II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 114


22. Der junge dandus
Telephon 12.801.
JOSSLNVEN
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania,
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(Qaellenangabe ohne Gewähr.)
Der Tag, Berlin
Ausschnitt aus:
1
25 MUTER RL S 1910
vom:
1
* „Der junge Medardus“, Artur
Schnitzlers neues Stück, wurde gestern im Wiener
Burgtheater zum ersten Male aufgeführt. Wir
erhalten darüber das nachstehende Privat¬
telegramm:
Wien, 24. November, 11 Uhr 40 Min. nachts.

(Von unserem hl. =Korrespondenten.)
Schnitzler nennt sein Stück eine „dramatische
Sori Sie spielt in der Zeit von 1809, also
im Jahre des Aufenthalts Napoleons in Schön¬
brunn. Der junge Medardus ist ein Bürgers¬
sohn, den ein seltsames Geschick in Verbindung
mit der Prinzessin Helene von Valois bringt, der
Tochter eines französischen Thronprätendenten,
der in Wien Asylrecht genießt. Das Burgtheater
mußte seine gesamten männlichen Schauspiel¬
kräfte und eine große Anzahl seiner weiblichen
Mitglieder aufbieten und außerdem noch mit
einem starken Aufgebot von Statisten ar¬
beiten, um die 73 Personen des Personen¬
verzeichnisses und das dazugehörige Volk
sowie Soldaten beider Heere usw. zu stollen.
Dem Publikum gefielen besonders die patrioti¬
schen und kriegerischen Szenen, wobei die eigen:¬
lichen Schönheiten, die Milieuschilderung und
insbesondere die Charakteristik des großmauligen
und feigen Verhaltens der Wiener in dieser Zeit
weniger zur Geltung kommen. Die größte und
erschütterndste Leistung des Abends boten Frau
Römpler=Bleibtreu als Mutter des jungen Me¬
dardus und Herr Balajthy als jener Jakob
Eschenbacher, der, wie die Historie beglaubigt,
erschossen wurde, weil bei ihm Konterbande ge¬
funden worden war. Die für Kainz geschriebene
Rolle des jungen Medardus spielte Herr Gerasch
mit Feuereifer, aber in allzu gleichmäßiger De¬
klamation. In der Darstellerin der Helene von
Valois zeigte Fräulein Wohlgemut großes und
starkes, tragisches Können, das aber dieser Rolle
nicht ganz gerecht werden konnte. Zum ersten
Male seit langer Zeit war auch die Hofloge bei
einem Schnitzler=Stück besetzt. (Schnitzler hat be¬
kanntlich die Charge eines Oberarztes wegen sei¬
ner Novelle „Leutnant Gustl“ verloren): Erz¬
herzog Franz Ferdinand und seine Gemahlin, die
Herzogin von Hohenberg, wohnten dem letzten
Teil der Vorstellung bei.
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Telephon 12.801.
„ODOLRTER
1. österr. behördl. banz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschaltte
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Vertretungen
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianis,
Gent, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
(übelienangabe ohne Gewährl.
Ausschnitt aus:
Berliner Allgemeine- Zeitung
vn : 25 NünTHuek 19 1Berlin

Schnitzler=Première in Wien. Im Burg¬
theater-gelangte gestern, wie uns ein Privat¬
telegramm meldet, Arthur Schnitzlers
dramatische Historie „Der junge Medardus“
zur ersten Aufführung. Das Stück ist reich an
glänzenden Einzelheiten, an dichterischen Schön¬
heiten — aber auch an dichterischen Schwächen.
Das Burgtheater hat auf das szenen= und ver¬
wandlungsreiche Stück — es dauert über vier
Stunden — außerordentlichen Fleiß aufgewendet
und Schauspieler in den Dienst gestellt, die all
ihre Kräfte für den Erfolg einsetzten, der denn
auch nicht ausblieb. Schon nach dem Vorspiel
konnte der Regisseur. Herr Thiemig für den
Dichter danken. Nach dem zweiten und dritten
Akte und nach dem Schlusse konnte Schnitzler
mehrmals erscheinen. Er wurde äußerst
warm, wenn auch nicht enthusiastisch begrüßt.