box 26/5
22. Der junge Medandus
Gewalt des Weibes noch gar zu groß, in den Armen
Sie leitet die ganze Gruppe von in Trauel gehune#nen bilter ertennen, daß das
der Schönen verliert die Jugend das Weite, das
ten Franzosen, die den Korsen hassen und verach¬
ist, als ihre Hirngespinnste
Ganze vor Augen, um nur im Bereiche der Sinne,
ten, in ihm das einzige Hinderniß ihrer Wünsche
den Bergrücken hinunterroll
im so süßen Wohlbefinden zu verbleiben. So wird
finden — in dem jungen Medardus Klähr, der so
Zwerge zu scheren, die kram
der sich Meister dünkte, „der darauf ausging, den
schön hassen kann, meint sie ein gelungenes Wert¬
auf ihren Rücken zu schwing
Helden zu spielen, zum Hanswurst". Die Jugend
zeig zu finden, aber bald muß sie darauf kommen,
zermalmt: so kann niemand
ist wie so oft zuvor, wieder mit dem edelsten Wil¬
daß die Liebe doch ein gar zu gefährliches Spiel¬
mächtigen Laufe meistern.
len, an dem niederen Instinkte der Sinne geschei¬
zeug sei; auch sie will ihre Gunst nur aus der ge¬
Es ist aber nicht zu leug
tert.
heimen Absicht jewähren, den Jüngling sich ganz
tum, welches in Medardus
Allein die Tragödie ist noch nicht zu Ende! Er
ergeben zu machen und ihn, wenn er genug aufge¬
prägt ist, nicht recht in das
rafft sich auf; die Atmosphäre im bedrückten Wien,
zogen, auf Napoleen loszulassen. Aber Amor ist ein
einpaßt. Dieser junge Man
die gescheiterten Hoffnungen der Seinen, die den
loser Schalk, bald verliert sie in der so süßen Ge¬
Schwermut, seiner grübleri
verliebten Träumer nicht wieder erkennen, das
genwart den Faden der großen Staatsintriguen
dem kleinen Anfluge von Er
charakterlose Phäakenthum seiner Mitbürger und¬
und ebenso wie Medardus in ihren Armen wie in
seres Zeitalters, ist ein Prodi#
endlich der Wunsch, sich in ein neues mächtigeres¬
denen einer Delila zum Schwächlinge wird, wird
kultur in ihrer anmutigen W
Motiv zu stürzen, um der peinigenden Selbstver
die Verführerin zur Verführten; mit der epikurei¬
Anatol, der Lieutenant Gustl
achtung zu entgehen, all das erweckt von neuem
schen Philosophie der Jugend findet sie die schönen
Helden Schnitzlers heißen:
den Helden in ihm — aber er wird abermals „ge¬
Frühlingsnächte viel zu verlockend, um sich nicht
der im langsamen Molltone
narrt“ Als er fast den Dolch schon zückt, um den
ganz ihrem Zauber zu ergeben, ungeachtet um
leicht über die Welt flattert; e
Feind des Vaterlandes zu treffen — da erkennt
Staatsraison, Hochmut und Rache. Wohl rafft sie
die Kraft, der Sturm, der ung
er, daß er nur ein gedungener Mörder des stolzen
sich dann noch einmal zur vollen Höhe ihrer gro¬
glaubhaft machen würde. Doch
Weibes wäre, ein eifersüchtiger Narr, der nicht den
ßen Ziele auf, aber dieses gewaltsame Abschütteln
poetischen Eigenart Schnitzle#
Kaiser Napoleon sucht, sondern den Geliebten der
des warmen Lebens ist nur ein letzter verzweifel¬
hange zu sein; er ist nicht um
Prinzessin. An dem Gedanken seiner Ohnmacht,
ter Versuch, der scheitern muß.
des Menschen bleibt immer¬
wie er mit der mutigsten Seele im Herzen nichts
Das neue Stück Schnitzlers ist also die Tragö¬
das er in seinen kaleidoskopc
als stammeln kann, wie er zum Helden geboren
die der Jugend. Er predigt darin seinen ewigen,
gen immer wieder sinnend bet
sich nur als Werkzeug, als Spieler einer ihm zu¬
wiederkehrenden Refrain: Das Leben ist schön,
sische Riesenmensch ist sicher ni
geteilten Rolle im Leben begnügen muß, geht er
man muß es nur zu leben wissen. Eines seiner
kleinsten Regungen der Seele
nun zugrunde. Der Zwiespalt, der zwischen seiner
Werke ist „Lebendige Stunden“ betitelt, darin er¬
dazu gehören solche fast räthsel
edlen Seele und seinem schwachen, schwankenden
zählt er in drei Einaktern, daß man jede Stunde,
Gefühlswesen, bei denen alle
Willen herrscht, ist das Bild der wahren Jugend,
die das süße Leben einem bietet, um ihrer selbst
ist. Deshalb fühlte ich bei die
die wic ein Blatt im Winde hin und hergeworfen“
willen, genießen müsse; die Stunde, in der man
Weien der historischen Tragö
wird.
von Zukunftsgedanken erfüllt, oder von vergange¬
Umrisse, die übermenschliche
Ebenso ist der leitende Frauencharakter im
nen Bildern träumend, die Gegenwart vergißt,
ein viel zu feiner Detailmaler
Stücke das würdige Gegenspiel! Die edle Prinzes¬
rächt sich bitter; man kann sie trotz aller Reue nie
sten Erscheinung des Lebens
sin von Valois, in ihrem ganzen Wesen vom Wil¬
mehr wieder herschaffen, wieder erleben. Ins mäch¬
und mit Behagen all' das an
len zur Macht erfüllt, die mit einer nur Frauen:
tige Lebensgeschick übertragen, ist es derselbe Ge¬
kaum bemerken — als daß ihn
eigenen Energie immer nur einen Gedanken, ein
danke, der im Medardus wiederkehrt — die jungen
gelingen könnte, das große Dr
Ziel verfolgt — auch sie ist noch zu jung, um vom
Menschen, die das Leben als Werkzeug, als
eine weite Perspektive voraus
Leben nicht aus dem Geleise gebracht zu werden. Sprungbrett ihres Hellentums betrachten, ler#! gehort in kein großes Theater
22. Der junge Medandus
Gewalt des Weibes noch gar zu groß, in den Armen
Sie leitet die ganze Gruppe von in Trauel gehune#nen bilter ertennen, daß das
der Schönen verliert die Jugend das Weite, das
ten Franzosen, die den Korsen hassen und verach¬
ist, als ihre Hirngespinnste
Ganze vor Augen, um nur im Bereiche der Sinne,
ten, in ihm das einzige Hinderniß ihrer Wünsche
den Bergrücken hinunterroll
im so süßen Wohlbefinden zu verbleiben. So wird
finden — in dem jungen Medardus Klähr, der so
Zwerge zu scheren, die kram
der sich Meister dünkte, „der darauf ausging, den
schön hassen kann, meint sie ein gelungenes Wert¬
auf ihren Rücken zu schwing
Helden zu spielen, zum Hanswurst". Die Jugend
zeig zu finden, aber bald muß sie darauf kommen,
zermalmt: so kann niemand
ist wie so oft zuvor, wieder mit dem edelsten Wil¬
daß die Liebe doch ein gar zu gefährliches Spiel¬
mächtigen Laufe meistern.
len, an dem niederen Instinkte der Sinne geschei¬
zeug sei; auch sie will ihre Gunst nur aus der ge¬
Es ist aber nicht zu leug
tert.
heimen Absicht jewähren, den Jüngling sich ganz
tum, welches in Medardus
Allein die Tragödie ist noch nicht zu Ende! Er
ergeben zu machen und ihn, wenn er genug aufge¬
prägt ist, nicht recht in das
rafft sich auf; die Atmosphäre im bedrückten Wien,
zogen, auf Napoleen loszulassen. Aber Amor ist ein
einpaßt. Dieser junge Man
die gescheiterten Hoffnungen der Seinen, die den
loser Schalk, bald verliert sie in der so süßen Ge¬
Schwermut, seiner grübleri
verliebten Träumer nicht wieder erkennen, das
genwart den Faden der großen Staatsintriguen
dem kleinen Anfluge von Er
charakterlose Phäakenthum seiner Mitbürger und¬
und ebenso wie Medardus in ihren Armen wie in
seres Zeitalters, ist ein Prodi#
endlich der Wunsch, sich in ein neues mächtigeres¬
denen einer Delila zum Schwächlinge wird, wird
kultur in ihrer anmutigen W
Motiv zu stürzen, um der peinigenden Selbstver
die Verführerin zur Verführten; mit der epikurei¬
Anatol, der Lieutenant Gustl
achtung zu entgehen, all das erweckt von neuem
schen Philosophie der Jugend findet sie die schönen
Helden Schnitzlers heißen:
den Helden in ihm — aber er wird abermals „ge¬
Frühlingsnächte viel zu verlockend, um sich nicht
der im langsamen Molltone
narrt“ Als er fast den Dolch schon zückt, um den
ganz ihrem Zauber zu ergeben, ungeachtet um
leicht über die Welt flattert; e
Feind des Vaterlandes zu treffen — da erkennt
Staatsraison, Hochmut und Rache. Wohl rafft sie
die Kraft, der Sturm, der ung
er, daß er nur ein gedungener Mörder des stolzen
sich dann noch einmal zur vollen Höhe ihrer gro¬
glaubhaft machen würde. Doch
Weibes wäre, ein eifersüchtiger Narr, der nicht den
ßen Ziele auf, aber dieses gewaltsame Abschütteln
poetischen Eigenart Schnitzle#
Kaiser Napoleon sucht, sondern den Geliebten der
des warmen Lebens ist nur ein letzter verzweifel¬
hange zu sein; er ist nicht um
Prinzessin. An dem Gedanken seiner Ohnmacht,
ter Versuch, der scheitern muß.
des Menschen bleibt immer¬
wie er mit der mutigsten Seele im Herzen nichts
Das neue Stück Schnitzlers ist also die Tragö¬
das er in seinen kaleidoskopc
als stammeln kann, wie er zum Helden geboren
die der Jugend. Er predigt darin seinen ewigen,
gen immer wieder sinnend bet
sich nur als Werkzeug, als Spieler einer ihm zu¬
wiederkehrenden Refrain: Das Leben ist schön,
sische Riesenmensch ist sicher ni
geteilten Rolle im Leben begnügen muß, geht er
man muß es nur zu leben wissen. Eines seiner
kleinsten Regungen der Seele
nun zugrunde. Der Zwiespalt, der zwischen seiner
Werke ist „Lebendige Stunden“ betitelt, darin er¬
dazu gehören solche fast räthsel
edlen Seele und seinem schwachen, schwankenden
zählt er in drei Einaktern, daß man jede Stunde,
Gefühlswesen, bei denen alle
Willen herrscht, ist das Bild der wahren Jugend,
die das süße Leben einem bietet, um ihrer selbst
ist. Deshalb fühlte ich bei die
die wic ein Blatt im Winde hin und hergeworfen“
willen, genießen müsse; die Stunde, in der man
Weien der historischen Tragö
wird.
von Zukunftsgedanken erfüllt, oder von vergange¬
Umrisse, die übermenschliche
Ebenso ist der leitende Frauencharakter im
nen Bildern träumend, die Gegenwart vergißt,
ein viel zu feiner Detailmaler
Stücke das würdige Gegenspiel! Die edle Prinzes¬
rächt sich bitter; man kann sie trotz aller Reue nie
sten Erscheinung des Lebens
sin von Valois, in ihrem ganzen Wesen vom Wil¬
mehr wieder herschaffen, wieder erleben. Ins mäch¬
und mit Behagen all' das an
len zur Macht erfüllt, die mit einer nur Frauen:
tige Lebensgeschick übertragen, ist es derselbe Ge¬
kaum bemerken — als daß ihn
eigenen Energie immer nur einen Gedanken, ein
danke, der im Medardus wiederkehrt — die jungen
gelingen könnte, das große Dr
Ziel verfolgt — auch sie ist noch zu jung, um vom
Menschen, die das Leben als Werkzeug, als
eine weite Perspektive voraus
Leben nicht aus dem Geleise gebracht zu werden. Sprungbrett ihres Hellentums betrachten, ler#! gehort in kein großes Theater