II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 224

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nicht auszunützen verstand; eine derselben Nacht. Man sieht, dieser junge Mann kann Heroismus nur als überflüssige Pose, als die komödian¬
zauderten und die Kühnsten an erobern. An Stelle des toten Liebespaares tritt das tenhafte Selbsttäuschung eines unreifen Gemütes auf¬
bten. Sozusagen eine Schnitzler=Lebendige — die Prinzessin von Valois und der Bür= faßt. Eine schmerzliche Ironie liegi über dem Ganzen;
e wirklich so war, wie Schnitzler gerssohn. Dieser aber, nicht nur der Buhle der Prin= ein „Wiener Hamlet“, das ist beinahe schon zu viel
Pelt malt: mit dem leisen Spott zessin, sondern auch das Werkzeug ihrer royalistischen des Wienerischen und der Hamlet=Natur. Um so packen¬
ncholikers, der bei heldischen Ta=Pläne und er selbst im Wahne, sie nun als „Frau“ der und bewunderungswürdiger, daß diese dichterische
Geberde sieht un die Klei. heit entlarven und so seine entehrte Schwester rächen zu Grundstimmung nirgends die rein menschliche Anteil¬
nahme an den Vorgängen verwehrt oder abschwächt, wie
urchschaut hat. Oder, wenn mankönnen, in Wahrheit jedoch ganz unfähig, dem Liebes¬
es auch erstaunlich bleibt und die außerordentliche Künst¬
Zeit; eine Zeit, deren wichtigste zauber zu widerstehen oder zu entrinnen. Aus seinem
kumt wurden, daß sie in die Hän= Lieben und Träumen schreckt ihn die standrechtliche Er=lerschaft Schnitzlers bezeugt, daß der ungewöhnliche Auf¬
bau des Stückes mit den vielen, Zeit und Ort beleuch¬
schließung seines Oheims auf. Jetzt glaubt er zu wissen,
aren, deren „Leichtlebigkeit" und
hin für Verantwortung Schnitzler tas er zu tun hat. Napoleon muß von seiner Hand stenden Nebengestalten dennoch die auf nur fünf, sechs
fallen. Da sucht die Prinzessin ihn zu der gleichen TatPersonen beschränkte Haupthandlung plastisch=einheitlich
weiß.
ert sich gleichsam im Helden des zu bereden und auf einmal lähmt ein müder Ekel seine hervortreten läßt. Jede einzelne von den fünfgehn Sze¬
nen ist gleichsam ein Theaterstück für sich, ein blendendes
Medardus Klähr, einem Wiener Hand: er will ja Held, nicht Werkzeug sein. Im Klügeln
oder packendes Bild, aber alle greifen ineinander, fort¬
runkener Schwärmerei für Frei= und Grübeln seines Hirnes erstickt die Schwungkraft
ir Volksrecht, Männerwürde undseines Herzens. Nur die Eifersucht vermag ihn noch zu während wird eine echt dramatische Spannung erregt
igentlich nur an Worten berauscht stacheln und mit dem Dolch, der für den Kaiser be= und befriedigt und die mächtige Steigerung der drei
stimmt war, ersticht er die Prinzessin, da er sie für die Schlußszenen triumphiert über die hier drohende Er¬
kinen Vater, seine Schwester, sei¬
müdung des Zuschauers.
Geliebte Napoleons hält, just in dem Augenblicke, als
ll, ohne je zur Tat zu gelangen.
Wenig eindringlich wirkt nur das achte Bild (Auf
sie selbst sich anschickt, Napoleon zu töten. So rettet
fen und Vorsätzen befangen blei¬
der Bastei). Da versagt auch die Regie. Alles übrige
kösen und verwirren und aus dem Medardus dem Ka ser sogar das Leben! Statt nun die
gehört, als Bühnenbild und schauspielerisch, zu dem
inen Wiener Hamlet machen —persönliche Freiheit und Sicherheit, die ihm zum Dank
Sehenswürdigsten, was das Burgtheater schon seit
rt ist der Charakter des Helden dafür gewährt wird, zu nützen und — spät genug, aber
langem geboten hat. Herr Gerasch in der Titelrolle,
e Französin königlichen Geblüts, nicht zu spät — ein braver Sohn seiner Mutter und
mn die Ehe ihres Bruders mit guter Bürger zu werden, den Lauf der Weltgeschichte an= Frau Bleibtren als Mutter und Herr Balajthy
als Oheim stehen auf dem Platze, für den sie be¬
dardus zu vereiteln, und so das deren, festeren Händen überlassend, verschmäht er die
zu weit gegangen, in den Tod kaiserliche Gnade, enthüllt er seinen eigenen Mordplan stimmt waren. Fräulein Wohlgemuth als Prinzessin,
offenen Grabe der Selbstmörder, und nimmt er so freiwillig den Heldentod auf sich — Helene und Herr Arndt als Arzt rückten mit ihren,
in Auge mit Medardus, innerlich oder was ihm dafür gilt. Denn der Poet läßt uns klassischen Leistungen in die vorderste Reihe des heutigen
bräutliche Vereinigung folgte in kaum darüber im Unklaren, daß er auch diesen Abschieds= Burgtheaters.