Me
22. Deunardus
sse, wenn sie dem wurde 1809 standrechtlich erschossen, weil er
kt und sich doch beim
Kanonenläufe vergraben hatte. Die beiden ver¬
Teilnahme wächst,
botenen Schrämbelschen Landkarten, in die sich die
ädchen= und Ahnen=Kanonen hier so handsam verwandeln mußten,
irdus beleidigt, den
ließen sich wohl leichter beiseite bringen, und es ver¬
segen eines Kavaliers
mehrt nur das tragikomische Pech, das die Familie
politischen Gründen
Klähr mit Napoleon hat, daß der Onkel Sattler¬
r der aufschiebenden
melster, dem die Landkarten gar nicht gehörten,
erst aus Frankreich ihretwegen aus der Welt geschafft wird. Der Tod
künftiger Sohn die des Braven bedeutet nur ein psychologisches Reiz¬
Hympathie kühlt sich und Zuchtmittel, um den abgestumpften Vorsatz des
Leidenschaft mischt,
zum Tyrannenmörder verdorbenen Medardus zu
renden Muttersorge
schärfen.
dynastischem Ehrgeiz
Als der Wiener Hamlet der Franzosenzeit end¬
Mörder Napoleons
lich so weit ist, wie sein geschichtlich nachgewiesener
stel zum Zweck mi߬
Vetter, der siebzehnjährige Friedrich Staps aus
von Valois in der
Naumburg an der Saale, nämlich im Schloßhofe von
Interesse, wenn er,
Schönbrunn, wo Napoleon am 12. Oktober 1809 eine
ust nicht achtend,
Truppenrevue abhielt, und, den Dolch im Gewande,
abend davonstürmt,
den Kaiser erwartet, durchkreuzt die Liebe ihm aber¬
k Prinzessin für die
mals, zum letztenmal, Plan und Weg. Er sieht Helene
e Zofe geschickt hat.
die äußere Freitreppe zum Schlosse hinaufsteigen.
ofort, wenn er nach
Auch sie hat einen Dolch im Gewande und will
den Armen Helenes
Napoleon töten. Das Gerücht nennt sie die Geliebte
klärt: „Die Diener
des Kaisers, Freundes= und Volkesstimme trägt es an
und schrei' es durch
das Ohr des lauernden Familienrächers. Rasend vor
n und die Herzogin
Eifersucht vertritt er der Prinzessin den Paß und
zerwühlten Bett,
ersticht sie. Im Gefängnis erfährt der sichtlich Be¬
abgemacht, daß ich
ruhigte den wahren Sachverhalt, nachdem er über den
en und übermorgen
Mord der Prinzessin bereits mit jener verblüffenden
ön, die Prinzessin,
Leichtigkeit und Gewandtheit hinweggegangen war,
wunderbare Nächte
welche die meisten überraschenden Wendungen unsrer
Historie kennzeichnet, und gerät erst außer sich, als
entleman. Das ist
ihm der General Rapp mit dem Dank und der Be¬
Schlingels, und ein
gnadigung des Kaisers seinen Glückwunsch überbringt.
Hundspeitsche be¬
Das wird endlich dem jungen Medardus doch zu bunt:
ächtige Denunziant
für den Tyrannen die unschuldige Geliebte auf ein
Kerl der ganzen
bloßes Gerede hin getötet zu haben und sich zu dieser
fürchterlichen Untat auch noch gratulieren und wo¬
er, aus schäbiger
möglich mit dem Kreuz der Ehrenlegion behängen
schmutzigem Neide
sche Persönlichkeit, lassen — nein, das verträgt kein deutscher Patriot,
box 26/5
kein Bruder Agathens, kein Sohn Franziskas, kein
Rächer der Familie Klähr. Umsonst reden die in ihrer
Gesinnung plötzlich umgewandelte Mutter und Freund
Etzelt auf ihn ein. Er eignet sich die Antwort Friedrich
Stapsens an, die er allerdings dem Kaiser nicht ins
Gesicht sagt — wer weiß, ob ihn der große Menschen¬
kenner und =verächter nicht doch noch herumgekriegt
hätte! —, verweigert, die geforderte Urfehde zu
schwören, und wird sogleich rücksichtsvoll, während das
Heldenweib, die Buchhändlerswitwe, vom Fenster aus
zusieht, unter den Augen der Mutter hingerichtet. Der
Nachruf, den Etzelt schnellgefaßt seinem Freunde auf
der Stelle widmet, ist hart, aber gerecht. Er lautet
„Gott wollte ihn zum Helden schaffen, der Lauf der
Dinge machte einen Narren aus ihm.“
Schade, daß „der Lauf der Dinge“ sich, wie es
scheint, mit den Absichten des Dichters deckte! Wir
hätten sonst wohl ein ergreifendes Trauerspiel oder
einen tiefgründigen Roman von ihm empfangen
Selbst in dem gröberen Spektakel= und Boulevard¬
stück kann sich Schnitzler nicht verleugnen. Die Kraft
seiner Charakteristik, der Glanz seines geistreichen
Dialogs und die Anmut seines Wesens schimmern
überall hervor, und die Faust, die sich so trotzig und
rücksichtslos ballte, um mit dieser à la guerre
comme à la guerre=Historie auf die Bretter zu
pochen, öffnet sich und streut duftige Blüten der
Poesie aus, wenn der Genius loci, der Geist der
lieben alten Wienerstadt, schmeichlerisch ihre Finger
berührt.
Das riesige Opfer, welches das Burgtheater dem
Dichter brachte, möge tausendfältigen Lohn finden!
Die Burgtheatergarde und ihre Befehlshaber, voran
Regie und Ausstattungswesen, haben bei der gro߬
artigen Revue von 1809 mit Glanz bestanden. Wien
besitzt eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges mehr.
Wir wollen den Kanonendonner für Salutschüsse
nehmen, die ein neues Werk des Dichters ankündigen,
und die Friedensolocken läuten helfen.
Max Kalbeck.□
22. Deunardus
sse, wenn sie dem wurde 1809 standrechtlich erschossen, weil er
kt und sich doch beim
Kanonenläufe vergraben hatte. Die beiden ver¬
Teilnahme wächst,
botenen Schrämbelschen Landkarten, in die sich die
ädchen= und Ahnen=Kanonen hier so handsam verwandeln mußten,
irdus beleidigt, den
ließen sich wohl leichter beiseite bringen, und es ver¬
segen eines Kavaliers
mehrt nur das tragikomische Pech, das die Familie
politischen Gründen
Klähr mit Napoleon hat, daß der Onkel Sattler¬
r der aufschiebenden
melster, dem die Landkarten gar nicht gehörten,
erst aus Frankreich ihretwegen aus der Welt geschafft wird. Der Tod
künftiger Sohn die des Braven bedeutet nur ein psychologisches Reiz¬
Hympathie kühlt sich und Zuchtmittel, um den abgestumpften Vorsatz des
Leidenschaft mischt,
zum Tyrannenmörder verdorbenen Medardus zu
renden Muttersorge
schärfen.
dynastischem Ehrgeiz
Als der Wiener Hamlet der Franzosenzeit end¬
Mörder Napoleons
lich so weit ist, wie sein geschichtlich nachgewiesener
stel zum Zweck mi߬
Vetter, der siebzehnjährige Friedrich Staps aus
von Valois in der
Naumburg an der Saale, nämlich im Schloßhofe von
Interesse, wenn er,
Schönbrunn, wo Napoleon am 12. Oktober 1809 eine
ust nicht achtend,
Truppenrevue abhielt, und, den Dolch im Gewande,
abend davonstürmt,
den Kaiser erwartet, durchkreuzt die Liebe ihm aber¬
k Prinzessin für die
mals, zum letztenmal, Plan und Weg. Er sieht Helene
e Zofe geschickt hat.
die äußere Freitreppe zum Schlosse hinaufsteigen.
ofort, wenn er nach
Auch sie hat einen Dolch im Gewande und will
den Armen Helenes
Napoleon töten. Das Gerücht nennt sie die Geliebte
klärt: „Die Diener
des Kaisers, Freundes= und Volkesstimme trägt es an
und schrei' es durch
das Ohr des lauernden Familienrächers. Rasend vor
n und die Herzogin
Eifersucht vertritt er der Prinzessin den Paß und
zerwühlten Bett,
ersticht sie. Im Gefängnis erfährt der sichtlich Be¬
abgemacht, daß ich
ruhigte den wahren Sachverhalt, nachdem er über den
en und übermorgen
Mord der Prinzessin bereits mit jener verblüffenden
ön, die Prinzessin,
Leichtigkeit und Gewandtheit hinweggegangen war,
wunderbare Nächte
welche die meisten überraschenden Wendungen unsrer
Historie kennzeichnet, und gerät erst außer sich, als
entleman. Das ist
ihm der General Rapp mit dem Dank und der Be¬
Schlingels, und ein
gnadigung des Kaisers seinen Glückwunsch überbringt.
Hundspeitsche be¬
Das wird endlich dem jungen Medardus doch zu bunt:
ächtige Denunziant
für den Tyrannen die unschuldige Geliebte auf ein
Kerl der ganzen
bloßes Gerede hin getötet zu haben und sich zu dieser
fürchterlichen Untat auch noch gratulieren und wo¬
er, aus schäbiger
möglich mit dem Kreuz der Ehrenlegion behängen
schmutzigem Neide
sche Persönlichkeit, lassen — nein, das verträgt kein deutscher Patriot,
box 26/5
kein Bruder Agathens, kein Sohn Franziskas, kein
Rächer der Familie Klähr. Umsonst reden die in ihrer
Gesinnung plötzlich umgewandelte Mutter und Freund
Etzelt auf ihn ein. Er eignet sich die Antwort Friedrich
Stapsens an, die er allerdings dem Kaiser nicht ins
Gesicht sagt — wer weiß, ob ihn der große Menschen¬
kenner und =verächter nicht doch noch herumgekriegt
hätte! —, verweigert, die geforderte Urfehde zu
schwören, und wird sogleich rücksichtsvoll, während das
Heldenweib, die Buchhändlerswitwe, vom Fenster aus
zusieht, unter den Augen der Mutter hingerichtet. Der
Nachruf, den Etzelt schnellgefaßt seinem Freunde auf
der Stelle widmet, ist hart, aber gerecht. Er lautet
„Gott wollte ihn zum Helden schaffen, der Lauf der
Dinge machte einen Narren aus ihm.“
Schade, daß „der Lauf der Dinge“ sich, wie es
scheint, mit den Absichten des Dichters deckte! Wir
hätten sonst wohl ein ergreifendes Trauerspiel oder
einen tiefgründigen Roman von ihm empfangen
Selbst in dem gröberen Spektakel= und Boulevard¬
stück kann sich Schnitzler nicht verleugnen. Die Kraft
seiner Charakteristik, der Glanz seines geistreichen
Dialogs und die Anmut seines Wesens schimmern
überall hervor, und die Faust, die sich so trotzig und
rücksichtslos ballte, um mit dieser à la guerre
comme à la guerre=Historie auf die Bretter zu
pochen, öffnet sich und streut duftige Blüten der
Poesie aus, wenn der Genius loci, der Geist der
lieben alten Wienerstadt, schmeichlerisch ihre Finger
berührt.
Das riesige Opfer, welches das Burgtheater dem
Dichter brachte, möge tausendfältigen Lohn finden!
Die Burgtheatergarde und ihre Befehlshaber, voran
Regie und Ausstattungswesen, haben bei der gro߬
artigen Revue von 1809 mit Glanz bestanden. Wien
besitzt eine Sehenswürdigkeit ersten Ranges mehr.
Wir wollen den Kanonendonner für Salutschüsse
nehmen, die ein neues Werk des Dichters ankündigen,
und die Friedensolocken läuten helfen.
Max Kalbeck.□