22. DenjungeMedandus
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arre Haltung, er beklagt nur das Unglück. Er läßt sich
Telephon 12.801.
ur Mutter des armen Mädchens führen, denn „Es geziemt
ich, Madame, daß ich mich Ihnen vorstelle. Seine Tochter
delene (Frl. Wolgemuth) ist die stolzeste ihres Ge¬
chlechtes; sie ist dem Begräbnis fern geblieben. Man erin¬
„SDSERVER
iert sich fast an die Worte, die Napoleon über die Herzogin
1. Seterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeltungs-Ausschnitte
von Angouleme sprach: „Sie ist der einzige Mann in der
Wien, I., Concordiaplats 4.
Familie!“
Vortretungen
Erst später, als sie den Friedhof verlassen wähnt,
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianta,
kommt sie mit ihrem Kammermädchen Nerima, um auf das
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolta,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petess¬
Grab des Bruders Blumen zu streuen. Sie trifft dort Me¬
burg, Toronto.
dardus, der hingesunken war und nun aufspringt und ihr
zuruft:
(Quelionangabe cans Gemüer
„Die Blumen fort — oder ich zertrete sie!“
Ausschnitt aus:
26. NOI“. 1910
Helene (sie aufnehmend): Wahrhaftig, das wäre ein
zu gemeines Schicksal!
Worauf Medardus voll Hohn erwidert: „Nun sind
owitzer Tagblat, Ogernosie
sie einem Würdigeren aufbewahrt: zu verwelken in den mör¬
Sdslentherichtsperiode.
derischen Fingern einer Valois!“
Dieser Schimpf soll mit Blut gesühnt werden. Der
Marquis von Valois (Herr Devrient) der zu dieser
Theater und Kunst.
Szene hinzutritt, erhält von der Prinzessin, um die er wirbt,
Czernowitz, 25. November.
den Auftrag, den Beleidiger zu töten; dann erst wolle sie
ihn erhören! In drei Stunden soll nun beim Forsthause in
Der junge Medardus.
der Prinzingerau das Duell zwischen beiden stattfinden.
In diplomatische Irrgänge, die wohl dem Leser des
Erstaufführung im Burgtheater am 24. November.
Buches, kaum aber dem Zuhörer beim ersten Male völlig
Wien, 25. November.
klar werden, führt uns der weitere Verlauf der Handlung.
Am Hofe des blinden Herzogs erscheint ein Abge¬
(Telegramm des „Czernowitzer Tagblatt"J
sandter, um den jungen Herzog heimlich nach Frankreich zu
Gestern brachte das Wiener Burgtheater das neue
führen. Er gibt sich für einen Getreuen aus, ist jedoch in
Stück Artur Schnitzlexs zur Aufführung, jenes Stück,
Wahrheit ein Anhänger des Grafen von Lilli und will
dem man schöfefel Bieten Jahren mit spannungsvoller
Francois ins Verderben führen.
Erwartung entgegensieht. Viele Umarbeitungen hat „Der
Dieser ist — wie wir wissen — schon früher dem tra¬
junge Medardus“ erfahren und noch im letzten Augenblicke
gischen Geschicke verfallen. Helene ist jeht die Hoffnung
mußte die gewaltige Historie gekürzt und gestrichen werden,
von Valois. Wenn sie den Marquis heiratet und ihm ei¬
um die überreiche Fülle an Stoff und Gedanken in den
nen Erben schenkt, wird dieser den Thron besteigen. Sie
Abend einer Aufführung hineinzuzwängen. Das Buch ent¬
harrt auf die Nachrichten, die endlich aus der Prinzingerau
hält 190 Seiten und aus diesem großen Werke, das bereits
kommen.
im Vorjahre zur Aufführung bestimmt war, mußte das
Der Marquis hat einen Degenstich in den Arm be¬
Drama gestaltet werden, wie es uns das Wiener Burg¬
kommen u. Medardus erhielt einen Stich nahe am Herzen.
theater gestern vorführte. Welch große Anforderungen das
Helene übergibt ihrer Kammerfrau jene Blumen, die
Stück an ein Theater stellt, kann schon aus der trockenen
Medardus vor kurzem verschmähte, mit dem Auftrage, sie
Mitteilung erkannt werden, daß etwa 70 Personen darin be¬
dem jungen Mann, der wohl gestorben sein dürfte, aufs
schäftigt sind, 70 Personen, von denen fast jede einzelne
Kissen zu legen.
ihre künstlerische Hervorhebung fordert und auch
wie
„Und wenn er noch lebt?“ fragt Nerima, „Was soll
gleich erwähnt sei — bei der gestrigen Vorstellung fand.
ich dann tun?“
Es gibt wohl keine Bühne der Welt, sicherlich aber
„Das gleiche“, erwidert Helene.
keine deutsche Bühne, die eine derartige Aufgabe zu bewälti¬
Und Medardus lebt. Nerima überbringt im zweiten
gen vermag. Man kann wohl sagen, daß das ganze Burg¬
Akt ihrer Herrin seine Botschaft, er wolle sich persönlich für
theater ausgerückt war, um Schnitzlers Intentionen gerecht
die Blumen bedanken. In den Garten wolle er kommen
zu werden.
und über die Mauer steigen, wenn kein Pförtchen offen sei.
Die dramatische Historie besteht aus einem Vorspiel
Zornig wirft Helene den Schlüssel zur Gartenpforte in den
und fünf Akten, von denen der dritte Aufzug auf der Burg¬
Teich. Schon denkt sie nicht mehr — so scheint es — an
bastei spielt — eine historische Reminiszenz, denn an jener
Medardus. Hochfliegende Pläne erfüllen ihr Herz und ihre
Stelle erhebt sich das heutige Hofburgtheater. Der letzte
Gedanken. Heute reicht sie dem Marquis die Hand und
Akt zeigt in einer Szene den Schloßhof von Schönbrunn
am Hochzeitstage, ehe der Gatte noch ihre Fingerspitzen ge¬
mit der historischen Freitreppe, auf welcher der Leipziger
küßt, soll er sich statt des toten Francois nach Frankreich
Buchhandlungsgehilfe Staps das Mordattentat auf Na¬
begeben, um seine Getreuen um sich zu scharen.
poleon versuchte, als dieser zur Abnahme der Parade her¬
abstieg.
In der Verlobungsnacht eilt Helene in den Garten.
Sie hat Medardus nicht vergessen. Es treibt sie zu sehen,
Dieses Attentat, sowie die Erschießung des Buchhänd¬
ob er seinen wahnwitzigen Vorsatz ausgeführt hat. Medar¬
lers Palm und esie ganze Reihe historischer Episoden je¬
dus war, als er den Garten verschlossen fand, zum Ent¬
ner denkwürdigen Zeit hat Schnitzler mit dramatischer Frei¬
setzen der Kammerzofe über die Mauer geklettert und, vor
heit und dichterischer Kraft zu dem Werke gestaltet, das ge¬
Anstrengung und Blutverlust erschöpft, ohnmächtig zu Bo¬
stern seine Uraufführung erlebte. Medardus Klaehr (Herr
den gesunken.
Gerasch), so heißt der Attentäter in dem Stücke, ist der
Helene denkt daran, den Marquis zu rufen. „Wenn
älteste Sohn einer Buchhändlerswitwe (Frau Bleib¬
ich wüßte, daß sein Degen am Abend sicherer träfe als bei
treu) aus der Teinfaltstraße. Sein Vater starb, als er
Tage!“ Medardus küßt ihr die Hand und bittet um ein
vier Jahre vor Beginn der Handlung, als die Franzosen
Wiedersehen. Sie sträubt sich, doch nun droht Gefahr, der
zum erstenmal in Wien waren, Wache halten mußte. Jetzt
Garten soll durchsucht werden. Von Angst um ihn erfaßt,
soll Medardus als Landwehrmann zur Armee des Erzher¬
gibt Helene der Kammerzofe den Auftrag: „Führe ihn in
zogs Karl ziehen, der Rettung und Befreiung aus der Fran¬
dein Zimmer“. Und als das Mädchen dies für unmöglich
zosennot bringen soll. Für 3 Uhr morgens ist der Marsch
erklärt, sagt sie entschlossen: „Dann führe ihn in meines!“
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arre Haltung, er beklagt nur das Unglück. Er läßt sich
Telephon 12.801.
ur Mutter des armen Mädchens führen, denn „Es geziemt
ich, Madame, daß ich mich Ihnen vorstelle. Seine Tochter
delene (Frl. Wolgemuth) ist die stolzeste ihres Ge¬
chlechtes; sie ist dem Begräbnis fern geblieben. Man erin¬
„SDSERVER
iert sich fast an die Worte, die Napoleon über die Herzogin
1. Seterr. behördl. konz. Unternehmen für Zeltungs-Ausschnitte
von Angouleme sprach: „Sie ist der einzige Mann in der
Wien, I., Concordiaplats 4.
Familie!“
Vortretungen
Erst später, als sie den Friedhof verlassen wähnt,
In Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christianta,
kommt sie mit ihrem Kammermädchen Nerima, um auf das
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolta,
New-Vork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petess¬
Grab des Bruders Blumen zu streuen. Sie trifft dort Me¬
burg, Toronto.
dardus, der hingesunken war und nun aufspringt und ihr
zuruft:
(Quelionangabe cans Gemüer
„Die Blumen fort — oder ich zertrete sie!“
Ausschnitt aus:
26. NOI“. 1910
Helene (sie aufnehmend): Wahrhaftig, das wäre ein
zu gemeines Schicksal!
Worauf Medardus voll Hohn erwidert: „Nun sind
owitzer Tagblat, Ogernosie
sie einem Würdigeren aufbewahrt: zu verwelken in den mör¬
Sdslentherichtsperiode.
derischen Fingern einer Valois!“
Dieser Schimpf soll mit Blut gesühnt werden. Der
Marquis von Valois (Herr Devrient) der zu dieser
Theater und Kunst.
Szene hinzutritt, erhält von der Prinzessin, um die er wirbt,
Czernowitz, 25. November.
den Auftrag, den Beleidiger zu töten; dann erst wolle sie
ihn erhören! In drei Stunden soll nun beim Forsthause in
Der junge Medardus.
der Prinzingerau das Duell zwischen beiden stattfinden.
In diplomatische Irrgänge, die wohl dem Leser des
Erstaufführung im Burgtheater am 24. November.
Buches, kaum aber dem Zuhörer beim ersten Male völlig
Wien, 25. November.
klar werden, führt uns der weitere Verlauf der Handlung.
Am Hofe des blinden Herzogs erscheint ein Abge¬
(Telegramm des „Czernowitzer Tagblatt"J
sandter, um den jungen Herzog heimlich nach Frankreich zu
Gestern brachte das Wiener Burgtheater das neue
führen. Er gibt sich für einen Getreuen aus, ist jedoch in
Stück Artur Schnitzlexs zur Aufführung, jenes Stück,
Wahrheit ein Anhänger des Grafen von Lilli und will
dem man schöfefel Bieten Jahren mit spannungsvoller
Francois ins Verderben führen.
Erwartung entgegensieht. Viele Umarbeitungen hat „Der
Dieser ist — wie wir wissen — schon früher dem tra¬
junge Medardus“ erfahren und noch im letzten Augenblicke
gischen Geschicke verfallen. Helene ist jeht die Hoffnung
mußte die gewaltige Historie gekürzt und gestrichen werden,
von Valois. Wenn sie den Marquis heiratet und ihm ei¬
um die überreiche Fülle an Stoff und Gedanken in den
nen Erben schenkt, wird dieser den Thron besteigen. Sie
Abend einer Aufführung hineinzuzwängen. Das Buch ent¬
harrt auf die Nachrichten, die endlich aus der Prinzingerau
hält 190 Seiten und aus diesem großen Werke, das bereits
kommen.
im Vorjahre zur Aufführung bestimmt war, mußte das
Der Marquis hat einen Degenstich in den Arm be¬
Drama gestaltet werden, wie es uns das Wiener Burg¬
kommen u. Medardus erhielt einen Stich nahe am Herzen.
theater gestern vorführte. Welch große Anforderungen das
Helene übergibt ihrer Kammerfrau jene Blumen, die
Stück an ein Theater stellt, kann schon aus der trockenen
Medardus vor kurzem verschmähte, mit dem Auftrage, sie
Mitteilung erkannt werden, daß etwa 70 Personen darin be¬
dem jungen Mann, der wohl gestorben sein dürfte, aufs
schäftigt sind, 70 Personen, von denen fast jede einzelne
Kissen zu legen.
ihre künstlerische Hervorhebung fordert und auch
wie
„Und wenn er noch lebt?“ fragt Nerima, „Was soll
gleich erwähnt sei — bei der gestrigen Vorstellung fand.
ich dann tun?“
Es gibt wohl keine Bühne der Welt, sicherlich aber
„Das gleiche“, erwidert Helene.
keine deutsche Bühne, die eine derartige Aufgabe zu bewälti¬
Und Medardus lebt. Nerima überbringt im zweiten
gen vermag. Man kann wohl sagen, daß das ganze Burg¬
Akt ihrer Herrin seine Botschaft, er wolle sich persönlich für
theater ausgerückt war, um Schnitzlers Intentionen gerecht
die Blumen bedanken. In den Garten wolle er kommen
zu werden.
und über die Mauer steigen, wenn kein Pförtchen offen sei.
Die dramatische Historie besteht aus einem Vorspiel
Zornig wirft Helene den Schlüssel zur Gartenpforte in den
und fünf Akten, von denen der dritte Aufzug auf der Burg¬
Teich. Schon denkt sie nicht mehr — so scheint es — an
bastei spielt — eine historische Reminiszenz, denn an jener
Medardus. Hochfliegende Pläne erfüllen ihr Herz und ihre
Stelle erhebt sich das heutige Hofburgtheater. Der letzte
Gedanken. Heute reicht sie dem Marquis die Hand und
Akt zeigt in einer Szene den Schloßhof von Schönbrunn
am Hochzeitstage, ehe der Gatte noch ihre Fingerspitzen ge¬
mit der historischen Freitreppe, auf welcher der Leipziger
küßt, soll er sich statt des toten Francois nach Frankreich
Buchhandlungsgehilfe Staps das Mordattentat auf Na¬
begeben, um seine Getreuen um sich zu scharen.
poleon versuchte, als dieser zur Abnahme der Parade her¬
abstieg.
In der Verlobungsnacht eilt Helene in den Garten.
Sie hat Medardus nicht vergessen. Es treibt sie zu sehen,
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ob er seinen wahnwitzigen Vorsatz ausgeführt hat. Medar¬
lers Palm und esie ganze Reihe historischer Episoden je¬
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ner denkwürdigen Zeit hat Schnitzler mit dramatischer Frei¬
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heit und dichterischer Kraft zu dem Werke gestaltet, das ge¬
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Wiedersehen. Sie sträubt sich, doch nun droht Gefahr, der
zum erstenmal in Wien waren, Wache halten mußte. Jetzt
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soll Medardus als Landwehrmann zur Armee des Erzher¬
gibt Helene der Kammerzofe den Auftrag: „Führe ihn in
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