hören, daß das Burgtheater mit den besten Wiener Autoren zerfaller
ist, daß Wiener Stücke von Bedeutung in Berlin ihre Urpremiere
erleben. Unsere heimische Produktion soll sich über das Burgtheater
nicht beklagen können. „Medardus“ sollte und mußte meiner Ueber¬
„OBSERVER“
zeugung nach am Burgtheater zum ersten Male Leben und Gestalt ge¬
I. öaterr. behördl.
winnen — auch wenn der Ersolg nicht ein so bedeutender wird, wie er
sich um zu meiner Freude und der des gesamten Burgtheaters tat¬
Konzessionirtes
sächlich eingestellt hat.
Bureau
Und noch eine besondere Genugtuung empfindet Baron Berger im
für Zeitungsnachrichten¬
Anschluß an den glücklichen Premierenabend: daß er mehreren „kleinen“
Wien, 1.
Schauspielern, die Jahre lang keine Gelegenheit hatten, sich irgendwie be¬
Femdenblatt, Wie
Konkordlaplatz 4
mezkbar zu machen, hübsche Erfolge brachte. Die vielen Wiener Volkstypen,
dieedw auf die Beine gestellt werden, um irgend ein Wiener Temperament
27.HONERBER 1910
zu reptäsentieren, haben dieses oder jenes lustige Wort zu sagen, das
allerdings nur wirkt, wenn man es mit der richtigen Nuanzierung
herausbringt und in passendem Tempo. Wie glücklich waren nun
Aus der Theaterwelt. 3
diese kleinen Leute des Burgtheaters, als man über sie lachte! Ueber
(Aus den Tagen der Vorbereitung von Schnitzlers „Der junge
jeden halben Satz, den sie sprachen! Man entdeckte auch einmal im
Medardus“ im Burgtheater.— Der erste Kostenvoranschlag
Burgtheater eine Reihe kleiner liebenswürdig=komischer Begabungen.
und sein Schicksal. — Baron Berger und sein Verhältnis zur Wiener
Baron Bergers Theaterführung konnte bald herausfinden, wieso diese
Produltion. — Dialekt und Schauspielkunst, und wie sie sich zu
Leute plötzlich sich selbst zu übertreffen vermochten.
einander verhalten.
— Eine historische Reminiszenz des Herrn Thimig.
.—
„Der Dialekt ist es,“ meinte der Direktor, der die schau¬
Die Theaterdirektoren und die letzten Bühnenprozesse. — Wie
Direktor Jarno darüber denkt.)
spielerischen Kräfte, die in einem Menschen stecken, wie mit einem Zauber¬
stab entbindet! All die kleinen Leute, denen „Medardus“ die Zunge
Im Burgtheater berrscht gehobene Stimmung. Die warme
gelöst hat, sind Oesterreicher. Das Milieu des Stückes erlaubt nun den
Anerkennung, die das große Werk der Darstellung einer so anspruchs¬
meisten Darstellern, die Sprache mehr oder minder leicht wienerisch zu färben
vollen Dichtung, wie es Schnitzlers C,Der junge Medardus“ ist, beim
und das beflügelte ihr Können, das machte sie plötzlich frei! We
Publikum und bei der Krilik gefüngen, hat das Selbstbewußtsein der
leicht ist es doch eigentlich, im Realismus zu glänzen. Ich habe einmal
Kleinen und der Großen des Hoftheaters gehoben, das schon manch
einen gewagten Witz gemacht. Es war zur Zeit der ersten „Weber“¬
hartes Urteil — das wäre aber nicht das Aergste — und manch be¬
Vorstellungen, da man von der neuen Richtung schwärmte wie von einer
schämenden Vergleich hat über sich ergehen lassen müssen. Diesmal be¬
neuen Sonne. Und da sagte ich, ich getraue mir mit Leuten, die die
gegnen sich alle, die bei dem Unternehmen mittaten, in der Ueberzeugung,
Polizei bei ihrer „Razzia“ zusammenfange und mir zur Verfügung
daß keine zweite Bühne Deutschlands eine solche Leistung zustande zu
stelle, in ein paar Tagen eine gute, eine famose Aufführung der „Weber“
bringen vermag. Künstlerisch und technisch reichen die Mittel keiner
zustande zu bringen. Die Leute brauchen nur ihren Dialekt herauszue
anderen Bühne an die Kräfte heran, die das Burgtheater zur Bewälti¬
tehien. Doch Scherz beiseite: Unter den Italienern findet man viele und
gung der jüngsten Aufgabe aufgewendet hat, die es sich gestellt. Es sind
so große Schauspieler, weil bei ihnen keine so weite Kluft gähnt
merkwürdige Schicksale, die Schnitzlers „Medardus“ im Burgtheater
zwischen Volkssprache und Schriftsprache. Das ist die geheimnisvolle
erlebte. Es ist ja bekannt, daß der Dichter das Stück schon dem
Kraft des Dialekts!
#ndene
Direktor Hofrat Schlenther eingereicht hatte. Es entwickelte sich eine
Metkwürdig war, daß Dichter, Direktor und Regisseur — es war,
überaus langwierige Korrespondenz über Streichungen oder Aenderungen, die
sich von vorneherein über die
wie bekannt, Hugo Thimig;
der Direktor dem Versaffer empfähl. Diese Korrespondenz umfaßt ein
Wirtung jedes einzelnen Bildes klar waren und daß sie sich in ihrer
dickes Faszikel von Bogen, mit Schreibmaschinenschrift bedruckt; denn
Annahme durch die Premiere nicht desavouiert fühlten. Man hatte das
es war ganz merkwürdig: Obgleich Schnitzler zu jener Zeit stets in
Publikum ausnahmsweise erraten. Kritisch waren Baron Berger und
Wien weilte und der Burgtheaterdirektor auch — verhandelten sie nie
Thimig — aber auch zum Teile Schnitzler selbst — nur bezüglich jener
veriönlich miteinander. Nicht einmal telephonisch — wo ein Wort ost
Stelle des Dramas, da Medardus morgens aus dem Park der Valois
ganze Bogen blauer Maschinschrift erspart hätte! So ging die „Medardus“¬
tritt und dem Freunde sofort erzählt, er habe die Nacht im
Angelegenheit, auch nachdem der Dichter die Kürzung vollzogen hatte,
Zimmer der Prinzessin Helene zugebracht, und nicht allein derlei darf
kaum vom Flecke. Und als die Schlenther=Krise kam und als Baron
sich der Held eines Stückes nicht erlauben, ohne Gefahr zu laufen, das
Berger seinen Einzug in die Kanzlei hielt, da übergab ihm Schlenther
Interesse des Publikums zu verlieren, weil er der Verachtung verfällt.
das Manuskript des „Medardus“ mit den Worten: „Ich übermittle
Und in der Tat — bier schien auch den Darstellern, die von der Bühne
Ihnen hier ein eingereichtes, aber von mir noch nicht angenommenes
aus zuhorchten — die Stimmung des Publikums gefährdet. Allein der
Stück. Ich habe Ihnen diesbezüglich nicht präjudiziert.“ Freiherr von
kritische Punkt wurde überwunden — und nachher ging alles gut. Nun
Berger machte sich sofort an die Lektüre des Stückes, und sein Beschluß
atmen die Damen und Herren des Burgtheaters auf — nun gibt es
war bald gefaßt. Nur wollte er Fühlung nehmen, wie die Behörde sich
keine Sorge mehr für das Schicksal des „Medardus“; vor allem aber
mit Beziehung auf das finanzielle Moment zu der Sache stellen würde.
gibt es keine Proben mehr, die bis 3 und 4 Uhr nachmittags währen.
Das war noch im vergangenen Spieljahre. Dr. Schlenther hatte einen
Das waren böse Zeiten. Viele Mitglieder fuhren gar nicht mehr nach
spezifizierten Kostenvoranschlag zurückgelassen, der im Vereine mit sach¬
Hause, wenn sie in der Abendvorstellung zu tun hatten — und verbrachten
verständigen technischen Organen aufgestellt worden war. Der neue
so den ganzen Tag im Dienste ...
Direktor erschrak förmlich vor der Riesenziffer, die ihm da entgegen¬
Uebzigens — bei allem Ernst, der bei den Proben herrschte, ging
starrte. Er brauchte darüber nicht im geringsten in Zweifel zu sein:
Unter solchen Umständen werde die Theaterbehörde ihre Zustimmung
der Hämox, doch nicht ganz leer aus. Unter den Darstellern, die Wiener
zur Aufführung nicht geben. Und in der Tat: Es wurde abgelehnt,
Figusenm Grund“ zu geben hatten, befand sich auch Herr Baum¬
für die Novität so viel Geld zu riskieren. Baron Berger war
ga###der gediegene Darsteller für Episoden, die ins komische
diese Entscheidung nicht einmal so unangenehm.
Denn er
Chaxattes#achschlagen. Man kann sich vorstellen, daß bei einer so
großen Anzahl von Personen die Bühne immer reich bevölkert war;
wollte selbst nicht, daß ein Dichterwerk mit einer
so großen
eine der ersten, und keineswegs der leichtesten Aufgaben des Regisseurs
finanziellen Verantwortung belastet werde. Er nahm den Kosten¬
Thimi###war es unter solchen Umständen, dafür zu sorgen, daß die
voranschlag einfach auf seine Ferien mit, studierte ihn genau,
Szene für die Hauptpersonen immer freigehalten bleibe, namentlich die
leitete eine umfassende Korrespondenz darüber ein und bewirkte so nach,
Mitte. Nun sab er zu seiner Verwunderung fast immer, wenn sein
und nach im schriftlichen Kontakt mit den Künst ein und Lieferanten
Blick in'der Richtung der Achse der Bühne ging, die kletne Gestalt des
daß die Kosten für „Medardus“ nahezu auf die Hälfte reduziert
Herrn Baumgarine= mitten auf der Szene, vor der Rampe, aufge¬
wurden. Sie waren dabei noch immer recht bedeutend. Mit dem solcher¬
pflanzt. Da raffte er sich zu einer Art historischen Ansprache auf:
ait rekt fizierten Kostenvoranschlag war die Theaterbehörde einverstanden,
„Verehrter Herr Baumgartner!“
er wurde genehmigt und somit stand der Annahme des „Medardus“
rief Regisseur Thimig zur
nichts mehr im Wege.
Bühne hinauf
„es sind nun genau 34 Jahre und 3 Monate, daß
„Ich habe das Stück angenommen,“ äußerte sich Direktor Baron
Ihnen der damalige Direktor des Burgtheaters Freiherr v. Dingel¬
Berger dieser Tage zum Schreiber dieser Zeilen, „obgseich ich nicht
stedt bei der Probe für ein Shakespeare=Stück die Worte zurief, die
die Sicherheit eines Erfolges sah. Aber ich erkannte die Möglich¬
seither Flügel bekamen und in jeder Dingelstedt=Biographie Aufnahme
gefunden haben: „Lieber Herr Baumgartner — sagte Ihnen damals
keit. Ich gewann die Ueberzeugung, daß nach Streichung dieser und
der Baron — der Platz vor dem Souffleurkasten ist für die k. und k.
jener überflü sigen Stelle und bei darstellerischer Ausschöpfung aller
poetischen Wirtungen, die in dem Stücke liegen, die Möglichkeit eines
Hosschauspieler reserviert. Das sind 34 Jahre und 3 Monate und Sie
Ertolges winke, Die starke Mö lichkeit. Und dies genügte mix voll¬
stehen, lieter Herr Baumgarlner, noch immer vor dem Kasten — wie
kommen. Ich sagte mir, der kranthafte Zustand müsse endlich auf= damals.
ist, daß Wiener Stücke von Bedeutung in Berlin ihre Urpremiere
erleben. Unsere heimische Produktion soll sich über das Burgtheater
nicht beklagen können. „Medardus“ sollte und mußte meiner Ueber¬
„OBSERVER“
zeugung nach am Burgtheater zum ersten Male Leben und Gestalt ge¬
I. öaterr. behördl.
winnen — auch wenn der Ersolg nicht ein so bedeutender wird, wie er
sich um zu meiner Freude und der des gesamten Burgtheaters tat¬
Konzessionirtes
sächlich eingestellt hat.
Bureau
Und noch eine besondere Genugtuung empfindet Baron Berger im
für Zeitungsnachrichten¬
Anschluß an den glücklichen Premierenabend: daß er mehreren „kleinen“
Wien, 1.
Schauspielern, die Jahre lang keine Gelegenheit hatten, sich irgendwie be¬
Femdenblatt, Wie
Konkordlaplatz 4
mezkbar zu machen, hübsche Erfolge brachte. Die vielen Wiener Volkstypen,
dieedw auf die Beine gestellt werden, um irgend ein Wiener Temperament
27.HONERBER 1910
zu reptäsentieren, haben dieses oder jenes lustige Wort zu sagen, das
allerdings nur wirkt, wenn man es mit der richtigen Nuanzierung
herausbringt und in passendem Tempo. Wie glücklich waren nun
Aus der Theaterwelt. 3
diese kleinen Leute des Burgtheaters, als man über sie lachte! Ueber
(Aus den Tagen der Vorbereitung von Schnitzlers „Der junge
jeden halben Satz, den sie sprachen! Man entdeckte auch einmal im
Medardus“ im Burgtheater.— Der erste Kostenvoranschlag
Burgtheater eine Reihe kleiner liebenswürdig=komischer Begabungen.
und sein Schicksal. — Baron Berger und sein Verhältnis zur Wiener
Baron Bergers Theaterführung konnte bald herausfinden, wieso diese
Produltion. — Dialekt und Schauspielkunst, und wie sie sich zu
Leute plötzlich sich selbst zu übertreffen vermochten.
einander verhalten.
— Eine historische Reminiszenz des Herrn Thimig.
.—
„Der Dialekt ist es,“ meinte der Direktor, der die schau¬
Die Theaterdirektoren und die letzten Bühnenprozesse. — Wie
Direktor Jarno darüber denkt.)
spielerischen Kräfte, die in einem Menschen stecken, wie mit einem Zauber¬
stab entbindet! All die kleinen Leute, denen „Medardus“ die Zunge
Im Burgtheater berrscht gehobene Stimmung. Die warme
gelöst hat, sind Oesterreicher. Das Milieu des Stückes erlaubt nun den
Anerkennung, die das große Werk der Darstellung einer so anspruchs¬
meisten Darstellern, die Sprache mehr oder minder leicht wienerisch zu färben
vollen Dichtung, wie es Schnitzlers C,Der junge Medardus“ ist, beim
und das beflügelte ihr Können, das machte sie plötzlich frei! We
Publikum und bei der Krilik gefüngen, hat das Selbstbewußtsein der
leicht ist es doch eigentlich, im Realismus zu glänzen. Ich habe einmal
Kleinen und der Großen des Hoftheaters gehoben, das schon manch
einen gewagten Witz gemacht. Es war zur Zeit der ersten „Weber“¬
hartes Urteil — das wäre aber nicht das Aergste — und manch be¬
Vorstellungen, da man von der neuen Richtung schwärmte wie von einer
schämenden Vergleich hat über sich ergehen lassen müssen. Diesmal be¬
neuen Sonne. Und da sagte ich, ich getraue mir mit Leuten, die die
gegnen sich alle, die bei dem Unternehmen mittaten, in der Ueberzeugung,
Polizei bei ihrer „Razzia“ zusammenfange und mir zur Verfügung
daß keine zweite Bühne Deutschlands eine solche Leistung zustande zu
stelle, in ein paar Tagen eine gute, eine famose Aufführung der „Weber“
bringen vermag. Künstlerisch und technisch reichen die Mittel keiner
zustande zu bringen. Die Leute brauchen nur ihren Dialekt herauszue
anderen Bühne an die Kräfte heran, die das Burgtheater zur Bewälti¬
tehien. Doch Scherz beiseite: Unter den Italienern findet man viele und
gung der jüngsten Aufgabe aufgewendet hat, die es sich gestellt. Es sind
so große Schauspieler, weil bei ihnen keine so weite Kluft gähnt
merkwürdige Schicksale, die Schnitzlers „Medardus“ im Burgtheater
zwischen Volkssprache und Schriftsprache. Das ist die geheimnisvolle
erlebte. Es ist ja bekannt, daß der Dichter das Stück schon dem
Kraft des Dialekts!
#ndene
Direktor Hofrat Schlenther eingereicht hatte. Es entwickelte sich eine
Metkwürdig war, daß Dichter, Direktor und Regisseur — es war,
überaus langwierige Korrespondenz über Streichungen oder Aenderungen, die
sich von vorneherein über die
wie bekannt, Hugo Thimig;
der Direktor dem Versaffer empfähl. Diese Korrespondenz umfaßt ein
Wirtung jedes einzelnen Bildes klar waren und daß sie sich in ihrer
dickes Faszikel von Bogen, mit Schreibmaschinenschrift bedruckt; denn
Annahme durch die Premiere nicht desavouiert fühlten. Man hatte das
es war ganz merkwürdig: Obgleich Schnitzler zu jener Zeit stets in
Publikum ausnahmsweise erraten. Kritisch waren Baron Berger und
Wien weilte und der Burgtheaterdirektor auch — verhandelten sie nie
Thimig — aber auch zum Teile Schnitzler selbst — nur bezüglich jener
veriönlich miteinander. Nicht einmal telephonisch — wo ein Wort ost
Stelle des Dramas, da Medardus morgens aus dem Park der Valois
ganze Bogen blauer Maschinschrift erspart hätte! So ging die „Medardus“¬
tritt und dem Freunde sofort erzählt, er habe die Nacht im
Angelegenheit, auch nachdem der Dichter die Kürzung vollzogen hatte,
Zimmer der Prinzessin Helene zugebracht, und nicht allein derlei darf
kaum vom Flecke. Und als die Schlenther=Krise kam und als Baron
sich der Held eines Stückes nicht erlauben, ohne Gefahr zu laufen, das
Berger seinen Einzug in die Kanzlei hielt, da übergab ihm Schlenther
Interesse des Publikums zu verlieren, weil er der Verachtung verfällt.
das Manuskript des „Medardus“ mit den Worten: „Ich übermittle
Und in der Tat — bier schien auch den Darstellern, die von der Bühne
Ihnen hier ein eingereichtes, aber von mir noch nicht angenommenes
aus zuhorchten — die Stimmung des Publikums gefährdet. Allein der
Stück. Ich habe Ihnen diesbezüglich nicht präjudiziert.“ Freiherr von
kritische Punkt wurde überwunden — und nachher ging alles gut. Nun
Berger machte sich sofort an die Lektüre des Stückes, und sein Beschluß
atmen die Damen und Herren des Burgtheaters auf — nun gibt es
war bald gefaßt. Nur wollte er Fühlung nehmen, wie die Behörde sich
keine Sorge mehr für das Schicksal des „Medardus“; vor allem aber
mit Beziehung auf das finanzielle Moment zu der Sache stellen würde.
gibt es keine Proben mehr, die bis 3 und 4 Uhr nachmittags währen.
Das war noch im vergangenen Spieljahre. Dr. Schlenther hatte einen
Das waren böse Zeiten. Viele Mitglieder fuhren gar nicht mehr nach
spezifizierten Kostenvoranschlag zurückgelassen, der im Vereine mit sach¬
Hause, wenn sie in der Abendvorstellung zu tun hatten — und verbrachten
verständigen technischen Organen aufgestellt worden war. Der neue
so den ganzen Tag im Dienste ...
Direktor erschrak förmlich vor der Riesenziffer, die ihm da entgegen¬
Uebzigens — bei allem Ernst, der bei den Proben herrschte, ging
starrte. Er brauchte darüber nicht im geringsten in Zweifel zu sein:
Unter solchen Umständen werde die Theaterbehörde ihre Zustimmung
der Hämox, doch nicht ganz leer aus. Unter den Darstellern, die Wiener
zur Aufführung nicht geben. Und in der Tat: Es wurde abgelehnt,
Figusenm Grund“ zu geben hatten, befand sich auch Herr Baum¬
für die Novität so viel Geld zu riskieren. Baron Berger war
ga###der gediegene Darsteller für Episoden, die ins komische
diese Entscheidung nicht einmal so unangenehm.
Denn er
Chaxattes#achschlagen. Man kann sich vorstellen, daß bei einer so
großen Anzahl von Personen die Bühne immer reich bevölkert war;
wollte selbst nicht, daß ein Dichterwerk mit einer
so großen
eine der ersten, und keineswegs der leichtesten Aufgaben des Regisseurs
finanziellen Verantwortung belastet werde. Er nahm den Kosten¬
Thimi###war es unter solchen Umständen, dafür zu sorgen, daß die
voranschlag einfach auf seine Ferien mit, studierte ihn genau,
Szene für die Hauptpersonen immer freigehalten bleibe, namentlich die
leitete eine umfassende Korrespondenz darüber ein und bewirkte so nach,
Mitte. Nun sab er zu seiner Verwunderung fast immer, wenn sein
und nach im schriftlichen Kontakt mit den Künst ein und Lieferanten
Blick in'der Richtung der Achse der Bühne ging, die kletne Gestalt des
daß die Kosten für „Medardus“ nahezu auf die Hälfte reduziert
Herrn Baumgarine= mitten auf der Szene, vor der Rampe, aufge¬
wurden. Sie waren dabei noch immer recht bedeutend. Mit dem solcher¬
pflanzt. Da raffte er sich zu einer Art historischen Ansprache auf:
ait rekt fizierten Kostenvoranschlag war die Theaterbehörde einverstanden,
„Verehrter Herr Baumgartner!“
er wurde genehmigt und somit stand der Annahme des „Medardus“
rief Regisseur Thimig zur
nichts mehr im Wege.
Bühne hinauf
„es sind nun genau 34 Jahre und 3 Monate, daß
„Ich habe das Stück angenommen,“ äußerte sich Direktor Baron
Ihnen der damalige Direktor des Burgtheaters Freiherr v. Dingel¬
Berger dieser Tage zum Schreiber dieser Zeilen, „obgseich ich nicht
stedt bei der Probe für ein Shakespeare=Stück die Worte zurief, die
die Sicherheit eines Erfolges sah. Aber ich erkannte die Möglich¬
seither Flügel bekamen und in jeder Dingelstedt=Biographie Aufnahme
gefunden haben: „Lieber Herr Baumgartner — sagte Ihnen damals
keit. Ich gewann die Ueberzeugung, daß nach Streichung dieser und
der Baron — der Platz vor dem Souffleurkasten ist für die k. und k.
jener überflü sigen Stelle und bei darstellerischer Ausschöpfung aller
poetischen Wirtungen, die in dem Stücke liegen, die Möglichkeit eines
Hosschauspieler reserviert. Das sind 34 Jahre und 3 Monate und Sie
Ertolges winke, Die starke Mö lichkeit. Und dies genügte mix voll¬
stehen, lieter Herr Baumgarlner, noch immer vor dem Kasten — wie
kommen. Ich sagte mir, der kranthafte Zustand müsse endlich auf= damals.