II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 127

22. Derjunge Medandus
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Zorn, daß er mit gezogenem Säbel auf die Bürgerwache stürmt. Tell
dieren. Von 7 Uhr Helene wird die Sorge um den hübschen, mutigen Medardus nicht los.
reißt ihm den Säbel aus der Hand und wirft ihm denselben zerbrochen
m Schneesturm da Die von ihm schwer Beleidigte entsendet ihre Vertraute Nerina in die
vor die Füße. Tags darauf wird er am Getreidemarkt füsiliert.
hütteli trat Klähr in Krankenstube, damit sie Medardus die Blumen bringe, die er vernichten
Anna Berger sucht für ihr krankes Herz, in dem Medardus steckt,
wollte. Der fiebernde Medardus läßt der Prinzessin sagen, daß er noch
Tagen. Das hat in
Heilung durch die Pflege Kriegsverwundeter. Im Lazarett holt sie sich
am Abend sich im Parke ihrer Villa einfinden werde, ihr seinen Dank
ächtig geschürt. Auf
den Tod. Wieder bringt die Szene das Friedhofsbild anläßlich der Be¬
persönlich zu Füßen zu legen. Helenens Botschaft kommt ihm gelegen.
des befreundeten
erdigung der armen Anna. Ihr gibt auch Medardus, dessen Haß zu
Seine Schwester will er rächen, wenn er die Prinzessin in den Armen
htet. Medardus soll
Helenen sich in glühende Liebe verwandelt hat, das letzte Geleite. Helene,
hat, alle zusammenrufen, Herrschaft und Lakaien. Mit der Wunde in
ine Schwester Agathe
die sich seiner sicher glaubt, beschließt, Medardus zu ihrem Werkzeug zu
der Brust macht er sich zum Rachewerk auf. Helene hat sich inzwischen
us der kapetingischen
machen. Sie strebt, den Valois' die Krone Frankreichs wieder zu er¬
dem Marquis verlobt, doch die Bedingung gestellt, daß er gleich nach der
hron gesessen. Der
ringen, und will Medardus zum Mörder Napoleons dingen. Man er¬
Trauung nach Frankreich abreisen müsse. „Ich will nicht früher einen
Kaiser von Oesterreich
zählt sich, daß Helene Napoleons Geliebte sei. Davon hört auch
Sohn zu erwarten haben,“ sagt sie ihm, „ehe ich sicher bin, daß er be¬
gewährt, träumt von
Medardus, und seine Sinne werden verwirrt.
stimmt ist, einmal König von Frankreich zu werden.“ Etzelt, der die
die seinen Hof bilden,
Viel Volk strömt nach Schönbrunn. Dort soll Napoleon Parade halten.
Klährsche Buchhandlung leitet, und Medardus' treuer Freund, wartet
tendenten. Frangois,
Jeder will ihn sehen. Seit langem lag es in Medardus' Sinne, zu tun,
sorgenvoll die ganze Nacht vor der Villa Valois. Seine Ahnung
arrsinn seiner Eltern
was Helene von ihm verlangt hat. Jetzt ist sein Arm lahm, sein Dolch
hat ihm den richtigen Weg gezeigt. Da der junge Tag beginnt, schlüpft
ner Frau zu machen,
stumpf geworden, denn Medardus kann nicht aus dem Rächer seines
Medardus aus der Gartenpforte.
Vaterlandes ein gedungener Mörder im Solde der Valois' werden. Seine
Die Franzosen sind inzwischen vor Wien angelangt. Sie haben ein
Liebe zu Helene hat einen anderen Menschen aus ihm gemacht. Die
versammeln sich die
Haus hinter den laiserlichen Stallungen am Spittelberg durchgebrochen,
Eifersucht quält ihn, macht ihn sinnlos, und sein Dolch, der für Napoleon
sind der Begeisterung
um ihre Kanonen auf die Burgbastei richten zu können. Ein Trompeter,
bestimmt war, wühlt sich in Helenens Herz. Man bringt Medardus ins
rzu befeuern, scherzen
der mit den Abgesandten des Marschalls Lannes durchs Tor geritten
Gefängnis. Er hat dem Kaiser von Frankreich das Leben gerettet, denn
ihr innerstes Gefühl,
ist, wird von der aufgeregten Menge erschlagen. Kanonendonner er¬
es ist erwiesen, daß Helene mit der Absicht ins Schloß kam, Napoleon zu
Der Student Bern¬
dröhnt. Der Feuerschein am Himmel verrät, daß viele Gebäude in
ermorden. Napoleon entsendet General Rapp zu Medardus, diesen vor
Flammen stehen. Die Kanonade dauert an, Hunger und Not steigern
ei den Depots daheim
sein Angesicht zu bringen, um ihm die Freiheit zu schenken. Doch
die Erregung. Lebensmittel sind kaum aufzutreiben. Das Volk ver¬
urstig ins Feld ziehen
Medardus lehnt diese Großmut ab; denn offen bekennt er, er habe
langt stürmisch, man möge kapilulieren und die weiße Fahne auf der
hmit Dukaten lohnen
Napoleon unschädlich machen wollen. Wäre ihm Helene nicht in den
Bastei aufstecken. „Wir wollen nicht massakriert werden!“ tobt die
Bewegung. Wie dies
Weg gekommen, hätte sein Stahl Napoleon getroffen. Napoleon, dem
Menge. Ein uralter, schon schwachsinniger Herr, dem alle seine Kinder
geschwemmt worden.
dies freimütige Geständnis imponiert, will Medardus wieder die Frei¬
unb Kindeskinder ins Grab vorangegangen sind, zieht mit einer kleinen
en Prinzen von Valois
heit geben, wenn er verspricht, ihm nicht mehr nach dem Leben zu
Urenkelin durchs Stück. Das Schlachtgetöse lockt ihn auch auf die
ne steigen in ihm auf.
trachten. Mutter und Freunde vermögen Medardus zu diesem Worte nicht
Burgbastei, da tötet ein Granatsplitter das kleine Mädchen, und nun
pester eines Franzosen
zu bewegen, und er erduldet den Feuertod als „dieses Krieges letzter und
steht der Alte ganz allein da. Wien hat sich ergeben. Napoleon ist
er mit Bernburg, der
seltsamster Held“.
in Schönbrunn eingezogen. Die Trauung zwischen Helene und dem
dus will in der Stadt
Ist es uns geglückt, die Vorgänge im „jungen Medardus“, wie wir es
Marquis wurde vollzogen. Durch seine Kundschafter hat Napoleon
zu tun hätte,“ ruft er
angestrebt haben, plastisch und ausführlich zu skizzieren, dann sind wir
hiervon Kenntnis bekommen, sendet General Rapp zu den bestürzten
Valois', der Braut nebst den Glückwünschen ein kostbares Perlenhalsband
der Kritik enthoben. Denn man wird leicht erkennen, daß in jeder Szen¬
Historie eine glänzende
der Dramatiker, der Poet waltet, der das Leben in seiner ursprünglichen
als Angebinde zu bringen und die Familie zu der am nächsten Tage
zug bietet ein düsteres
Kraft und Gewalt darstellt und keine der vielen Personen verzeichnet,
in Schönbrunn stattfindenden Cour einzuladen.
paares werden im ge¬
Die Landwehr ist wieder aufgelöst, Generalpardon erlassen, die Fran¬
Menschen von Fleisch und Blut aus den verschiedenen Sphären und
Trauergäste entfernt,
zosen führen das Regiment. Der weitere Verkauf sämtlicher Landkarten
Schichten porträtgetreu gestaltet hat. Mit dem „jungen Medardus“ selbst
or dem frischen Grabe.
ist strenge verboten. Etzelt hat noch zwei im Klährschen Laden. Sie
vermögen wir uns allerdings nicht vollends zu befreunden, und, da wir ihn
die Ankunft der Prin¬
aber trotz des dafür gebotenen hohen Preises den Franzosen zu über¬
charakterisieren sollen, drängt sich uns in die Erinnerung, was Medardus
des Bruders Grabstätte
liesern, dünkt ihm Hochverrat. Der Sattlermeister Eschenbacher, Frau
einst von seinem Freunde Etzelt zur Antwort erhielt: „Worte, Medardus,
hrei heischt Medardus,
Klährs Bruder, versteckt die beiden Landkarten bei sich in einem aus¬
große tönende Worte!“ Wieder zeigt sich Schnitzler als souveräner Be¬
rich zerirete sie".—
getrockneten Brunnen. Ein Schurke zeigt ihn an, man findet die Karten,
herrscher der Sprache, als blendender Former des Wortes. Vielleicht dachte
Schicksal.“ (Sie nimmt
Eschenbacher wird mit seinen Gesellen verhaftet, ihm kurzer Prozeß ge¬
er, im „jungen Medardus“, der aus der österreichischen Literatur nie ver¬
macht, der Meister wird auf dem Glacis erschossen, die Gesellen läßt
sind sie einem würdi¬
schwinden wird, sein Lebenswerk vollbracht zu haben. Er hat ihm jeden¬
man laufen. (Nach der historischen Tatsache stand Eschenbach, den
ig mörderischen Fingern
falls die Jahre des kräftigsten und bedächtigsten Schaffens geopfert. „Derk
Schnitzler hier Eschenbacher nennt, unter der Anklage, daß er auf seinem
der um Helene wirbt
junge Medardus“ mag vielleicht eine Wende in Schnitzlers Produktioni
Grund und Boden drei Kanonenrohre vergraben habe.) Die Kriegs¬
bedeuten. Wir begrüßen sie freudig und sehen nun Schnitzlers Zukunft
irdus vor seine Klinge.
gefangenen werden hart behandelt, darüber entsteht ein förmlicher Auf¬
wenn er den Frechling
erst recht verheißungsvoll entgegen.
lauf vor den Hofstallungen, in denen die Gefangenen eingesperrt sind.
nicht auszuführen, denn
Ludwig Klinenberger=Wien.
cki, verletzt den Herzog Weil der Anführer der Bürgermiliz, der Tischler Tell, das Volk nicht
de unweit des Herzens, barsch genug auseinandertreibt, gerät ein französischer Offizier derart in