II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 172

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„Der junge Wedardus.“
Über die Uraufführung von Arthur Schnitzlers Drama „Der
junge Medardus“ im Wiener Burgthe####
geschrieben:
Das neue Werk Arthur Schnitzlers er nennt es eine dramatische Historie,
spielt in Wien um 1809, zur Zeit, da Napoleon zum zweiten Male die Stadt
erobert. Die Stimmung in Wien ist kurios gemengt: Aus Franzosen¬
bewunderung und dumpfem Franzosenhaß, aus geschwätziger Neugierde,
käuflicher Feigheit und grollendem Unmut. Das Malheur ist nur, daf
niemand recht weiß, was er will und was er soll. Auch der junge Me¬
dardus Klähr nicht. Es ist der einzige Sohn der Buchhändlerswitwe
Klähr, ein Wiener Bürgerssohn und Student wie viele andere, nur nock
um einiges heftiger, stolzer und konfuser. Eben ist er im Begrisse, gleid
den übrigen wehrfähigen Studenten als braver Landwehrmann ins Feli
zu ziehen. Da tritt ein tragisches Familienereignis dazwischen. Sein
von ihm über alles geliebte Schwester Agathe hat ein Verhältnis mit
Frangois von Valois, dem jugendlichen Sohne des Herzoas von Rat¬
der in der Revolutionszeit aus Frankreich vertrieben wurde und von Wien
aus gegen Napeleon konspiriert, um auf den Thron zu gelangen. Selbst¬
verständlich will er von einer Heirat seines Sohnes mit dem Bürger¬
mädchen nichts wissen, und Frangois, der es sehr ernst meint, geht darauf
hin mit Agathe, die ein Kind von ihm unter dem Herzen trägt, in die
Donau. Die beiden Leichen werden gerade bei dem Wirtshaus an¬
geschwemmt, wo sich Medardus mit seinen Kriegsgefährten versammelt
hat. Der erschütternde Anblick stürzt alles um, läßt Medardus alles ver¬
gessen: Vaterland, Familie, Dienstpflicht. Er hat jetzt nur mehr ein Ziel
und eine Pflicht: Den tötlichen Haß gegen das Haus Valois. Dies der
Inhalt des Vorspiels. In den folgenden fünf Akten wird die ziemlich
wirr und gewunden verlaufende Kurve dieses Hasses entwickelt. Zunächst
trifft Medardus bei dem gemeinsamen Begräbnis der beiden Leichen mit
Helene von Valois, der hochmütigen, stolzen und ehrgeizigen Schwester des
Verstorbenen zusammen und zwar in einer leidenschaftlich heftigen und ge¬
hässigen Weise, die alle möglichen Zärtlichkeiten vorausahnen läßt.
Medardus hat ein Duell mit Helenens Verlobten, schleicht sich
dann als Schwerverwundeter in ihren Garten, wird von ihr in
ihrem Schlafzimmer verborgen und er ist eine Nacht lang ihr
Geliebter. Auch dies nur aus Rache, denn er will die Schande der
Prinzessin von Valois in die Stadt hinausschreien. Aber größere blutige
Ereignisse drängen diese erotische Episode in den Hintergrund: Die Be¬
lagerung der Stadt, die Schreckensherrschaft Napoleons, der auch den
Oheim Medardus', den Sattlermeister Eschenbacher hinrichten läßt. Nun
richten sich Medardus Rachegelüste gegen Napoleon. In Schönbrunn
kann jedes nahe an ihn heran. Hier trifft Medardus mit Helene zu¬
sammen, die als Geliebte des Kaisers gilt, er ersticht sie in eifersüchtiger
Aufwallung und hat damit Napoleon gerettet, dem die ehrgeizige Helene
selbst nach dem Leben trachtete. Medardus soll begnadigt, belohnt
werden; er bekennt aber freimütig seine eigene Absicht, weigert sich, sie
zu widerrufen und wird vor den Augen seiner Mutter erschossen. Auf
Befehl des Kaisers soll er mit allen Ehren begraben werden, „als dieses
Der Dichter hat für die Auf¬
Krieges letzter und seltsamster Held“.
führung im Burgtheater eine Bearbeitung dieses in Original sieben
Stunden dauernden Stückes vorgenommen, die aber noch immer un¬
gefähr fünf Stunden dauert. Auch in dieser Bühnenbearbeitung ist „der
junge Medardus“ ein sehr kompliziertes Werk mit 78 Figuren — also
etwa so viel wie im Faust. Das Vorspiel und die fünf Akte zerfollen
in 18 Verwandlungen, was natürlich den Zusammenhang und die ge¬
schlossene Wirkung sehr beeinträchtigt. Dafür gibt es freilich eine An¬
zahl wunderschöner Bühnenbilder zu sehen. Eine Altwiener Wohnung,
einen kleinen Gasthof an der Donau, ein alistokratisches Gartenpalais,
den Währinger Friedhof, die Burgbastei im Belagerungszustand und die
Sehenswürdigkeit des Abends, den großen Schönbrunner Schloßhof.
Professor Lesler hat diese Dekorationen nach Altwiener Bildern ent¬
worfen und Direktor Baron Berger hat zusammen mit Regisseur Thimig
in wochenlangen Proben ein Meisterstück der Inszenierungskunst zustande
gebracht. Dazu kommt noch eine ganz außerordentliche Besetzung. Es
wirken nämlich sämtliche Herren des Burgtheaters mit mit Ausnahme
des alten Baumeister. Die Titelrolle spielt Herr Gerasch, die Helene
Fräulein Wohlgemut, den alten Herzog von Valois Herr Hartmann, den
Eschenbacher Herr Balejthy, den Etzelt Herr Treßler usw. Ein imposantes
künstlerisches Aufgebot wie es einem Dichter und seinem Werke nicht
oft zur Verfügung steht. Das Weik interessierte ohne stärker zu wirken.
Der Dichter wurde nach allen Akten gerufen.