II, Theaterstücke 23, Der Schleier der Pierrette, Seite 291

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23. Der Schleiender-Bierrette
Gl O.
Weser Zerrung, Brmmnn
itt aus:
A-Mbl. 1973
naseneeenne
elend im Irrenhause zugrunde gehen mußte, wollte über die Schmach der Strafe hin
Berliner Theater.
Tochter, die dem eifersüchtigen
ein Künstlerdrama schreiben. Den Konflikt dachte
Bräutigam hat opfern müssen, ze
F. D. Berlin, Anfang Mai.
er darzustellen, in den ein genialer, aber auch un¬
Veit Stoß vom Pranger in seine
gebundener und zuchtloser Künstler gerät, wenn er
Das zenn' ich Glück haben! Im Abgeordnesen¬
kehrt und von seinem Werke he
sich von den starren bürgerlichen Rechtsgrundsätzen
hause wirh das Königliche Schauspielhaus — nicht
Segen einer letzten Entfühnung
seiner von Patrizierhochmut verwalteten Vaterstadt
zum erstenmal übrigens — wegen seiner literarischen
fließen fühlt, bringen ihm stu
seinem Schaffensdrange jämmerlich gehemmt
in
sind künstlerischen. Rückständigkeit heftiglangegriffen,
triefender Bahre den Leichnam se
sieht und aus dem Kerker der Untätigkeit keinen
und geradel in diesem Monat weist sein Spielplat
sie im Morgengrauen aus der Peg
andern Ausweg findet als den, der über Sünde und
drei, sagelußd schreibe drei Stücke auf, die man zur
Da erst fühlt sich Veit Stoß gerich
Verbrechen geht. Dieser Bildschnitzer, der schon zu¬
Not wirklich zur „modernen Literatuk“ rechnen
könnte. Iwbar sind Björnsons Dramen „Zwischenl vor in Krakan unsterbliche Werke schuf, erschwindelt von einer Macht, gegen die es k
den Schlachten" und „Die Neuvermählten“, gut sich in Nürnberg den Auftrag zu einem großen gibt. Er greift zum Dolche und
Leiche seines Bärbele entseelt zusc
Votivrosenkranz, bildet dann aber, erst einmal in
breißig Jahre alt und gehören nicht gerade zu den
Das dramatische Handwerksg#
der Glut der Arbeit, etwas so Schönes, Reines und
kühnsten Pronunciamientos dieses immer beweg¬
Schriftstellers ist unverkennbar.
Herrliches, daß kein menschliches Auge einen Flecken
sichen, immer temperamentvollen Kopfes, aber an
in den Adern und weiß auf dem ##
der Schande zu entdecken vermag, die doch an dem
Frische und Gegenwartsfarbe nehmen sie es auch
ment der Bühne geschickt zu spiele
Werke klebt. So wächst in ihm der Glaube, alle
heute noch mit jedem Lindau oder Philippi auf.
Gerichtsszene, bricht sogar ein sta
moralische Schuld sei mit der Vollendung dieses
sind dann war da sogar ein blutjunger Antor, der
mit vehementer dramatischer Kraf
Werkes getilgt und keine von den Ehren, die ihm
das Wunder an sich erfuhr, bei lebendigem Leibe mit
so daß man eine ehrliche Erschüt
einem seiner ersten Stücke ins Schauspielhaus am dafür zukommen, dürfe ihm gekürzt werden. Das
Schillerplatz zu kommen. Und gerade in diesen Schicksal und das unbeugsame Recht der Stadt übrigen freilich ist dieser junge A
philologische Realitätenkunde
Wochen beschuldigt man das Haus des Herrnmeinen es anders. Der Betrug des Künstlers wird
dramatischem Temperament misch
Generalintendanten Grafen Hülsen=Haeseler, der aufgedeckt, er wird, nachdem er sich eine Weile dem
Sklave theatralischer Außerlichkeit
Blutbann zu entziehen gesucht hat, vor ein hoch¬
doch im vorigen Jahre den Wagemut seines Stutt¬
schweren Wucht des Apparates, den
garter Kollegen Baron von Puttlitz so begeistert ge=Inotpeinliches Halsgericht gestellt und zu entehrender
feiert hatte, in der Wahl der dramatischen Nenheiten] Prangerstrafe verurteilt. Vergebens hat er den dopbeltem Selbstmord und Hochge
Herren des Rats mit all der leidenschaftlichen In-setzt, leidet empfindlich die Entwich
rückständig zu sein! Das nenn ich entweder eine
brunst eines gottbeseelten Schöpfers entgegen=Konfliktes, die in der Seele des J
ausgesuchte Bosheit der Menschen oder eine aus¬
und Vaters feiner und zugleich
frlesene Güte des Himmels, dies Zusammentreffen. gehalten, daß er im Innersten seines Herzens vom
abspielen müßte als es bei
Himmel selber Vergebung für sein Vergehen emp¬
Doch im Ernst gesprochen! So wenig wie die
Szene geschehen kann.
fangen habe, wie hätte Gott ihn sonst dieses stolze
Aufführung der beiden Björnsonschen Stücke aus
Dabei hätte man sich denken
und fromme Werk so schlackenlos vollenden lassen
siebziger Jahren eine Pflichterfüllung gegen
immerhin hoffnungsvolle Anfäng
können. Die Ratsherren bleiben ungerührt, aber
die dramatische Produktion unserer Zeit bedeuten
ständnisvolleren Regie und Darstel
auch Veit Stoß schnellt wieder empor in dem Be¬
kann, so wenig hat das fünfaktige Schauspiel
stützt sein können, als das Schaf
wußtsein daß all die Demütigung, die ihm da zu¬
Veit Stoß“ von Tim Klein (Buchausgabe
gönnte. Kraußneck als Veit G
bei Georg Müller in München) etwas mit der lgedacht ist, zerstäuben muß vor der innern persön¬
fang an viel zu aufgeregt, als
modernen Literatur zu tun. Dieses Stück könnte lichen Gewißheit, ein über dem irdischen Gesetz
stehender Künstler zu sein. Doch das Schicksal weiß seinen Seelenkampf hätte hineinb
genau ebensogut in den siebziger Jahren des
von den nicht unwichtigen Neben
ihn dennoch zu treffen. Nicht bei sich selber, den der
porigen Jahrhunderts geschrieben worden sein -
denn es ist ein Handwerksstück, keine Offenbarung Trotz unverwundbar gemacht zu haben scheint, son=Iwenige eine Interpretation, die ti
und dann hätten die dern bei dem Liebsten und Teuersten, was seinelischen Ehrgeiz kannte. Ein Eh
bichterischer Kunst —,
Meininger ihm wahrscheinlich die Inszenierung und Seele im zartesten Winkel seines Herzens vor der muß auf das schlichte Blondhaar
Darstellung zuteil werden lassen, nach der es sich bei Welt hegt und pflegt: in seiner Tochter Bärbele, die IThimig gesetzt werden. Sie gas
seiner ganzen historisch=antiquarischen Aufmachung ihm Gefährtin und Beraterin, angebetetes Modell jener effektlosen Einfachheit und
zu sehnen scheint. Tim Klein, übrigens ein Sohn und zu allem Großen und Schönen inspirierendel keit einer empfindungsstarken Nat
bes braven Fröschweiler Chronisten, der dann so Muse ist. Der Mann und Künstler Veit Stoß konnte innen herausholt, und hätte so ma