugend zum Publi¬
gelaufen, um mit ihm zu sterben. Sie wollen zusammen
den Giftbecher trinken. Pierrot leert ihn auch, sie aber
kum zu sprechen. Die reizvollen Einfälle drängen ein¬
findet nicht den Mut und eilt von dem Toten weg zur
ander förmlich, bisweilen zuckt ein Gedanke auf, den
man geradezu genial nennen könnte, wie die hilflos her¬
Hochzeit zurück. Hier hat Arlechino vergeblich nach ihr
gesucht; sein Toben wird durch Pierrette beschwichtigt,
umirrende Klarinette beim Wahnsinnstanz Pierrettens.
aber nicht sein Argwohn; Pierrettens Angst und Ver¬
Und dann kommen Melodien hinzu, die vom feinsten
Geschmack eingegeben sind, der bezaubernde Walzer im
zweiflung läßt sie überall den Toten sehen: sie will
ruhen — Pierrot schreitet auf sie zu; sie will ein Glas
ersten Bild, mit den Silberfäden der Oboe und Klari¬
Wein trinken — Pierrot reicht es ihr; Arlechino vermißt
nette, die Hochzeitstänze im zweiten und anderes mehr.
ihren Brautschleier und forscht mißtrauisch nach ihm —
Für den musikalischen Feinschmecker ist diese Partitur
Pierrot erscheint und winkt mit dem Schleier. Wie von ein Leckerbissen, wie er ihn nicht oft zu kosten kriegt.
die in ihrem Haushalte für niemg
Die Aufführung war in jedem A
ja, ich glaube sagen zu dürfen, sie
was das Deutsche Opernhaus b
Alles stimmte zusammen, die Dekor
das belebte Spiel der Massen un
steller, das die pantomimischen A
bis auf den letzten Rest erschöpfte
zu nahe zu treten, wird man das #
der Regie des Herrn Dr. Hans K#
müssen. Durch eine ganz ausgez
freute Elsa Galafrès in der Titelro
wegung, kein Zucken des Gesichts
bare übersetzungen des musikali
wesen wären; der Übergang in den
störte, blöde Gesicht, das hysterisch
radezu erschütternd. Sehr gut
Herren Linden (Pierrot) Heyer (A
(Gigolo), und der Komponist, der
führte, bewies, daß er das Orch
herrschen kann wie das Klavier.
Von der „Tante Simona“ sprech
sie hat mir ebensosehr mißfallen, w
der Pierrette“ entzückt hat. Schon
Händel! Eine Harmlosigkeit, die
Steigentesch, Raupach und Kotzebu
früher von ihrem Liebhaber verl
möchte ihre Nichte vor ähnlicher Ent