II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 59

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22. bedandus
ePolitik? Die munste Sromun.
#ids Ein¬ im schriftlichen Wege einberufen werden. fortgesetzt werder
N
Weg zur her. Die Prinzessin ging ins Schloß, um von Anfang an unterliegen muß, wie es seiner
rinzessin
selbst den Kaiser zu töten. Wie Judith in das angeborenen Rolle entspricht, zu unterliegen,
s dringt
Zelt des Holofernes, ging sie ins Schloß Napo¬
wie die Prinzessin von Anfang an bestimmt
or allen
leons. Und Medardus hat in seiner Raserei
ist, zu siegen, weil es ihrer Rasse vorbehalten
m ange¬
keine große Tat begangen... nur eine große
scheint, wie die beiden aber sich gegenseitig ver¬
t ihrem
Tat gehindert; ist wieder einmal geringer und
nichten, weil ein Größerer, einer der zur Welt
id schickt
armseliger gewesen als das Leben. Aber: er
kam, um im Glanz dahinzuschreiten, vor
ndieser
hat den Kaiser gerettet. Er darf frei aus dem
den Kräften des Medardus wie der Prin¬
rinzessin
Kerker gehen, darf wieder seiner Mutter, seinem
zessin geschützt werden muß: Napoleon. Pracht¬
Land, der Zukunft gehören. Jetzt langt er mit
voll ist die Szene, in der sich das Schicksal des
ßer und
tastenden Armen noch ein letztes Mal nach
Medardus wie das Schicksal der Prinzessin
seiner
einem Schein von Größe: bekennt, er habe
entscheidet. Unten, an der Schloßtreppe von
reignisse
gleichfalls dem Kaiser ans Leben gewollt, weist
Schönbrunn. Man hat den Medardus gefangen
waltige
jede Gnade zurück, weigert das Versprechen,
abgeführt, hat die Leiche der Prinzessin hin¬
er liegt
von seinem Vorhaben abzulassen, und wird er¬
wegtragen wollen. Da wirbeln die Trommeln, die
ewickelt
schossen. Stirbt, und es ist mehr ein ver¬
Wachen salutieren, die Menge fließt zusammen,
er sich
zweifelter Selbstmord als das tragische Ende
die Türen der Altane öffnen sich, das Volk
n über¬
eines Helden.
ruft seine Huldigung empor; und dort droben
Eine große Epoche und ein kleiner Mensch.
wird (wenn der Vorhang gefallen ist) Napoleon
n das
Ein gewaltiger Hintergrund und eine seltsam
heraustreten, wird über die Schicksale, die sich
Onkel
ins Enge gezogene Handlung davor, mehr als
hier unten abspielen, hinschreiten als der
r, er¬
Staffage wirkend denn als Hauptgruppe. Auf
große Gebieter dieser Zeit. Der Vorhang fällt,
empor.
einer breit hinrauschenden Flut von Begeben¬
ehe wir ihn sehen. Denn er schreitet in seiner
Tat die
heiten treibend und schaukelnd eine Anekdote,
eigenen Tragödie dahin. In diesem Stück aber
orden!
in deren Kern viel tiefsinnige Menschlichkeit
dürfen wir ihn nicht erblicken. Es ist nicht das
h Plan.
eingeschlossen ist. Kein Drama. Eine
seine. Es spielt sich gleichsam nur unter seinen
Valois
„dramatische Historie“
hinwandelnden Schritten ab; es ist das Stück
nachen.
Das Wertvolle an diesem Werk: seine Bunt¬
der Menschlichkeiten, die sein hinrollender
Deutsch¬
heit des Lebendigen, seine Fülle der Gestalten.
Siegeswagen aufgewühlt hat, wie ein dahin¬
n auch
Die Kunst, Verknüpfungen des Schicksals zu
sausender Wagen Staub und Wasser aus
nst der
zeigen. Die dichterische Kraft, die alle Szenen
Regenlachen und unzähliges,
in Staub
ganz leise von der Wirklichkeit abrückt, und sie
kriechendes, mit Staub bedecktes Leben auf¬
doch in jedem Wort, in jedem Augenblick mit
wühlt, daß es weit umherspritzt.
r hört,
einem bestrickenden Zauber des Notwendigen

Eine Fülle von Bildern hat das Burgtheater
r sieht
und Natürlichen aufleuchten laßt. Die Atmo¬
an diesem balladesken Theaterstück zu be¬
hinan¬
sphäre, die österreichisch ist, wie etwa Haydns
wältigen, und wir können auf dieser vor¬
ersucht,
„Gott erhalte...“. Dann noch die Weisheit,
nehmsten österreichischen Bühne einmal Oester¬
e Tat.
die immer und immer wieder auf die schicksals¬
reich in vielen bewegten Bildern sehen, wie in
erissen.
starke Verteilung der Rollen in der großen
einem farbigbunten Buch. Da ist die Alt¬
ter sich Weltkomödie binweist. Wie der junge Medardus
Wiener Bürgerstube mit ihrem einfachen.
behaglich gedämpften Empire. Dann die Fried¬
scheidene Etzelt des Herrn Treßler, der er¬
hoffzene, die ausgezeichnet im Stil jener Ge¬
greifend königliche Greis, den Herr Hart¬
denkblätter gehalten ist, auf denen die Trauer¬
mann mit seiner seigneuralen Noblesse gibt,
weiden aus Haaren und die Kränze aus Perl¬
die Agathe der Medelsky, die Mutter des
stickerei sind. Da ist die Basteiszene, in der
Medardus: Frau Bleibtreu mit kernhafter
Alt=Wiener Kriehuber=Freundlichkeit, die mit
Echtheit, „riegelsam“ und dann wieder hin¬
heroischen Elementen gemengt wird; dann der
reißend in ihrem Ausbruch wilder Ver¬
Garten mit der Barockmauer bei den Valois,
zweiflung. Ferner die Zofe der Prinzessin,
und das Prunkstück der Aufführung, die
Fräulein Hofteufel, der in dieser Rolle
Schönbrunner Schloßtreppe. All dies ist un¬
etwas sehr Feines gelingt: an die amourösen
aufdringlich herausgebracht, mit einer Vor¬
Zofen des Ancien régime zu erinnern. So
nehmheit, in der sich die Vornehmheit des
graziös und anmutig verbuhlt ist sie, daß man
(Dichters, des Regisseurs und die traditionelle
immer wieder sich erinnert, wie doch um 1809
Vornehmheit des Burgtheaters zu einem
die galante Zeit noch nicht lange vergangen
Ganzen vereinen.
war. Dann Episoden, wie der Neunzigjährige,
Den Medardus spielt Herr Gerasch ohne das
den Herr Straßni gibt; Wiener Bürger:
irre und überfeurige, leicht an Raserei streifende
Herr Heller, Herr Moser; Soldaten: Herr
Temperament, das dieser Jünglingsgestalt
Paulsen und Herr Muratori. Dann das
eigen sein muß. Ausbrüche, die Herr Gerasch arme, verschmähte Mädchen: Fräulein Mell;
versäumt: an der Bahre seiner Schwester, dann,
dann die strebsamere Kokotte: Fräulein
wenn die Zofe als Botin zu ihm kommt. InsWagner; kleine Rollen, die Frau Senders,
diesen beiden Momenten war der Charakter des Fräulein Wilke, Fräulein Rosen, Fräulein
Medardus zu untermalen. Herr Gerasch geht
Gerzhofer geben; die Herren Gimnig,
mit Liebhaberdeklamation drüber weg. Aber
Pittschau, Thimig, Devrient, Löwe,
seine allgemeine Begabung verschafft ihm doch
[Zeska, der Arzt des Herzogs, den
eine allgemeine, wenn auch nur vage an die
Herr Heine einfach meisterhaft spielt, dann
Rolle reichende Wirkung. Die Prinzessin, Fräu¬
der andere Arzt, den Herr Arndt gibt usw.
lein Wohlgemuth, berückend schön, und ihre
Eine Aufführung von einer wundervollen
gelegentlich anfängermäßige Unsicherheit hilft,
Gleichmäßigkeit, von einer ungewöhnlichen
5t
daß die Seelenkälte der Valois deutlicher Höhe des Gelingens.