22. DerjungeMedandus
s überschritten
Gelegenheit, es
wird über das Stück gesprochen, aber auch noch über
einige andere Dinge, über gesellschaftliche Ereignisse, die
en, und aufs
jüngsten Neuigkeiten, die Goldhauben und die Hüte der
überall. Die
Frauen. Es gibt da Premièren in der Première, von denen
Zwischenakts¬
freilich der Autor nichts erfährt. Wenn er durch das Guck¬
jucker in Be¬
loch im Vorhang hinausschaut und er sieht ein Fähnlein
ng, mit dem
der bekanntesten Persönlichkeiten im Mittelgang einen
erumgehen, da
Meinungskampf lebhaft miteinander ausfechten, so glaubt
zärtlich ver¬
er sicher, die Herren streiten über den Hauptcharakter
eFrauen bei
seines Dramas, und in Berlin wäre das ja auch der Fall.
muten alkreoi¬
Aber in Wien ist es immerhin nicht unmöglich, daß die
te, die wie ein
Meinungsverschiedenheit durch den mit rosa Straußfedern
ändert das
geschmückten Silberhelm einer schönen Frau in einer
ammensetzung
ersten Rangloge, der allgemein Aussehen erreat, hervor¬
himmer wie¬
gerufen wurde. Was anderseits nicht ohne eine gewisse
gierigen von
Melancholie ist: da gibt ein Dichter sein Bestes und
ndainen, die
Tiefstes, den Rahm seiner Seele, seine edelsten Träume
insoferne sie
her, und wozu? Um im Zwischenakt einer schönen
Einsamkeit vor¬
Frau Gelegenheit zu geben, durch einen Silberhelm Auf¬
dabei gewesen
sehen zu erregen. Indessen: „Christian war schön,
gemeinsames
Molière war ein Genie,“ wie der ritterliche Cyrano von
auspielerkreisen
Bergerac so hübsch sagt. Man muß jenen Silberhelm mit
blasiert und
eigenen Augen gesehen haben, um die Wiener zu ent¬
ichtig, ebenso¬
schuldigen.
eler bei der
späteren Auf¬
Uebrigens werden im Mittelgang noch andere, wich¬
schlechten und
tigere Kämpfe ausgesochten, die allerdings meist ebenso¬
Akteur ist
wenig mit dem Thema des Stückes zu tun haben. Da
unter der er
wird in den Aktpausen gestrebert und geheuchelt, da
werden Bekanntschaften gemacht, Eitelkeiten lanciert und
emière größer,
dainen Visage
befriedigt, kokettiert, medisiert, hundert versteckte kleine
Komödien der Gesellschaft mit mehr oder minder Erfolg
—
zur Aufführung gebracht. Wer die Première nur aus
ie Pedanterie,
Snobismus besucht, trachtet sich einen Augenblick lang im
in kritische
Mittelgang zu zeigen. Denn hier münden die Blicke aus
kulieren. Das
allen Logen, und hier münden auch alle Einflüsse und
esonders das
Meinungen. Im Mittelgang wird die Stimmung für oder
n gesellschaft¬
andere. Es gegen das Stück gemacht, fast immer aus persönlichen
Interessen heraus, denn die wenigsten Menschen sind sach¬
zuregen, und
ohne deshalb licher Motive fähig. Hier sind auch die geläufigen Typen
Zwischenakten der Première anzutreffen: Der Premierentiger vor allem.
box 26/5
ein Mselene un an dus .
ständ
lage
das ist ein Mensch, der, ohne innere Neigung und ohne
mor
äußere Veranlassung, zu allen Premièren geht, grundsätz¬
gebli
lich, um dabei gewesen zu sein. Ferner der Witzbold:
wird
Für ihn ist ein Kunstwerk nur ein Vorwand zu einem
tropfe
Wortwitz, und wehe dem Dichter, wenn sich keiner ergibt.
durch
Er hat wahrlich nichts zu lachen. Ferner der Prophet.
Kron
Der weiß bereits nach dem zweiten Akt, wie oft das
sicher
Stück „gehen“ wird. „Sechs Aufführungen!“ sagt er, und
Maji
zuckt geringschätzig die Achseln. Allerdings ändert er die
habe
Zahl dann im Laufe der Zeit, verschiebt sie nach oben
die
oder nach unten, je nach Bedarf. Noch liebenswürdiger
berei
ist die Spielart des materiellen Propheten, der gleich das
man
aus dem Stück resultierende Gesamteinkommen an Tan¬
Schä
tiemen überschlägt. Ihm gesellt sich der Indiskrete, der
Libe
weiß, warum diese oder jene Schauspielerin diese oder
100
jene Rolle zurückgeschickt hat, der Informierte, der mit¬
engli
teilt, was die Ausstattung kostet, der Feindselige, der
word
gegen alle Stücke dieses Autors ist, der Enthusiast, der
gewo
von allem entzückt ist, was der Autor schreibt, und die
große Zahl der Meinungslosen, von denen einige so artig
sind, sich im Mittelgang an irgend einen namhaften
Kritiker zu wenden, um zu erkunden, wie ihnen das
Stück gefallen habe. ...
Alle diese kleinen Komödien und Lächerlichkeiten
Kaisel
schaden dem glänzenden Gesamtbilde nicht. Auch sind sie
sehr spaßhaft zu beobachten, wenn man selber unbeteiligt zahl#
geloc
ist — freilich nur unter dieser Voraussetzung. Denn für
Kurz
die zunächst Beteiligten ist die Première kein Vergnügen,
kanz
sondern eine schwere Arbeit. Sie alle seufzen auf: „Gott
lang
sei Dank!“ wenn sie vorbei ist. Nur der Unbeteiligte
das
sieht das schöne Bild mit Bedauern zerfließen. Ein
mitte
Abend hat es gemalt, ein Abend verwischt es wieder,
kanzl
und es ist, als wäre es nie gewesen. Aber, das ist viel¬
Debg
leicht das letzte Geheimnis derartiger Veranstaltungen
vativ
und macht ihren geheimsten Reiz aus: daß sie sich nicht
mit
halten und nicht besitzen lassen, und daß uns schon beim
Redn
Hinausgehen nichts von ihnen bleibt als die vage Er¬
Aufg
innerung an einen schimmernden Abend.
#sozig
s überschritten
Gelegenheit, es
wird über das Stück gesprochen, aber auch noch über
einige andere Dinge, über gesellschaftliche Ereignisse, die
en, und aufs
jüngsten Neuigkeiten, die Goldhauben und die Hüte der
überall. Die
Frauen. Es gibt da Premièren in der Première, von denen
Zwischenakts¬
freilich der Autor nichts erfährt. Wenn er durch das Guck¬
jucker in Be¬
loch im Vorhang hinausschaut und er sieht ein Fähnlein
ng, mit dem
der bekanntesten Persönlichkeiten im Mittelgang einen
erumgehen, da
Meinungskampf lebhaft miteinander ausfechten, so glaubt
zärtlich ver¬
er sicher, die Herren streiten über den Hauptcharakter
eFrauen bei
seines Dramas, und in Berlin wäre das ja auch der Fall.
muten alkreoi¬
Aber in Wien ist es immerhin nicht unmöglich, daß die
te, die wie ein
Meinungsverschiedenheit durch den mit rosa Straußfedern
ändert das
geschmückten Silberhelm einer schönen Frau in einer
ammensetzung
ersten Rangloge, der allgemein Aussehen erreat, hervor¬
himmer wie¬
gerufen wurde. Was anderseits nicht ohne eine gewisse
gierigen von
Melancholie ist: da gibt ein Dichter sein Bestes und
ndainen, die
Tiefstes, den Rahm seiner Seele, seine edelsten Träume
insoferne sie
her, und wozu? Um im Zwischenakt einer schönen
Einsamkeit vor¬
Frau Gelegenheit zu geben, durch einen Silberhelm Auf¬
dabei gewesen
sehen zu erregen. Indessen: „Christian war schön,
gemeinsames
Molière war ein Genie,“ wie der ritterliche Cyrano von
auspielerkreisen
Bergerac so hübsch sagt. Man muß jenen Silberhelm mit
blasiert und
eigenen Augen gesehen haben, um die Wiener zu ent¬
ichtig, ebenso¬
schuldigen.
eler bei der
späteren Auf¬
Uebrigens werden im Mittelgang noch andere, wich¬
schlechten und
tigere Kämpfe ausgesochten, die allerdings meist ebenso¬
Akteur ist
wenig mit dem Thema des Stückes zu tun haben. Da
unter der er
wird in den Aktpausen gestrebert und geheuchelt, da
werden Bekanntschaften gemacht, Eitelkeiten lanciert und
emière größer,
dainen Visage
befriedigt, kokettiert, medisiert, hundert versteckte kleine
Komödien der Gesellschaft mit mehr oder minder Erfolg
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zur Aufführung gebracht. Wer die Première nur aus
ie Pedanterie,
Snobismus besucht, trachtet sich einen Augenblick lang im
in kritische
Mittelgang zu zeigen. Denn hier münden die Blicke aus
kulieren. Das
allen Logen, und hier münden auch alle Einflüsse und
esonders das
Meinungen. Im Mittelgang wird die Stimmung für oder
n gesellschaft¬
andere. Es gegen das Stück gemacht, fast immer aus persönlichen
Interessen heraus, denn die wenigsten Menschen sind sach¬
zuregen, und
ohne deshalb licher Motive fähig. Hier sind auch die geläufigen Typen
Zwischenakten der Première anzutreffen: Der Premierentiger vor allem.
box 26/5
ein Mselene un an dus .
ständ
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das ist ein Mensch, der, ohne innere Neigung und ohne
mor
äußere Veranlassung, zu allen Premièren geht, grundsätz¬
gebli
lich, um dabei gewesen zu sein. Ferner der Witzbold:
wird
Für ihn ist ein Kunstwerk nur ein Vorwand zu einem
tropfe
Wortwitz, und wehe dem Dichter, wenn sich keiner ergibt.
durch
Er hat wahrlich nichts zu lachen. Ferner der Prophet.
Kron
Der weiß bereits nach dem zweiten Akt, wie oft das
sicher
Stück „gehen“ wird. „Sechs Aufführungen!“ sagt er, und
Maji
zuckt geringschätzig die Achseln. Allerdings ändert er die
habe
Zahl dann im Laufe der Zeit, verschiebt sie nach oben
die
oder nach unten, je nach Bedarf. Noch liebenswürdiger
berei
ist die Spielart des materiellen Propheten, der gleich das
man
aus dem Stück resultierende Gesamteinkommen an Tan¬
Schä
tiemen überschlägt. Ihm gesellt sich der Indiskrete, der
Libe
weiß, warum diese oder jene Schauspielerin diese oder
100
jene Rolle zurückgeschickt hat, der Informierte, der mit¬
engli
teilt, was die Ausstattung kostet, der Feindselige, der
word
gegen alle Stücke dieses Autors ist, der Enthusiast, der
gewo
von allem entzückt ist, was der Autor schreibt, und die
große Zahl der Meinungslosen, von denen einige so artig
sind, sich im Mittelgang an irgend einen namhaften
Kritiker zu wenden, um zu erkunden, wie ihnen das
Stück gefallen habe. ...
Alle diese kleinen Komödien und Lächerlichkeiten
Kaisel
schaden dem glänzenden Gesamtbilde nicht. Auch sind sie
sehr spaßhaft zu beobachten, wenn man selber unbeteiligt zahl#
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Kurz
die zunächst Beteiligten ist die Première kein Vergnügen,
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sondern eine schwere Arbeit. Sie alle seufzen auf: „Gott
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sei Dank!“ wenn sie vorbei ist. Nur der Unbeteiligte
das
sieht das schöne Bild mit Bedauern zerfließen. Ein
mitte
Abend hat es gemalt, ein Abend verwischt es wieder,
kanzl
und es ist, als wäre es nie gewesen. Aber, das ist viel¬
Debg
leicht das letzte Geheimnis derartiger Veranstaltungen
vativ
und macht ihren geheimsten Reiz aus: daß sie sich nicht
mit
halten und nicht besitzen lassen, und daß uns schon beim
Redn
Hinausgehen nichts von ihnen bleibt als die vage Er¬
Aufg
innerung an einen schimmernden Abend.
#sozig