II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 61

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22. Denjunge Medandus
Die 51. Fortsetzung des Romans „Rudolf Ardagger“
Schwarz, zu viel Blätter mit Trauerrand. Gleich das Vor¬
jedoch sehr wenigen hist
von Eugen Wrany befindet sich auf Seite 23.
spiel bringt einen Doppelselbstmovd, und der erste Akt
Rapp taucht ein paarmal
beginnt mit einem Doppelbegräbnis, der zweite damit,
Eschenbach oder Eschenbach
daß der junge Mebardus halbtot aus einem Duell heim¬
meister, der zwei Kanon
(Feuilletou.
gebracht wird. Später sollte uns sogar ein zweites
AV
Landkarten bei Schnitzler
Begräbnis beschert werden, was aber zum Glück vom
hatte und deshalb dort,
Burgtheater. 771##.0
Rotstift verhindert wurde, und weiterhin müssen allerhand
seinen Namen verewigt,
Einen Superlativ von allerdings sehr neutraler Natur,
Leute, junge und alte, vor unseren Augen ihr Leben
wurde. Auf diese zwei bes
weder Lob noch Tadel kündend, wird niemand dem
lassen, bis ganz zuletzt die Heldin des Stückes erdolcht
Zahl der historischen Per
neuen Stücke von Artur Schnitzler, vorenthalten.
und der Held standrechtlich erschossen wird. Täuschen wir
noch der Kaiser Franz tri
„Der junge Medardus“
ist das (umfangreichste
uns nicht, so war es ein Berliner Kritiker, der einmal
Wohlleben, Wiens Bürger
Stück, das in den letzten Jahrzehnten geschrieben worden,
von Schnitzler sagte, bei ihm gehe Liebelei und Sterbelei
aus der Coulisse hervor. Der
das längste. Das Personenverzeichnis läßt ein Bataillon
immer Hand in Hand. Das Wort, so richtig als witzig,
Männer, die berühmten L#
von Mitwirkenden aufmarschieren; über siebzig Namen
will diesmal nicht passen, diesmal handelt es sich nicht
sieht nach einem bewähr
werden da angeführt, und ihnen folgt, bunt gemustert
um ein bißchen Tod. Nicht ein kleines, feines, sondern ein
darin, die Geschichte derer
und dicht gereiht, die Heerschar der Namenlosen, der
großes Sterben geht durch dieses Stück: sämtliche Todes¬
haben. Verschollene Zeits
Statisten und Figuranten. Nach der Einteilung des ge¬
arten werden ausgenützt, und unter den Knochenfingern
Klingen zu bringen, die
druckten Buches zerfällt das Werk in sechs Akte, wovon
des Klappergespenstes ertönt die mörderische Orgel in allen
Ruhmlosen ruft er ins Le
ein Vorspiel, jeder Akt in mehrere Bilder. Im ganzen
Registern. Freilich, die Zeit ist auch danach. 1809! Die
dem Stück spielt das Volk
haben wir deren siebzehn gezählt, und manches darunter
Franzosen zum zweitenmal in Wien! Jetzt nicht, wie
teilt sich in vielerlei Abart
kommt einem ausgewachsenen Akte gleich. Siebzehn
anno fünf, als interessante, fast ein wenig willkommene
Leute und gemeine Kerle
Bilder, siebzehn Akte, wovon nur zwei für die Auf¬
Gäste, jetzt als wildes Kriegsvolk, das die Stadt mit
Wienern nicht, und da
führung gestrichen wurden, so stellt sich die Rechnung.
Feuer und Schwert heimsucht, Not und Tod durch alle
gerechnet. Das Großmaul,
Wahrlich, man wundert sich, daß gerade Schnitzler, der
Gassen jagt. Zwei große Schlachten wurden in Wiens
eilen vorüber, jeder von d
Mann der psychologischen Feinkunst, den Mut und die
unmittelbarster Nähe geschlagen, die Weltgeschichte
gewicht gestört, aus seiner
Kraft gefunden, solche Gebirgsmassen über die Bretter zu
donnerte furchtbar an die Tore der Stadt. Den Wienern
echten und den falschen P
wälzen, einem so massiven Ungetüm künstlerische Form
muß die Erinnerung an dieses schreckliche Jahr lange
einer eigenen Szene ertö
und Gestalt zu geben.
nachgegangen sein. Was sie vorher schon Schlimmes und
Studenten singen sie and
Er nennt sein Werk eine „dramatische Historie“. Was
Arges hatten erdulden müssen, sammelte sich ihnen später
die an Auerbachs Keller,
er vorführt, will er uns auf historischem Hintergrund
unter diesem einen schicksalsschweren Datum, trug zuletzt
schänke erinnern könnte, w
zeigen, und unser Wien ist es, das ihm diesen Prospekt
alles diese Jahreszahl. Grillparzer in seiner Selbst¬
und die Elisabeth dabei wa
liefert, das alte Wien des Jahres 1809. So vollständig,
biographie belastet das Jahr 1809 sogar mit dem Pre߬
fachem Abzug. Auch hier h
so lückenlos ist es noch in keinem Theaterstücke lebendig
burger Frieden, der doch schon 1805 abgeschlossen wurde
Farbe. 1809 ist nicht mehr
geworden. Man sieht die alten Gassen, sieht die Bastei
und Oesterreich teuer genug zu stehen kam. Dieses
Vaterlandsliebe den Behört
neben dem Burgthor, man ahnt das Paradeisgartl, sieht
Neunerjahr sollte schließlich für alles erlittene Unheil
man nicht bloß die Wehrkr
Schönbrunn. Hinter jeder Szene ragt sozusagen der
Schuld und Verantwortung tragen.
Potenzen mobil gemacht,
Stephansdom in die Luft, leiht ihr das besondere Kolorit,
Auch der junge Grillparzer erfüllte damals seine
des Volksgemütes. Ein deu
die anheimelnde Wärme. Der alte Steffel habe das Stück
Bürgerpflicht. Er trat dem Studentenkorps bei und
aber zunächst doch nur gan
gedichtet, möchte man beinahe behaupten. Er hat es
führte, wenngleich mit gedämpftem Enthusiasmus seinen
Wort „deutsch“ wird in
unterzeichnet, er hätte es unterzeichnet, würde er nicht doch
Schießprügel auf der Bastei spazieren. Eigentlich hätte er
Collin gar nicht, in denen
über dies und das den Kopf geschüttelt haben. Vor allem
ein Recht darauf, in dem neuen Stück ein wenig mit¬
einmal ausgesprochen. Unte
enthält es zu viel tiefdunkle Stellen, zu viel schwärzestes zutun. In dieser dramatischen Historie begegnet man kneipe ist einer, der noch