II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 175

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22. Der junge Ledandus

geschildert in ihren
Grabe des draußen flutenden Stromes in grausamer Wahr¬
Typen der Feigheit
heit vor ihm auf und wirft ihn zum ersten Mal aus seiner
der Kanonen Glück
Bahn.
2.10 Hateburger Nachrichten
verfolgt hat. Napole
Soweit das Vorspiel, das stark und ergreifend die Kon¬
seufzt unter den hart
flikte am Horizont der kommenden Handlung zusammenballt,
Hamburg
die den wackeren Esche
denn Medardus zieht nicht mit seinen Genossen fort, er
Vaterland und in der
bleibt, um Pflichten zu erfüllen, die sich ihm in seiner zer¬

ihnen zuwiderhandelte
wühlten Seele ankündigen. — Auf dem Friedhof, um eine
der Exekution sterben
aufgeworfene Gruft drängt sich die Alltäglichkeit des anteil¬
Nachdruck verboten.
seinem lethargischen
nehmenden Volkes und schaut gerührt dem Herabsenken der
send Wunden und in
Särge zu, die das sterbliche Teil der Liebenden in die deckende
der junge medaraus.
die fremde Willkür u
Erde bergen; zuletzt, allein, erscheint die Prinzessin, des
Dramatische Historie von Arthur Schnitzler.
der Medardus, dem da
weichen Prinzen stolze und schöne Schwester, um ihrem toten
will mit einer einzig
Uraufführung im Wiener Hofburgrye#e.
Bruder Blumen aufs Grab zu legen. Medardus weigert ihr
männlichkeit, Freiheit
diesen Dienst des Andenkens, auf daß nicht Agathe noch im
Die Geschichte des jungen Medardus, die Schnitzler breit
fesseln eines Weibes,
Tode von jenen übersehen werde, die die Lebende ins Grab
im Strome der Zeitereignisse des Jahres 1809 dahinfließen
da sie ihm den Mords
gestoßen. Verletzende Worte fliegen hinüber, der hinzu¬
läßt, ist das Lieben und Leiden eines jugendlich=feurigen
im Dienste der Valo
tretende Marquis von Valois, nunmehriger Träger der An¬
Stürmers und Drängers, der in Erfüllung seiner Pflicht als
gehört der Entschluß,
sprüche, fängt sie auf und quittiert die Beleidigung gegen
Sohn seines Volkes, durch den Aufruhr seiner Sinne und
freien, sich zu entfühn
seine Verwandte mit einem Degenstoß in die Brust des Me¬
seines Temperamentes von der großen, klar vorgezeichneten
Prinzessin sei die Gel
dardus. Und wieder reißt es den Jüngling aus seiner Bahn.
Bahn abgetrieben, im Unreinen, seinem inneren Wesen Ab¬
und als er sie die T
Dem Siechen läßt die Prinzessin Blumen auf das Lager
gewandten, Schiffbruch leidet, aus dem er sich bewußt zum
großen Empfang bein
bringen, er aber, von einem heißen Entschluß entflammt,
körperlichen Untergang herausrettet, um in den Geist der
er den Stahl und sie
springt auf eilt zu ihr und besiegt ihren scheinbar so un¬
ihm gemäßen Wahrheit einzugehen.
eifersüchtigen Liebe.
nahbaren Stolz. Eine schwere Anforderung — was ist ge¬
Napoleon naht sich im Siegeszug Wien, die Versuche,
im Gefängnis tut sich
schehen? Der Haß der Prinzessin, der sie den Marquis zum
ihn in Bayern aufzuhalten, sind fehlgeschlagen und die
daß die Prinzessin d
Duell treiben ließ, war nur die Verstellung einer flammen¬
Hauptstadt rüstet sich, sich seiner abermals zu erwehren.
tete, und aus Medard#
den Leidenschaft; um den Marquis mit wichtigen Aufträgen
Unter der jungen Landwehr befindet sich auch Medardus,
ist sein Retter geword
nach Frankreich zu entfernen, verlobt sie sich mit ihm und
der Sohn der Buchhändlerswitwe Klähr. Im letzten Bei¬
und Straflosigkeit, be
findet den Gehorsam eines zukünftigen Verheißungen sich
sammensein nimmt er Abschied von den Seinen, Mutter und
stirbt an der Mauer
entgegensehnenden Mannes; sie aber wirft sich dem Jüngling
Schwester Agathe und dem braven Onkel Eschenbacher. Sie
der eherne Mund der
in die Arme. Und Medardus? Kein plötzliches Auflodern
überrascht der Eintritt des jungen Prinzen von Valois, Sohn
1555
läutet — „als dieses
der Sinne hat ihm die Tollkühnheit eingegeben, ein furcht¬
des alten Herzogs aus königlichem Geblüt, der aus Frank¬
Die Folge der dr
barer Racheplan leitet ihn; er will die Prinzessin besitzen
reich flüchtig, in Wien ein Asyl gefunden, um im Dämmer
griffe des Dramas m
und dann dem königlichen Hause, dem künftigen Königs¬
seiner blinden Augen Träumen nach zukünftigem Glück und
Aufbaues — stürmt
geschlecht, die Schande ins Antlitz schleudern; Rache und Ver¬
Vergeltung auf dem angestammten und erbberechtigten Thron
nicht möglich, sich ihre
geltung für Agathes Opferung.
von Frankreich nachzuhängen. Der junge Prinz liebt Agathe,
hat sich zu viel zugen
Aber wie er am Abend der Verlobungsfeier die Diener¬
ja noch mehr, sie gehört ihm bereits an und das heimliche
Begebenheiten des Ja
schaft durchbricht und seines wilden Gedankens voll mitten
Pfand ihrer Liebe tritt mahnend vor ihre Seelen, das den
jungen Medardus Leb
unter die herzogliche Familie stürzt, da erstarrt er unter den
Stolz des alten Geschlechtes tödlich verletzen und Agathe als
lich den Gedankenflug
gebietenden Augen dieses Weibes, sie bändigt ihn mit Blicken
verworfene Lügnerin vor Mutter und Bruder zeihen würde.
Prinzessin von Valois#
und Worten und als armer Narr, begleitet von dem leichten
Mit der Lüge, daß am kommenden Morgen der alte Herzog
schehnisse hineinzuste
Verzeihen der Verstehenden, räumt er das Feld. Und wieder¬
als Brautwerber bei den Bürgersleuten eintreten wolle, ent¬
irrungen, und wie de
um irrt er in die Weite und findet nicht den Pfad, der ihn
führt der prinzliche Sproß Agathe zum Donaustrom, der sie
in den anderen geriss
zu seiner vermeintlichen Pflicht führen soll; statt dessen lodert
hinwegnimmt zu Schmerzlosigkeit und ewigem Vergessen.
der Fülle des Stoffes
in seinem Busen das Feuer der Untreue gegen sich selbst.
Ihre Leichen werden unten in der Au ans Land getragen
getrieben. Kleinmale
denn das Opfer, das er auf dem Altar seiner beschimpften
in der Nähe der Schenke, in der Medardus und seine Kum¬
sierung des Wiener
Familienehre hinmorden wollte, hat ihm Herz und Willen
panen, unter kriegerischem Sang und Becherklang, ihre
derung des Geistes d
seiner
gestohlen, und klein und schwach windet er sich in
Mädeln am Arm, dem Morgen des Ausmarsches entgegen¬
Hause der Frau Kläh
Schmach: Liebe, wo er hassen sollte, hassen müßte, Niederlage,
wachen. In ihre Mitte trägt man das im Tode vereinte
linge um den blinden
wo er glaubte, den Sieg in der Hand zu haben.
Paar, trägt man es vor den Medardus, seine Schwester,
geblichen Prätendente
Wien hat kapituliert, die weiße Fahne flattert von den
seine geliebte Schwester im Arm des jungen prinzlichen
Blutes. Die Erfüllung seiner Ahnung taucht aus dem nassen Basteien. von denen aus die Wiener Bevölkerung, prächtig zu einer Verzettelung