II, Theaterstücke 22, Der junge Medardus. Dramatische Historie in einem Vorspiel und fünf Aufzügen (Altwiener Stück, Doppelselbstmord), Seite 240

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Me
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welches Wunder — aber ein gutes ist's zum Glück... Vorbei, vor¬
bei ... Ich erwache aus meinen seligen Träumen und ein Blick hinaus
in das herbstliche Getriebe versetzt mich in die Gegenwart zurück. Ich
sehe die gelben Blätter langsam fallen und weit ist die kroatische Adria
meinem Sehnen entrückt. Aber es gibt ein Wiedersehen! In den
Sida Sölch.
Sternen steht's geschrieben.
J74
Kleine Theaterplandereien.
Wien, 25. November 1910.
Die Premiere im Burgtheater bildete trotz der Fülle der Nenauf¬
führungen in den letzten Tagen die Sensation der Woche. Als Novität
war Schnitzlers „Der junge Medardus“ angesetzt und lange vor Beginn
der Börstellungi# das Haus bis zum letzten Platze besetzt. Schnitzler
hat hiemit ein gewaltiges Werk geschaffen, das trotz mancher Mängel
die Aufführung im Brgtheater verdiente, und so kam es, daß das
Publikum geschlagene fünf Stunden der vielverschlungenen Handlung,
die im Jahre 1809 spielt, mit Intereise folgte. Von allen den Neben¬
figuren und charakteristischen Episoden losgelöst, sei der Inhalt dieser
„dramatischen Historie“ wie folgt wiedergegeben: Die Buchhändlers¬
witwe Klähr ist eine Schweiter des betannten Wieners Eschenbacher und
Mutter von Medardus und Agathe. Die letztere liebt einen Prinzen
von Valois, dessen Vater Prätendent auf die Krone Frankreichs ist und
seine Einwilligung zur Ehe nicht erteilt, so daß die beiden in den Tod
gehen. Medardus will als Nächer auftreten, er beleidigt an dem offenen
Grabe die Schwester des Prinzen. Helene, und wird daher über deren
Aufforderung vom Marquis Vertrand zum Duell gefordert und ver¬
wundet. Die eigenartige Helene sendet ihm jedoch Blumen in die
Krankenstube und Medardus eilt zu ihr, um in ihren Armen seinen
Nachedurst zu stillen. Aber das Schicksal ist stärker als er; die zu Falle
gebrachte Prinzessin verwendet ihn weiter für ihre Pläne. En soll
Napoleon ermorden, und da er glaubt, daß sie dessen Mätresse sei, tritt
er den Weg nach Schönbrunn an, wo er jedoch den bereitgehaltenen
Dolch in das Herz Helenens stößt. Jetzt erst erfährt er, daß diese selbst
mit der Absicht kam, den Tyrannen aus der Welt zu schaffen, wodurch
er als dessen Befreier dasteht. Er weist diese falsche Vermutung zurück