II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 126

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22. Derjunge Ledandus
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Kaiser Napoleon zu erwarten und vor ihm zu paradieren. Von 7 Uhr Helene wird die Sorge um den hübschen, mutigen Medardus nicht los.
Zorn, daß er mit ge
abends bis Mitternacht standen sie wie Lakaien im Schneesturm da
Die von ihm schwer Beleidigte entsendet ihre Vertraute Nerina in die
reißt ihm den Säbel
— vergeblich — der Kaiser kam nicht. Fiebergeschüttelt trat Klähr in
vor die Füße. Tags
Krankenstube, damit sie Medardus die Blumen bringe, die er vernichten
seine Stube, legte sich ins Bett und starb nach drei Tagen. Das hat in
wollte. Der fiebernde Medardus läßt der Prinzessin sagen, daß er noch
Anna Berger suc
Frau Klähr den Ingrimm gegen Napoleon noch mächtig geschürt. Auf
am Abend sich im Parke ihrer Villa einfinden werde, ihr seinen Dank
Heilung durch die P
ihren prächtigen Sohn Medardus hat die Tochter des befreundeten
persönlich zu Füßen zu legen. Helenens Botschaft kommt ihm gelegen.
den Tod. Wieder bi
Drechslermeisters, Anna, ein liebevolles Auge gerichtet. Medardus soll
Seine Schwester will er rächen, wenn er die Prinzessin in den Armen
erdigung der armen
am nächsten Tage zur Studentenlegion einrücken. Seine Schwester Agathe
hat, alle zusammenrufen, Herrschaft und Lakaien. Mit der Wunde in
Helenen sich in glühe
liebt den jungen Prinzen François, ein Sproß aus der kapetingischen
der Brust macht er sich zum Rachewerk auf. Helene hat sich inzwischen
die sich seiner sicher
Seitenlinie der Valois, die einst auf Frankreichs Thron gesessen. Der
dem Marquis verlobt, doch die Bedingung gestellt, daß er gleich nach der
machen. Sie strebt,
verbannte, alte, blinde Herzog Christophe, dem der Kaiser von Oesterreich
Trauung nach Frankreich abreisen müsse. „Ich will nicht früher einen
ringen, und will Me
in einem Vorstadtpalais von Wien Gastfreundschaft gewährt, träumt von
zählt sich, daß Hele
Sohn zu erwarten haben,“ sagt sie ihm, „ehe ich sicher bin, daß er be¬
der Wiedereinsetzung der Valois. Wenige Getreue, die seinen Hof bilden,
Medardus, und seine
stimmt ist, einmal König von Frankreich zu werden.“ Etzelt, der die
nähren die Lieblingsgedanken des aussichtslosen Prätendenten. François,
Klährsche Buchhandlung leitet, und Medardus' treuer Freund, wartet
Viel Volk strömt:
ein feiner, liebenswürdiger Jüngling, kann den Starrsinn seiner Eltern
sorgenvoll die ganze Nacht vor der Villa Valois. Seine Ahnung
Jeder will ihn sehen.
nicht brechen, sieht die Unmöglichkeit, Agathe zu seiner Frau zu machen,
hat ihm den richtigen Weg gezeigt. Da der junge Tag beginnt, schlüpft
was Helene von ihm
Medardus aus der Gartenpforte.
und stürzt sich mit ihr in die Donau.
stumpf geworden, der
Die Franzosen sind inzwischen vor Wien angelangt. Sie haben ein
Valerlandes ein gedur
In einem kleinen Wirtshaus der Donauauen versammeln sich die
Haus hinter den laiserlichen Stallungen am Spittelberg durchgebrochen,
Liebe zu Helene hat
Studenten vor dem Aufbruch aus der Stadt. Sie sind der Begeisterung
um ihre Kanonen auf die Burgbastei richten zu können. Ein Trompeter,
Eifersucht quält ihn,
voll, suchen ihren Heldenmut durch patriotische Lieder zu befeuern, scherzen
der mit den Abgesandten des Marschalls Lannes durchs Tor geritten
bestimmt war, wühlt
und lachen, in Wirklichkeit ist dies aber nur Maske, ihr innerstes Gefühl,
ist, wird von der aufgeregten Menge erschlagen. Kanonendonner er¬
Gefängnis. Er hat
die Angst vor der Schlacht, nicht merken zu lassen. Der Student Bern¬
dröhnt. Der Feuerschein am Himmel verrät, daß viele Gebäude in
es ist erwiesen, daß 4
burg ist recht betrübt. Ihn hat das Los bestimmt, bei den Depots daheim
Flammen stehen. Die Kanonade dauert an, Hunger und Not steigern
ermorden. Napoleon
zu bleiben und, da er mit den Kameraden tatendurstig ins Feld ziehen
die Erregung. Lebensmittel sind kaum aufzutreiben. Das Volk ver¬
sein Angesicht zu bri
will, sucht er für sich einen Ersatzmann, den er noch mit Dukaten lohnen
langt stürmisch, man möge kapilulieren und die weiße Fahne auf der
Medardus lehnt die
will. Vor dem Wirtshause gibt es plötzlich eine Bewegung. Wie dies
Bastei aufstecken. „Wir wollen nicht massakriert werden!“ tobt die
Napoleon unschädlich
dort öfters geschieht, sind zwei Leichen ans Land geschwemmt worden.
Menge. Ein uralter, schon schwachsinniger Herr, dem alle seine Kinder
Weg gekommen, hätt
Man bringt sie in die Schänke, Medardus erkennt den Prinzen von Valois
und Kindeskinder ins Grab vorangegangen sind, zieht mit einer kleinen
dies freimütige Gestä
und seine Schwester Agathe. Furchtbare Rachepläne steigen in ihm auf.
Urenkelin durchs Stück. Das Schlachtgetöse lockt ihn auch auf die
heit geben, wenn er
Sein Vater ist ein Opfer Napoleons, seine Schwester eines Franzosen
Burgbastei, da tötet ein Granatsplitter das kleine Mädchen, und nun
trachten. Mutter und
aus dem Hause Valois geworden. Nun tauscht er mit Bernburg, der
steht der Alte ganz allein da. Wien hat sich ergeben. Napoleon ist
zu bewegen, und er e
ar seiner Stelle zum Bataillon einrückt. Medardus will in der Stadt
in Schönbrunn eingezogen. Die Trauung zwischen Helene und dem
seltsamster Held“.
Marquis wurde vollzogen.
Durch seine Kundschafter hat Napoleon
bleiben. „Es könnte sein, daß ich hier noch was zu tun hätte,“ ruft er
Ist es uns geglück
unheimlich drohend.
hiervon Kenntnis bekommen, sendet General Rapp zu den bestürzten
angestrebt haben, pla
Valois', der Braut nebst den Glückwünschen ein kostbares Perlenhalsband
Das Vorspiel, ein Stück für sich, das in dieser Historie eine glänzende
der Kritik enthoben.
als Angebinde zu bringen und die Familie zu der am nächsten Tage
Exposition vorsieht, ist zu Ende. Der erste Aufzug bietet ein düsteres
der Dramatiker, der ##
in Schönbrunn stattfindenden Cour einzuladen.
Friedhofsbild, die Leichen des unglücklichen Liebespaares werden im ge¬
Kraft und Gewalt d
Die Landwehr ist wieder aufgelöst, Generalpardon erlassen, die Fran¬
meinsamen Grabe bestattet. Schon haben sich die Trauergäste entfernt,
Menschen von Fleisch
zosen führen das Regiment. Der weitere Verkauf sämtlicher Landkarten
und noch liegt Medardus, im Schmerz versunken, vor dem frischen Grabe.
Schichten porträtgetret
ist strenge verboten. Etzelt hat noch zwei im Klährschen Laden. Sie
Die Andacht seiner Trauer wird gestört durch die Ankunft der Prin¬
vermögen wir uns aller
aber trotz des dafür gebotenen hohen Preises den Franzosen zu über¬
zessin Helene, der Schwester von Frangois, die des Bruders Grabstätte
charakterisieren sollen,
liefern, dünkt ihm Hochverrat. Der Sattlermeister Eschenbacher, Frau
mit Blumen schmücken will. In wildem Aufschrei heischt Medardus,
einst von seinem Freun
Klährs Bruder, versteckt die beiden Landkarten bei sich in einem aus¬
daß die Prinzessin die Blumen fortnehme, „oder ich zertrete sie“. —
große tönende Worte!
getrockneten Brunnen. Ein Schurke zeigt ihn an, man findet die Karten,
Helene: „Wahrhaftig, das wäre ein zu gemeines Schicksal.“ (Sie nimmt
herrscher der Sprache,
Eschenbacher wird mit seinen Gesellen verhaftet, ihm kurzer Prozeß ge¬
die Blumen wieder zu sich.) — Medardus: „Nun sind sie einem würdi¬
er, im „jungen Medar
macht, der Meister wird auf dem Glacis erschossen, die Gesellen läßt
schwinden wird, sein
geren aufbewahrt, — zu verwelken in den hochmütig mörderischen Fingern
man laufen. (Nach der historischen Tatsache stand Eschenbach, den
falls die Jahre des lr#
einer Valois.“ Marquis Bertrand von Valois, der um Helene wirbt
Schnitzler hier Eschenbacher nennt, unter der Anklage, daß er auf seinem
junge Medardus“ ma
und ihr auf den Friedhof gefolgt ist, fordert Medardus vor seine Klinge.
Grund und Boden drei Kanonenrohre vergraben habe.) Die Kriegs¬
bedeuten. Wir begrüf
Die Prinzessin gelobt ihm, die Seine zu werden, wenn er den Frechling
gefangenen werden hart behandelt, darüber entsteht ein förmlicher Auf¬
erst recht verheißungsv
tötet. Diesen Auftrag vermag aber der Marquis nicht auszuführen, denn
lauf vor den Hofstallungen, in denen die Gefangenen eingesperrt sind.
Medardus pariert den tödlichen Gegenstich geschickt, verletzt den Herzog
Weil der Anführer der Bürgermiliz, der Tischler Tell, das Volk nicht
am Arm und erhält von ihm eine gefährliche Wunde unweit des Herzens, barsch genug auseinandertreibt, gerät ein französischer Offizier derart in